November 2025

251101

ENERGIE-CHRONIK





Nach Angaben der Bundesnetzagentur lagen den deutschen Stromnetzbetreibern im vergangenen Jahr lnsgesamt 9710 Anträge auf Netzanschlüsse für Batteriespeicher vor, die sich zu einer Gesamtleistung von 661,2 Gigawatt addierten. Davon befanden sich 4261 mit 326,5 Gigawatt noch in der Prüfung. Positiv beschieden wurden 3818 Anträge im Umfang von 46,5 Gigawatt, die 2004 oder in den Jahren zuvor eingegangen waren. Falls diese genehmigten Projekte tatsächlich alle verwirklicht würden, ergäbe sich daraus eine Verzwanzigfachung der aktuelll installierten Batteriespeicher-Leistung von 2,3 Gigawatt.

"Speicher-Tsunami" überflutet die Stromnetzbetreiber

Die deutschen Stromnetzbetreiber sehen einen "wahren Tsunami von Speicher-Anschlussanfragen" auf sich zukommen. So beschrieb der ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz die Situation, als er vor wenigen Monaten eine Stellungnahme zum "Hochlauf der Großbatteriespeicher" veröffentlichte. Dabei bezifferte er seinen eigenen Eingang an Projektanfragen noch mit 100 Gigawatt (GW). Mitte November waren daraus 150 GW geworden. Zum Vergleich: Die Gesamtleistung aller in Deutschland installierten Kraftwerke der öffentlichen Stromversorgung beträgt rund 250 GW.

Dabei ist 50Hertz nur einer von vier Übertragungsnetzbetreibern. Bei Amprion, TenneT und TransnetBW quillt der einschlägige Posteingang zwar nicht ganz so über, doch ergäbe sich mindestens eine Verdoppelung, falls man man ihn noch dazurechnen würde. Schon mit dieser Gesamtleistung ließe sich der ganze deutsche Strombedarf und noch mehr aus Batteriespeichern decken, bis die Kapazitäten erschöpft sind.

In den Verteilnetzen gab es im Vorjahr insgesamt Anfragen mit einem Leistungsumfang von 672,4 Gigawatt

Hinzu kommen unterhalb der Übertragungsebene (220 und 380 kV) noch weit mehr Antragsteller in den Verteilnetzen, die einen Batteriespeicher an die Mittelspannung (mehr als 1 kV) oder die Hochspannung (100 kV) angeschlossen haben möchten. Einer Erhebung zufolge, deren Ergebnisse die Bundesnetzagentur am 12. November veröffentlichte, lagen den Verteilnetzbetreibern im vergangenen Jahr – neuere Angaben gibt es leider nicht – insgesamt 9212 Anfragen im Umfang vom 493,6 GW vor, von denen 1568 mit 260,8 GW noch unbearbeitet waren, 3854 mit 198,4 GW sich in Prüfung befanden und 3790 mit 34,4 GW eine Zusage erhalten hatten. Bei den Übertragungsnetzbetreibern waren es 498 Anfragen mit 167,6 GW, von denen 63 mit 27,4 GW noch unbearbeitet waren, 407 mit 128,1 GW sich in Prüfung befanden und 28 mit 12,1 GW eine Zusage erhalten hatten (siehe Grafik).

Die Verwirklichung aller 2024 genehmigten Anträge würde die Batteriespeicher-Leistung um das Zwanzigfache erhöhen

Wie es in dieser Mitteilung der Bundesnetzagentur weiter heißt, sind laut Marktstammdatenregister derzeit 921 Batteriespeicher mit einem Anschluss ab der Mittelspannungsebene in Betrieb. Diese Anlagen verfügen über eine Nettonennleistung von rund 2,3 GW und eine Speicherkapazität von etwa 3,2 GWh. Würden also allein die im Jahr 2024 genehmigten 3818 Projekte mit 46,5 GW realisiert, entspräche dies "einer Vervielfachung gegenüber dem aktuellen Bestand", wie die Bundesnetzagentur dazu anmerkt. Oder ganz konkret nach Adam Riese: Die Anzahl der Anlagen würde sich von 921 auf 4739 erhöhen, also um das Fünffache, und ihre Leistung von 2,3 GW auf 48,8 GW, also um mehr als das Zwanzigfache.

