Januar 2022

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ENERGIE-CHRONIK


Förderung für energieeffiziente Gebäude vorläufig gestoppt

Die Bundesregierung und die staatseigene KfW-Bank haben am 24. Januar die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit sofortiger Wirkung vorläufig gestoppt. Sie begründeten dies mit der"enormen Antragsflut", die durch die Beendigung der Förderung für den Effizienzhaus-Standard EH-55 bis 31. Januar ausgelöst wurde. Dieser Beschluss war am 4. November noch von der alten Regierung bekanntgegeben worden. Infolge der daraufhin einsetzenden Antragsflut wurden die im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung der KfW für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von fünf Milliarden Euro binnen kurzer Zeit mehr als ausgeschöpft. Deshalb musste die Förderung des Effizienzhaus-Standards EH-55 schon ab 24. Januar beendet werden. Zugleich konnten neue Anträge für die höhere Effizienzklasse EH-40 und für energetische Sanierungen vorerst nicht mehr angenommen werden. Für die bereits eingegangenen, aber noch nicht beschiedenen 24.000 Anträge wird ersatzweise die Vergabe von KfW-Krediten geprüft, um keine Liquiditätslücken für baureife Projekte entstehen zu lassen. Nicht betroffen ist die BEG-Förderung von Einzelmaßnahmen wie Heizungstausch, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) umgesetzt wird.

Regierung will Förderung zügig wieder aufnehmen

Der Antragsstopp sei für die Betroffenen sicher eine "wirklich bittere Nachricht", sagte der Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) am 26. Januar im Bundestag. Die abrupte Beendigung der Antragsflut sei aber unumgänglich gewesen, um eine Überförderung und einen "Hochlauf auf zweistellige Milliardenbeträge" zu verhindern. Beim Abschalten der entsprechenden Internet-Seite hätten sich die Anträge bereits zu 7,2 Milliarden Euro addiert. Die Bundesregierung arbeite aber daran, die Förderung energieeffizienter Gebäude zügig wieder aufzunehmen. Ein Teil der noch nicht beschiedenen Anträge werde sicherlich weiter gefördert werden können.

Um weitere Mitnahmeeffekte zu verhindern, wird die Effizienzklasse EH-55 künftig zum Mindeststandard

Mit dem vorläufigen Programmstopp für die BEG-Förderung reagiert die neue Bundesregierung auf eine "klimapolitische Fehlsteuerung der letzten Jahre". Aus ihrer Sicht hätte die Beendigung der Förderung für die Effizienzklasse EH-55 durch die Vorgänger-Regierung schon viel früher erfolgen müssen. Inzwischen sei EH-55 praktisch zur Normalausführung von Neubauten geworden. Dennoch habe man dafür im vergangenen Jahr sechs Milliarden Euro aufgewendet. Damit sei rund ein Drittel der insgesamt für die Gebäudeeffizienzförderung verfügbaren Mittel für einen Baustandard ausgegeben worden, der sich längst am Markt durchgesetzt und nur noch Mitnahmeeffekte gebracht habe. Stattdessen will die Bundesregierung den EH-55-Standard künftig zum gesetzlichen Mindeststandard machen.

Bei seiner Befragung im Bundestag unterstrich Habeck, dass das Förderprogramm inzwischen zwölf Jahre alt ist und dadurch der KfW-Effizienhausstandard EH-55 zum Standard geworden ist. Dies gehe auch aus den Antragszahlen für diesen Typ hervor, die von anfänglich 4.000 im Jahr 2010 über 13.000 im Jahr 2015 und 78.000 im Jahr 2020 bis auf 120.000 Anträge im vergangenen Jahr angestiegen sind.

Koalitionsvertrag sieht Reform des Gebäudeenergiegesetzes vor

Im Koalitionsvertrag, den SPD, Grüne und FDP im November unterzeichneten (211101), ist die Reform der Energieeffizienzförderung bei Gebäuden im Abschnitt "Bauen und Wohnen" zu finden. Unter dem Zwischentitel "Klimaschutz im Gebäudebereich" heißt es dort:

"Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms führen wir 2022 nach dem Auslaufen der Neubauförderung für den KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH-55) ein Förderprogramm für den Wohnungsneubau ein, das insbesondere die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) pro m2 Wohnfläche fokussiert, und ändern das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wie folgt: Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden; zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen; im GEG werden die Neubau-Standards zum 1. Januar 2025 an den KfW-EH 40 angeglichen. Daneben können im Rahmen der Innovationsklausel gleichwertige, dem Ziel der THG-Emissionsreduzierung folgende Maßnahmen eingesetzt werden."

Die Effizienzhaus-Stufen 40 Plus, 40 und 55

Die unterschiedlichen Zahlenwerte geben an, wie energieeffizient ein Gebäude im Vergleich zu einem Referenzgebäude ist. Dabei gilt: Je niedriger die Zahl, desto höher die Energieeffizienz und umso höher die Förderung. Als Vergleich dient ein Referenzgebäude, das den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) entspricht.

Zum Beispiel benötigt bisher das Effizienzhaus 55 (EH-55) im Vergleich zum Referenzgebäude des GEG nur 55Prozent der Primärenergie. Zudem liegt der Transmissionswärmeverlust bei nur 70 Prozent des Referenzgebäudes. Der bauliche Wärmeschutz ist somit um 30 Prozent besser. Der gesetzliche Neubaustandard liegt bei 75 Prozent des Referenzgebäudes. Die Effizienzstufe 55 wird deshalb schon dann erreicht, wenn die Energieeffizienz insgesamt nur etwa 25 Prozent besser ist als beim Referenzgebäude.

Die höchste Effizienzhaus-Stufe wird bisher mit dem Effizienzhaus 40 Plus erreicht. Das "Plus" besteht dabei aus zusätzlicher Haustechnik, die in erster Linie auf eigene Stromerzeugung und Eigenverbrauch des erzeugten Stroms ausgelegt ist. Im Regelfall kommt der Strom von einer Photovoltaik-Anlage, die mit einem stationären Batteriespeicher sowie einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung kombiniert wird.

Immobilien-Lobby hält Erhöhung der Effizienzanforderungen für "falsch und unverantwortlich"

Die Immobilienwirtschaft ist über die geplante Erhöhung der Effizienzanforderungen naturgemäß nicht erfreut. "Der Stopp der EH-55-Neubauförderung ist aus sozial-, klima- und wirtschaftspolitischen Gründen falsch und unverantwortlich", hieß es in einer Stellungnahme des Lobby-Vereins ZIA Zentraler Immobilien-Ausschuss. Er gefährde die Wirtschaftlichkeit vieler geplanten Wohn- und Nichtwohngebäude und damit auch das sozialpolitische Ziel, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Außerdem seien negative Rückwirkungen auf die dringend notwendige energetische Sanierung des Gebäudebestands zu erwarten.

 

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