November 2025

251107

ENERGIE-CHRONIK


Bundesregierung halbiert geplante Kraftwerksleistung zur Netzstabilisierung

Union und SPD einigten sich am 13. November auf eine "Kraftwerksstrategie", die den zunächst geplanten Zubau von 20 Gigawatt subventionierter Kraftwerksleistung zur Netzstabilisierung auf die Hälfte reduziert. "Wir wollen dafür sorgen, dass der Strombedarf in Deutschland auch dann gedeckt wird, wenn Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen", begründete Bundeskanzler Friedrich Merz das Vorhaben, das prinzipiell sinnvoll ist, aber in der bisher geplanten Form viel Kritik an seiner Überdimensionierung und Erdgaslastigkeit hervorgerufen hat (250706).

Das neue Konzept der schwarz-roten Regierung ist weitgehend das alte der Ampel-Koalition

In der nun geschrumpften Fassung entspricht die Kraftwerksstrategie der schwarz-roten Koalition weitgehend dem Konzept der Vorgänger-Regierung, das in den Grundzügen bereits mit der EU-Kommission abgestimmt war (240202). Nach dem Scheitern der Ampel-Koalition im November 2024 (241101) war deren Konzept von der neuen Regierung nicht weiter verfolgt worden. Stattdessen orientierten sich Union und SPD an ihrem Koalitionsvertrag, in dem es heißt: "Den Bau von bis zu 20 GW an Gaskraftwerksleistung bis 2030 wollen wir im Rahmen einer zügig zu überarbeitenden Kraftwerksstrategie technologieoffen anreizen."

Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) kündigte schon im Mai an, "dass wir jetzt ganz schnell in die Ausschreibung von mindestens 20 Gigawatt Gaskraftwerken gehen, um die Versorgungssicherheit in unserem Land hochzuhalten". Mit den Gaskraftwerken meinte sie zunächst reine Erdgas-Kraftwerke. Erst später sprach sie vage auch von einer "Umstellungsperspektive auf Wasserstoff".

"EU-Kommission hat Bundesregierung auf den Boden der Realität zurückgeholt"

Reiche scheiterte dann aber mit ihren Vorstellungen an der EU-Kommission in Brüssel. Die Wettbewerbskommissarin und EU-Vizepräsidentin Teresa Ribera wollte nicht mehr als die zwölf Gigawatt genehmigen, die sie bereits Reiches Amtsvorgänger Robert Habeck zugestanden hatte. Das war sicher der Hauptgrund, weshalb die schwarz-rote Koalition jetzt beschloss, kleinere Brötchen zu backen. Die Grünen-Parteivorsitzende Franziska Brantner meinte deshalb gegenüber dem "Handelsblatt" (14.11.), der EU-Kommission gebühre Dank dafür, die Bundesregierung "wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt" zu haben.

Merz lässt offen, was unter "technologieoffener Dekarbonisierung" zu verstehen ist

Nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses kündigte Bundeskanzler Friedrich Merz an, dass die Bundesregierung im kommenden Jahr "insgesamt acht Gigawatt für neue steuerbare Kapazitäten zur Versorgungssicherheit ausschreiben wird, die bis zum Jahr 2031 in Betrieb gehen". Dabei soll es sich um Erdgaskraftwerke handeln, bei denen zur Bedingung gemacht wird, "dass sie technisch in der Lage sind, auch Wasserstoff zu nutzen, und im Einklang mit den Klimazielen spätestens bis zum Jahr 2045 technologieoffen dekarbonisiert werden können".

Die von Merz verwendete Formulierung lässt offen, was "technologieoffene Dekarbonisierung" außer der Umstellung auf Wasserstoff sonst noch bedeuten könnte. Vor allem könnte darunter auch ein Dauerbetrieb der Kraftwerke mit Erdgas verstanden werden, bei dem die anfallenden Treibhausgase per CCS abgeschieden und irgendwo im Untergrund gespeichert würden.

Für weitere 2 Gigawatt sollen sich auch Stromspeicher bewerben können

Neben den acht Gigawatt, die etwa der Leistung von 16 Erdgas-Kraftwerken entsprechen, sollen zwei Gigawatt von Anfang an "technologieoffen" ausgeschrieben werden. Damit könnten sich auch die Betreiber von Stromspeichern bewerben. Das wäre allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein von schätzungsweise weit mehr als 1000 Gigawatt Anschlussanfragen für Batteriespeicher, mit denen derzeit die Stromnetzbetreiber überflutet werden (251101). Generell stellt sich die Frage, ob und wieweit das 10-Gigawatt-Konzept für Kraftwerke nicht mit Blick auf die Zunahme von Batteriespeicher-Kapazitäten neu überdacht werden müsste.

Merz ist zuversichtlich, dass Brüssel die insgesamt 12 Gigawatt genehmigen wird

Zusätzlich zu diesen zehn Gigawatt sollen bis spätestens 2027 mindestens zwei Gigawatt an wasserstofffähigen Erdgaskraftwerken ausgeschrieben werden, die bis 2032 in Betrieb gehen. Die gesamte ausgeschriebene Leistung für eine vom Staat gestützte Netzstabilisierung bliebe so innerhalb der 12 Gigawatt, deren Genehmigung die EU-Kommission signalisiert hat. Bundeskanzler Merz zeigte sich zuversichtlich, "mit der EU-Kommission die Gespräche schnellstmöglich abzuschließen und eine rechtssichere Verständigung zu erreichen. Alle Signale, die wir aus Brüssel hören, deuten darauf hin, dass wir das erwarten können."

 

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