Juli 2021

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ENERGIE-CHRONIK




Von den insgesamt 693.601 Förderanträgen, die bis 1. Juli 2021 beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt wurden, entfielen 525.133 oder fast 76 Prozent auf die oben genannten Hersteller. Es sind dieselben zehn Marken, die vor einem Dreivierteljahr noch einen Marktanteil von 82 Prozent hatten (201007). Inzwischen ist aber der damalige Spitzenreiter BMW auf den dritten Rang abgerutscht, während Volkswagen enorm zulegte und mit großem Abstand vor Mercedes-Benz führt. Renault rückte vom dritten auf den vierten Platz, bleibt aber der gefragteste ausländische Hersteller.

Elektroauto-Förderung könnte bis Ende 2025 mehr als zwölf Milliarden Euro kosten

Die doppelt so hohen Staatsprämien, mit denen seit 8. Juli 2020 die Anschaffung von Elektro- und Hybridautos gefördert werden (200606), haben einen regelrechten Antrags-Boom ausgelöst. Schon im ersten Monat hatte sich die Anzahl der Förderanträge mehr als verdoppelt (200811). Bis Dezember 2020 war sie sogar auf das siebenfache gewachsen. Und auch im ersten Halbjahr 2021 blieb die Nachfrage so stark, dass allein in den 18 Monaten seit der Verdoppelung fast sieben Mal so viele Förderanträge gestellt wurden wie in den vier Jahren davor (siehe Grafik 2).

Mit einem milliardenschweren finanziellen Aufwand gelingt es der Bundesregierung so doch noch, ihrem vor fünf Jahren gestarteten Förderprogramm zu Rekord-Abrufzahlen zu verhelfen. Wie Bundeswirtschaftsminister Altmaier am 8. Juli in in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mitteilte, wurden allein im ersten Halbjahr 2021 Prämien von insgesamt 1,25 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Falls es während der ganzen Laufzeit der gegenwärtigen Förderrichtlinie bei der gegenwärtigen Antragsflut bleibt und die Innovationsprämie – wie von der Koalition bereits beschlossen – bis 2025 ausgedehnt werden sollte, könnten die Staatsprämien zur Anschaffung von Elektroautos demnach mit mehr als zwölf Milliarden Euro zu Buche schlagen.

Laufzeit der "Innovationsprämie" soll bis Ende 2025 ausgedehnt werden

Die sogenannte Innovationsprämie, wie der Bundesanteil am "Umweltbonus" seit seiner Verdoppelung bezeichnet wird, ist zunächst bis Ende 2021 befristet. Wie es in der Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums vom 8. Juli heißt, soll sie aber gemäß Beschluss des Autogipfels (KAM) im Bundeskanzleramt vom 17. November 2020 über das Jahr 2021 hinaus bis zum 31. Dezember 2025 verlängert werden. Diese Verlängerung werde das Ministerium in Kürze vornehmen. "Es wird in diesem Jahr eine Rekordförderung für Elektroautos geben", prophezeite Altmaier. "Deshalb haben wir auch in der Koalition beschlossen, die Förderung fortzusetzen bis Ende 2025, damit der Markthochlauf der Elektromobilität weiter an Fahrt gewinnt."

Reine Elektroautos sind gefragter als Plug-In-Hybride

Am Gesamtbestand von 693.601 Anträgen, den das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zum 1. Juli registrierte, haben rein elektrische Antriebe inzwischen den größten Anteil. Den 386.651 Batteriefahrzeugen stehen 306.749 sogenannte Plug-In-Hybride gegenüber, bei denen die Batterien der alternativ verfügbaren elektrischen Antriebe von außen aufgeladen werden können. Für andere Hybride, die nur über eine vom Verbrennungsmotor gespeiste Batterie mit kurzer Reichweite verfügen, gibt es keine Förderung. Brennstoffzellenfahrzeuge bleiben eine Rarität: Auf sie entfallen insgesamt gerade mal 201 Anträge.

 


Trotz Verlängerung und leichter Verbesserung übte der Mitte 2016 eingeführte "Umweltbonus" kaum Anreize auf Kunden auf, die nicht sowieso ein Elektro- oder Hybridfahrzeug gekauft hätten. Das änderte sich erst mit der Verdoppelung der Staatsprämie ab Juli 2020. Nun hätte das ursprüngliche Budget von 600 Millionen Euro, das binnen vier Jahren nicht ausgeschöpft werden konnte, gerade mal ausgereicht, um die im zweiten Halbjahr 2020 steil nach oben schießende Antragsflut zu finanzieren.

 

Das ursprüngliche Förderprogramm hatte vor allem Mitnahmeeffekte zur Folge

In seiner ursprünglichen Konzeption war der "Umweltbonus" ein ausgesprochener Flop. Zum einen war der staatliche Zuschuss zu gering, um einen Kaufanreiz auszulösen. Zum anderen änderte daran auch die hälftige Beteiligung der Fahrzeughersteller nicht viel, die nominell einen Preisnachlass in Höhe des Staatszuschusses gewährten. Wer ohnehin schon ein Elektroauto kaufen wollte, nahm nun selbstverständlich den "Umweltbonus" inklusive Preisnachlass in Anspruch. Der Nachlass auf einen Listenpreis, zu dem sowieso niemand mehr kauft, hatte damit größtenteils nur noch dekorative Bedeutung. Die von der Bundesregierung ausgelobten Prämien waren zu gering und der angeblich paritätische Beitrag der Automobilindustrie zu sehr schöngerechnet, als dass davon die Kaufentscheidung eines realistisch kalkulierenden Interessenten wesentlich beeinflußt werden konnte. Mehr als Mitnahmeffekte kamen so nicht zustande.