Viele Projektierer reichen denselben Antrag für mehrere Standorte ein

In dem Papier zum "Hochlauf der Großbatteriespeicher" nennt 50Hertz folgende Ursachen für den Boom:

Zugleich sei der rasante Anstieg der Batterie-Anschlußanträge an das Übertragungsnetz der Tatsache geschuldet, dass das Geschäftsmodell der Betreiber solcher Anlagen – also die Nutzung kurzfristiger Preisschwankungen am Strommarkt – mit jeder neu angeschlossenen Batterie weniger lukrativ werde. Je früher ein Speicher angeschlossen werde, desto mehr könne er von den Preisdifferenzen profitieren. Der daraus resultierende Wettbewerb um möglichst frühzeitigen Netzanschluss treibe die Grundstückspreise potenzieller Speicherstandorte und habe zur Folge, dass auch Immobilienbesitzer und Spekulanten, die über keine Projekterfahrung im Bereich der Energiewirtschaft verfügen, eigene Anträge einreichen. Da eine Anschlussanfrage bisher mit keinerlei Kosten verbunden sei, würden außerdem viele Projektierer ein- und denselben Antrag für mehrere Standorte einreichen, um ihre Chance zu erhöhen, irgendwo den Zuschlag zu bekommen.

Das bisherige Netzanschlussverfahren muss dringend reformiert werden

Der ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiber hält eine grundsätzliche Reformierung des Netzanschlussverfahrens für erforderlich, wie sie auch der Bundestag am 13. November in einer Entschließung gefordert hat (251102). So soll bei mehreren Anträgen für denselben Netzverknüpfungspunkt deren Priorisierung nicht mehr nach dem "Windhundverfahren" erfolgen, sondern auf Basis der nachgewiesenen Projektreife. Vor allem dürfe die ganze Kraftwerks-Netzanschlussverordnung (KraftNAV) nicht mehr auf Batteriespeicher angewendet werden – eine Forderung, die auch der Bundesrat unterstützt und in die jüngst verabschiedete EnWG-Novellierung aufgenommen haben wollte. Dazu kam es zwar nicht, aber immerhin dürfte die Ländervertretung damit den Anstoß zu der erwähnten Resolution gegeben haben, mit der die Bundesregierung zu einer grundsätzliche Reformierung des Netzanschlussverfahrens aufgefordert wird.

Die KraftNAV war seinerzeit für jährlich zehn Anträge auf Kraftwerksanschlüsse gedacht

Die KraftNAV stammt aus dem Jahr 2007 und regelt den Anschluss von Erzeugungsanlagen ab 100 MW und 110 kV. Sie wurde ausschließlich auf Kraftwerke zugeschnitten. Netzgekoppelte Batteriespeicher gab es damals sowieso praktisch nicht, wenn man von einer geringen Anzahl Heimspeichern absieht, die weder genehmigungspflichtig waren noch ihre geringfügigen Strommengen zurück ins Netz einspeisten. Erst sieben Jahre später tauchen in der Statistik erstmals netzgekoppelte Batteriespeicher mit dem Minimalwert von 0,01 GW auf (siehe Tabellen).

Mangels anderer gesetzlichen Grundlagen als der KraftNAV wurden nun die Anschlussanträge für diese vorläufig wenigen Batteriespeicher, die sich mit einiger Mühe ebenfalls als "Erzeugungsanlagen" einstufen ließen, wie Kraftwerke behandelt. Möglicherweise folgte man auch einer falschen Analogie zu den Pumpspeicherkraftwerken, die das Wort "Speicher" suggerierte.

