Februar 2018

180203

ENERGIE-CHRONIK


Bundesnetzagentur schlägt geändertes Regelenergie-Verfahren vor

Die Bundesnetzagentur will das Verfahren zur Einholung von Angeboten für Regelenergie ändern, um mißbräuchlich überhöhte Preise zu verhindern, wie sie am 17. Oktober vorigen Jahres auf die Merit-Order-Liste gelangten und tatsächlich auch aktiviert wurden (171201). Als Sofortmaßnahme hatte sie Anfang des Jahres die technisch möglichen Höchstpreise für Regelenergie, die bis dahin bis zu 99.999 Euro pro Megawattstunde erreichen konnten, auf maximal 9.999 Euro/MWh begrenzt (180101). Am 2. Februar machte sie zusätzlich einen Vorschlag zur grundsätzlichen Änderung der bisherigen Verfahrensweise und eröffnete dazu eine Konsultationsrunde mit den betroffenen Marktteilnehmern, die bis 21. Februar Gelegenheit hatten, Stellung zu beziehen.

"Zuschlagswert" soll Leistungs- und Arbeitspreis angemessen berücksichtigen

Bisher werden die Gebote der Unternehmen, die sich als Anbieter von Regelenergie präqualifiziert haben, in einem automatisch ablaufenden Verfahren zunächst nach dem Leistungpreis sortiert, der für die reine Möglichkeit des Leistungsabrufs erhoben wird. Erst dann folgen die Arbeitspreise, die bei tatsächlicher Inanspruchnahme der Regelleistung fällig werden. Bei völligem Verzicht auf einen Leistungspreis haben deshalb auch irrwitzig hohe Arbeitspreise eine Chance, auf die Merit-Order-Liste zu gelangen. Die automatische Aktivierung der Wucher-Angebote setzt dann nur voraus, daß die Liste relativ wenig andere Anbieter mit günstigeren Arbeitspreisen enthält bzw. ein besonders hoher Bedarf an Regelenergie besteht.

Die Behörde will das nun durch Einführung eines "Zuschlagswerts" ändern, der sowohl den Leistungspreis als auch den Arbeitspreis von Anfang an berücksichtigt. Die dafür vorgeschlagene Formel lautet:

ZW = LW + AW

Der Zuschlagswert (ZW) ergibt sich aus der Summe von "Leistungswert" (LW) und "Arbeitswert" (AW). Der Leistungswert ist der Quotient aus gebotenem Leistungspreis in Euro je Megawatt und der zugrundeliegenden Produktdauer in Stunden. Der Arbeitswert ist das Produkt aus gebotenem Arbeitspreis in Euro je Megawattstunde und einem "Gewichtungsfaktor". Der Gewichtungsfaktor soll zu einer anteiligen und angemessenen Berücksichtigung des Arbeitspreises führen. Seine Größe wird durch die Übertragungsnetzbetreiber bestimmt.

"Anbieter mit hohen Arbeitspreisen werden diskriminiert und aus dem Markt gedrängt"

Der Stromhändler Next Kraftwerke GmbH, der die Direktvermarktung für Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien besorgt und sich bereits im Januar zu Wort meldete (180101), hat am 19. Februar seine Stellungnahme veröffentlicht, die er dazu der Bundesnetzagentur schickte. Er verdeutlichte damit erneut, daß es bei den Anbietern von Regelenergie stark divergierende Interessen gibt. Der Stromhändler wirft einem anscheinend namentlich bekannten, aber nicht näher bezeichneten "Marktakteur aus dem Bereich der konventionellen Kraftwerke" vor, er habe unter Ausnutzung seiner Marktposition "das Ereignis am 17. 10. 2017 provoziert". Das dürfe aber nicht "als Indiz für das Versagen des Energy-Only-Marktes herangezogen werden". Schon die Kürzung des technisch möglichen Höchstpreise auf ein Zehntel durch die Bundesnetzagentur sei "ein massiver Eingriff in die Preisbildungslogik des Energy-Only-Marktes 2.0" gewesen. Durch die jetzt vorgeschlagene Änderung des Verfahrens würden ebenfalls "Einheiten aus dem Spot- und Regelenergiemarkt gedrängt, die tatsächlich hohe Arbeitspreise benötigen". Anbieter mit geringen Arbeitspreisen wie Großkraftwerke bekämen so einen Wettbewerbsvorteil, "wohingegen Anbieter mit hohen Arbeitspreisen diskriminiert und aus dem Markt gedrängt werden".

 

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