Binnen vier Jahren kamen nur 125.408 Anträge

Zunächst sollte das auf 600 Millionen begrenzte Förderprogramm spätestens 2019 auslaufen. Die Bundesregierung rechnete mit einer vorherigen Erschöpfung der Mittel und kündigte deshalb an, die Förderbescheide "nach dem Windhundprinzip" zu vergeben (160403). Sehr schnell zeichnete sich aber ab, dass der vorgesehene Finanzrahmen nicht einmal bis zum Ende der Laufzeit ausgeschöpft sein würde (170110). Tatsächlich wurden bis Mitte 2019 nur 125408 Anträge registriert. Das waren weniger als die Hälfte der etwa 300.000 Elektrofahrzeuge, mit denen die Bundesregierung gerechnet hatte.

Programm wurde trotz Kritik des Rechnungshofs verlängert

Inzwischen hatte der Bundesrechnungshof die Kaufprämien scharf kritisiert. Neben der Ineffizienz, mit der die Regierung hier Steuergelder zur Subventionierung von Mitnahmeeffekten ausgab, störte ihn die Kungelei mit der Autoindustrie, die den "Umweltbonus" angeblich paritätisch mitfinanzierte. "Die deutsche Automobilindustrie hat die Entscheidung der Bundesregierung zu diesem Umweltbonus und dessen Ausgestaltung wesentlich beeinflusst", konstatierte die Prüfbehörde. Dabei sei zweifelhaft, ob die Automobilindustrie tatsächlich die Hälfte der ausgelobten Preisnachlässe trage. Häufig würden die Hersteller ihren nominellen Beitrag zur Kaufprämie dadurch finanzieren, dass sie einfach die sonst üblichen hohen Rabatte auf den Listenpreis streichen (180801).

Ungeachtet dieser Kritik beschloss die Bundesregierung im Juli 2019, die Förderung bis Ende 2020 zu verlängern. Das Geld dafür war noch reichlich vorhanden, denn bis Mai 2019 waren von den 600 Millionen Euro gerade mal 170 Millionen Euro in Anspruch genommen worden. Das Bundeswirtschaftsministerium begründete diese Entscheidung mit der allmählichen Zunahme der eingegangenen Anträge: "Die Kaufprämie hat sich in der Praxis bewährt", hieß es in einer Pressemitteilung des Ministeriums. "Die Zahl der Anträge steigt stetig an – zwar langsamer als wir das erhofft hatten, aber umso wichtiger ist es, Kontinuität bei der Förderung zu gewährleisten." (190609)

Weil die Antragsflaute anhielt, wurden die Prämien erst um die Hälfte erhöht und dann nochmals verdoppelt

Schon im November 2019 beschloss das Bundeskabinett eine weitere Änderung, welche die bisherigen Kaufprämien um die Hälfte erhöhte und bis Ende 2025 gewährte, sofern die dafür vorgesehenen zwei Milliarden Euro aus Bundesmitteln nicht vorher aufgebraucht sein sollten. Weil die EU-Kommission zustimmen musste, konnte diese Änderung erst im Februar 2020 in Kraft treten. Die neuen Fördersätze waren deshalb auch rückwirkend für alle Fahrzeuge anwendbar, die ab dem 5. November 2019 zugelassen wurden. Im übrigen blieb die staatliche Prämie weiterhin an die Voraussetzung gebunden, dass auch der Hersteller bzw. Händler seinen nominellen Preisnachlass entsprechend erhöht. (200207)

Aber auch jetzt wurden im Monatsmittel deutlich weniger als tausend Anträge gestellt. Am 3. Juni 2020 beschloss deshalb die schwarz-rote Koalition im Rahmen ihres "Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets" (200601), die staatlichen Prämien vorübergehend erneut zu erhöhen und sogar zu verdoppeln. Die Anhebung war zunächst auf eineinhalb Jahre befristet. Außerdem beschloss man, die zehnjährige Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge, die zum Jahresende ausgelaufen wäre, bis Ende 2030 zu verlängern. Der Finanzbedarf für beide Maßnahmen wurde mit 2,2 Milliarden Euro beziffert. (200606)

Mit diesem verdoppelten Staatsanteil am "Umweltbonus" - nun als "Innovationsprämie" bezeichnet - können für Elektrofahrzeuge, die weniger als 40.000 Euro Nettolistenpreis kosten, bis zu 9.000 Euro als Fördersumme beantragt werden. Für Plug-In-Hybride sind es 6.750 Euro. Wenn der Nettolistenpreis über 40.000 Euro beträgt, ermäßigen sich diese Summen für reine Elektrofahrzeugen auf bis zu 7.500 Euro und für Plug-In-Hybride auf bis zu 5.625 Euro. Die Hersteller gewähren hinzu weiterhin den alten Abschlag auf den nominellen Listenpreis. Damit lässt sich die Innovationsprämie noch etwas schöner rechnen, als sie es ohnehin ist.

 

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