Kein Wunder also, dass die jetzige Flut von Anträgen die Stromnetzbetreiber überfordert. Die KraftNAV war nämlich – der damaligen Gesetzesbegründung zufolge – für jährlich etwa zehn Anträge auf Kraftwerksanschlüsse gedacht. Im Fall von 50Hertz entspräche das zwei bis drei Anträgen pro Jahr. Tatsächlich kämpft der ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiber aber mit einer dreistelligen Antragsflut.

Für Arbitrage-Geschäfte an der Strombörse wird der Kuchen mit jeder Anlage kleiner

Vermutlich besteht der "Speicher-Tsunami" aus mehr Schaum als Wasser. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, der mit den Grundrechenarten vertraut ist. Denn wenn tatsächlich eine solche Unzahl an Anschlussanträgen genehmigt und auch nur größtenteils realisiert würde, müssten sich die Betreiber der Anlagen wechselseitig kannibalisieren und würden doch nicht satt. Natürlich muss dabei zwischen notwendigen oder zumindest "netzdienlichen" Anlagen unterschieden werden, die immer eine Chance haben, und rein kommerziellen Projekten, die es im wesentlichen nur auf Arbitrage-Geschäfte an der Strombörse abgesehen haben. Für letztere wird der Kuchen mit jeder neuen Anlage kleiner. Vorerst wird es wichtig sein, die Flut der Anträge nicht einfach chronologisch nach dem "Windhundprinzip" abzuarbeiten, sondern eine Vorauswahl zu treffen, welche die Spreu vom Weizen trennt.

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Hintergrund


So soll der 250-MW-Batteriespeicher am Umspannwerk Kupferzell (rechts) aussehen, den die TransnetBW nächstes Jahr in Betrieb nimmt. Sie darf ihn aber nur für den sogenannten Redispatch bzw. als "vollständig integrierte Netzkomponente" verwenden, da den Stromnetzbetreibern durch § 7 EnwG untersagt wird, "Eigentümer einer Energiespeicheranlage zu sein oder eine solche zu errichten, zu verwalten oder zu betreiben".

Der einst "größte Batteriespeicher der Welt" wäre heute nur noch ein Zwerg

Batteriespeicher spielten bereits in den Anfängen der Stromversorgung eine bedeutende Rolle. Die ersten Kraftwerke, die mit dem 1866 von Werner Siemens entdeckten Dynamo-Prinzip erstmals in größerem Umfang elektrische Energie erzeugen konnten, waren nämlich noch recht störanfällig und vergleichsweise wenig leistungsfähig. Da fügte es sich gut, dass parallel zu den ersten lokalen Stromnetzen die ersten "Akkumulatoren" auf den Markt kamen. Dabei handelte es sich um eine Weiterentwicklung der seit langem bekannten "galvanischen Zellen", die nach unterschiedlichen chemischen Rezepturen so konstruiert waren, dass bei Bedarf eine Energieumwandlung zu Strom stattfand. Allerdings geschah das nur solange, bis das chemische Energiepotential erschöpft war (wie es noch heute bei simplen Taschenlampen-Batterien der Fall ist).

Mit einer veränderten Konstruktion der Zellen gelang es nun, diese Energieumwandlung reversibel zu machen. Dadurch konnten die Akkumulatoren sowohl entladen als auch wieder aufgeladen werden. Durch Kopplung mit den Generatoren der Kraftwerke – die vorerst sowieso nur Gleichstrom erzeugten – konnte man so die noch häufigen Stromausfälle zumindest kurzfristig überbrücken oder bei Anbruch der Dunkelheit die Kraftwerksleistung durch Zuschaltung der Akkumulatoren erhöhen. Strom dient nämlich anfangs fast nur zur elektrischen Beleuchtung.

Pumpspeicherkraftwerke und Wechselstrom verdrängten die Batteriespeicher

Mit der Zunahme von Verbrauch, Kraftwerksleistungen, Versorgungssicherheit und Vernetzung der lokalen Strukturen spielten die Batteriespeicher dann eine immer geringere Rolle in der Stromversorgung. Dafür sorgten schon die Pumpspeicherkraftwerke, mit denen die großen Landes- und Regionalversorger ihre jeweiligen Netze gegen Lastschwankungen absicherten. Zudem harmonierten die Batteriespeicher nicht mit dem Wechselstrom, der den Gleichstrom spätestens nach dem zweiten Weltkrieg flächendeckend ablöste. Um den Wechselstrom in Akkumulatoren zu speichern und dann wieder in Wechselstrom zu verwandeln, hätte es aufwendiger Umformer oder Stromrichter bedurft. Trotz der großen Kosten wäre der Wirkungsgrad aber geringer gewesen als bei den modernen Stromrichtern auf Halbleiter-Basis, die heute den Anschluss von Batteriespeichern an alle Ebenen des Stromnetzes ermöglichen oder als "Konnektoren" die Hochspannungs-Gleichstromübertragungen (HGÜ) in das Übertragungsnetz einbinden. Wegen dieser Diskrepanz zwischen Aufwand und Ertrag hatten Batteriespeicher für das Stromnetz immer weniger Nutzen und verschwanden schließlich fast völlig.

Bis etwa 2014 bestand die Speicherleistung im deutschen Stromnetz nur aus den im Inland sowie zu einem erheblichen Teil in Österreich und Luxemburg gelegenen Pumpspeicherkraftwerken, sowie dem einzigen Druckluftspeicher. Dann wurden immer mehr Batteriespeicher ans Netz angeschlossen. Vor allem waren das kleine "Heimspeicher" mit einer Kapazität bis zu 30 Kilowattstunden, die keiner besonderen Genehmigung bedürfen, sondern nur gemeldet werden müssen (rot). Seit 2025 ist die kumulierte Leistung dieser Heimspeicher sogar größer als die sämtlicher Pumpspeicherkraftwerke. Für den Netzbetrieb bedeutsamer sind aber die Großspeicher mit Kapazitäten ab 1 MWh, die unter kommerziellen oder technischen Gesichtspuntken dem Netz entnommen und zeitversetzt wieder eingespeist werden. (Daten zu dieser Grafik siehe Tabelle)

Nur die Bewag betrieb neun Jahre lang einen Batteriespeicher, der nach damaligen Maßstäben gigantisch war

Eine bedeutende Ausnahme gab es allerdings: 1986 nahm die Berliner Bewag einen Batteriespeicher in Betrieb, der nach damaligen Maßstäben gigantisch war. Das hatte einen besonderen Grund: Westberlin war seit 1952 zu einer Strominsel geworden. Schon 1948/49 musste wegen der fast einjährigen Blockade der Land- und Wasserverbindungen durch die Sowjets sogar die Kraftwerkskohle per Luftbrücke eingeflogen werden. Unter diesen Umständen erschien es sinnvoll, einen konventionellen Batteriespeicher zu errichten, der über Stromrichter mit dem 30-kV-Verteilnetz verbunden wurde, um die Frequenzhaltung des insularen Stromnetzes zu stützen.

Vorsichtshalber beschloss man zunächst eine Testanlage mit der bescheidenen Leistung von 24 Kilowatt, die 1981 den Betrieb aufnahm. Nachdem die dreijährige Testphase positiv verlief, wurde 1984 mit der Errichtung des 700-fach leistungsstärkeren Batteriespeichers begonnen. Die Anlage im ehemaligen Kraftwerk Steglitz bestand aus herkömmlichen Blei-Säure-Batterien mit insgesamt 7080 Zellen, die in zwölf Strängen mit jeweils 590 Zellen hintereinander geschaltet waren. Dadurch erhöhten sich die Zellspannungen von rund 2 Volt auf insgesamt 1200 Volt. Durch Parallelschaltung der Stränge wurde zugleich die Kapazität der Batterie verzwölffacht. Nach der Umwandlung in Wechselstrom und Einspeisung in das 30-kV-Verteilnetz ergab sich so eine Leistung von 17 MW, die zwanzig Minuten oder äußerstenfalls eine halbe Stunde lang ins Netz eingespeist werden konnte.

Als diese Anlage 1986 in Betrieb ging, war sie zweifellos der größte Batteriespeicher Deutschlands. Möglicherweise war sie sogar "der größte Batteriespeicher der Welt", wie ein anderer Superlativ lautete. Inzwischen gehört sie längst der Vergangenheit an, denn nach der Wiederverereinigung und der Einbeziehung Berlins in das neue gesamtdeutsche Verbundnetz (941210) wurde der Batteriespeicher nicht mehr benötigt und Ende 1994 wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt.

Es dauerte bis 2014, ehe Batterie-Großspeicher mit insgesamt 0,01 MWh erstmals in der Statistik auftauchten

Bevor es zu einem neuen Speicher-Boom kam, vergingen zunächst einmal zwei Jahrzehnte, in denen auf diesem Sektor tote Hose herrschte. Die verfügbare aktuelle Statistik, die 1999 beginnt (siehe Tabellen), weist für alle drei Kategorien von Batteriespeichern bis 2004 nur Leerstellen auf. Erst 2005 findet man für Heimspeicher (weniger als 30 kWh) den Minimalwert von 0,01 GW bzw. 0,01 GWh angegeben, der sich dann sieben Jahre lang nicht verändert. Neun Jahre später, also 2014, werden dann erstmals die bisherigen Leerstellen für Gewerbespeicher (30 kWh bis 1 MWh) und Großspeicher (mehr als 1 MWh) ebenfalls mit dem Minimalwert gefüllt.

Aber dann verändern sich die Leistungs- und Kapazitätsangaben für alle drei Kategorien von Jahr zu Jahr nach oben, wenn auch in unterschiedlich großen Schritten. Im Jahr 2020 sieht das Zwischenergebnis so aus, dass auf Heimspeicher 1,60 GWh entfallen, auf Gewerbespeicher 0,13 MWh und auf Großspeicher 0,61 GWh. Zusammen ergibt das 2,34 GWh, also einen Kapazitätszuwachs um ungefähr das Achtzigfache binnen sechs Jahren. Trotzdem sind das gerade mal 4 Prozent der insgesamt 58,27 GWh betragenden Kapazitäten zur Stromspeicherung, die noch immer zu 95 Prozent von den Pumpspeicherkraftwerken gestellt werden. Die restlichen 1 Prozent entfallen in der 27 Jahre umfassenden Statistik regelmäßig auf Deutschlands einziges Druckluftspeicher-Kraftwerk (100108).

 

Beim Vergleich miit der vorherigen Grafik wird hier der Unterschied zwischen den Meßgrößen "Leistung" (in Gigawatt) und "Kapazität" (in Gigawattstunden) deutlich: Obwohl die Heimspeicher (rot) inzwischen insgesamt über eine größere Leistung als die Pumpspeicherkraftwerke verfügen, erreichen sie noch lange nicht deren Kapazität. Für die Netzregelung spielen sie bisher sowieso keine Rolle. Das könnte sich aber ändern, wenn eines Tages die Heimspeicher inklusive der Kapazitäten von E-Autos zu virtuellen Großspeichern zusammengefasst würden. (Daten zu dieser Grafik siehe Tabelle)


Heimspeicher verfügen inzwischen über mehr Leistung als alle Pumpspeicherkraftwerke, können diesen bei der Kapazität aber noch lange nicht das Wasser reichen

Nochmals fünf Jahre später, also heute, haben die Batteriespeicher mit Siebenmeilenstiefeln aufgeholt. Aktuell beläuft sich ihre Gesamtleistung auf etwa 15 GW und die Speicherkapazität auf insgesamt 23 GWh. Der allergrößte Teil davon entfällt wie schon bisher auf Heimspeicher. Deren Gesamtleistung ist seit 2020 von 0,84 auf 11,91 GW gestiegen, wobei die Kapazität von 1,60 auf 18,75 GWh zunahm. Damit verfügen sie sogar sogar über 2 GW mehr an installierter Leistung als sämtliche Pumpspeicherkraftwerke (9,90 GW). Bei der Kapazität können sie diesen allerdings buchstäblich noch lange nicht das Wasser reichen, denn die Pumpspeicherkraftwerke verfügen über eine aufgestaute kinetische Energie von insgesamt 54,58 GWh, während die chemisch gespeicherte Energie aller Batteriespeicher zusammen nur 23,16 GWh an Strom ergibt.

Beim Blick in die ENERGIE-CHRONIK findet man ab 2013 in chronologischer Reihenfolge beispielhaft die nachfolgenden Projekte erwähnt. Sie veranschaulichen nicht nur die technischen Dimensionen von Groß- oder Heimspeichern sondern auch die unterschiedlichen Zwecke, für die sie eingesetzt werden können. Ferner wird deutlich, wer solche Speicher anbietet, betreibt oder finanziert:

In der Regel harmoniert die kommerzielle Betriebsweise mit netztechnischen Erfordernissen

Vor allem das zuletzt genannte Projekt, bei dem ausländische Geldgeber einen 100-MW-Batteriespeicher im bayerischen Fichtelgebirge finanzieren, ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass bei der Errichtung solcher Großspeicher netztechnische Überlegungen und Bedürfnisse oft nur eine sekundäre Rolle spielen. Natürlich sollte das Projekt schon einen netztechnischen Nutzen haben, mit dem sich argumentieren lässt, damit es überhaupt genehmigt wird. Hauptsächliches Motiv der Betreiber ist aber in der Regel das rein finanzielle Interesse, die täglichen Schwankungen des Börsen-Strompreises für Arbitrage-Geschäfte zu nutzen: Es geht darum, den Strom möglichst billig einzukaufen, wenn der Börsenpreis niedrig oder sogar negativ ist, um ihn dann über die Börse wieder zu verkaufen, wenn der Spotmarkt-Preis möglichst hoch ist. Das schließt nicht aus, dass auch die Erbringung einer bestimmten netztechnischen Leistung wie die Bereitstellung von Regelenergie vereinbart wird.

Solche Speicher dienen primär nicht dem Ausgleich von Lastschwankungen, sondern der Gewinnerzielung. Trotzdem ist der netztechnische Effekt in der Praxis meistens ein ähnlicher, denn die Preissignale am Spotmarkt, die ihn auslösen, werden ihrerseits durch den kurzfristig vorhersehbaren Mangel oder Überschuss an verfügbarer Kraftwerksleistung verursacht. Allerdings gibt es auch Situationen, in denen die rein kommerzielle Fahrweise eines Speichers den netztechnischen Erfordernissen zuwiderlaufen kann.

Stromnetzbetreiber dürfen selber keine Batteriespeicher besitzen


Größere Solarparks werden inzwischen in aller Regel mit Batteriespeichern versehen, um ihre Einspeisung ins Netz und die daraus resultierenden Erträge flexibler gestalten zu können.
Auf diesem Foto befördert ein Kran gerade einen der typischen Container, in denen die Batteriezellen untergebracht sind, an seinen neuen Standort, wo bereits zwei andere Module dieser Art stehen.
Fotos (2): EnBW

Den Stromnetzbetreibern ist es hingegen durch § 7 EnwG untersagt, "Eigentümer einer Energiespeicheranlage zu sein oder eine solche zu errichten, zu verwalten oder zu betreiben". Insbesondere gilt das für die Übertragungsnetzbetreiber. Das liegt an der grundsätzlichen eigentumsrechtlichen Trennung der Stromerzeugung vom Netz- und Vertriebsbereich, die mit der Liberalisierung des Energiemarktes eingeführt wurde. Davon ausgenommen sind lediglich Energieversorger mit bis zu 100.000 Kunden, also kleine bis mittlere Stadtwerke.

Größere Netzbetreiber können deshalb lediglich die Errichtung eines Stromspeichers ausschreiben, der dann einem Dritten gehört und von diesem nach den zuvor getroffenen Vereinbarungen betrieben wird. So hat die Nürnberger N-ERGIE Netz GmbH im November die Ausschreibung für einen "netzdienlichen" Batteriespeicher mit einer Leistung von 20 MW und einer Kapazität von 80 Megawattstunden gestartet, um ihr rund 29.000 Kilometer langes Stromverteilnetz zu flexibilisieren, das etwa ein Zehntel der Fläche Bayerns versorgt. Der Investor muss sich aber mit seiner Bewerbung verpflichten, das Be- und Entladen des Speichers an den netztechnischen Bedürfnissen auszurichten.

Ausnahmeregelung für Speicher, die eine "vollständig integrierte Netzkomponente" sind

Außerdem bietet der § 11b EnWG seit 2021 größeren Netzbetreibern die Chance, Eigentümer und Betreiber von Stromspeichern zu werden, wenn es sich bei diesen Anlagen um eine "vollständig integrierte Netzkomponente" handelt, die für den Netzbetrieb notwendig ist, und wenn sich für deren Errichtung kein Dritter als Eigentümer finden lässt. Das wohl bekannteste Beispiel ist der "Netzbooster", den die EnBW-Tochter TransnetBW derzeit am Netzknoten Kupferzell realisiert und der im kommenden Jahr in Betrieb gehen soll. Dieser Speicher kann in Sekundenschnelle eine Leistung von 250 Megawatt bereitstellen und so die häufigen Netzengpässe per "Resdipatch" überwinden helfen. Er darf aber nur für diesen Zweck verwendet werden.

Anders verhält es sich bei einem Batteriespeicher mit einer Leistung von 100 Megawatt und einer Kapazität von 100 Megawattstunden, den die EnBW Kraftwerke derzeit in Marbach errichtet. Als Kraftwerksbetreiber hat der Konzern freie Hand, wie er diesen Speicher nutzt, der an das Übertragungsnetz der TransnetBW angeschlossen wird. Vor allem kann er so die Erzeugung von Solar- oder Windparks speichern, um sie zu einem finanziell oder technisch möglichst günstigen Zeitpunkt ins Netz einzuspeisen (wobei die meisten Solarparks ihrerseits bereits mit Batteriespeichern ausgerüstet sind).

In Philippsburg plant die EnBW sogar einen Batteriespeicher mit 400 MW und 800 MWh

Als die EnBW vor einem Jahr das Projekt in Marbach ankündigte, sprach sie vom "bislang mit Abstand größten Batteriespeicher im Erzeugungsbereich der EnBW" – eine Formulierung, die den mehr als doppelt so großen Netzbooster der TransnetBW in Kupferzell bewusst ausblendete (241108). Inzwischen hat sie aber ein weiteres Projekt angekündigt, das diese beiden noch übertrifft: Auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Philippsburg (200508), an dem die aus Norddeutschland kommende "Stromautobahn" A-Nord / Ultranet (231001) enden wird, will sie einen Batteriespeicher mit einer Leistung von 400 Megawatt und einer Kapazität von 800 Megawattstunden errichten. "Das Großprojekt soll ohne staatliche Förderung realisiert werden", hieß es in der Mitteilung. "Neben den Erlösen aus der Vermarktung der Strommengen soll sich der Speicher über das Angebot von netzdienlichen Leistungen finanzieren."

Im Vergleich mit den 14 Megawattstunden, über die der Batteriespeicher der Berliner Bewag verfügte, der seinerzeit der größte in Deutschland war und sogar als größter der Welt galt, ist das eine 57-mal höhere Kapazität. So gesehen schrumpft die Berliner Riesenanlage rückblickend zum Zwerg. Aber in die Kategorie "Großspeicher", die bei 1 MWh beginnt, gehört sie natürlich weiterhin.

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