Juli 2016

160713

ENERGIE-CHRONIK


Mappus bekommt kein Geld wegen Falschberatung beim EnBW-Kauf

Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus ist endgültig mit dem Versuch gescheitert, die Stuttgarter Anwaltskanzlei Gleiss Lutz auf Schadenersatz zu verklagen, weil sie ihn beim Erwerb des EDF-Aktienpakets an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) durch die Landesregierung falsch beraten habe. Weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht hielten einen solchen Anspruch für berechtigt. Am 21. Juli wies auch der Bundesgerichtshof die Revision gegen das Berufungsurteil zurück.

Vermeintlicher Wahlschlager wurde zum Rohrkrepierer

Die CDU-geführte Landesregierung hatte im Dezember 2010 für insgesamt knapp sechs Milliarden Euro den Anteil von 45,01 Prozent an der EnBW gekauft, der bis dahin der Electricité de France (EDF) gehörte. Mappus wollte so die Wähler vor den anstehenden Landtagswahlen beeindrucken und wirtschaftspolitische Kompetenz demonstrieren (101201). Der Schuß ging jedoch nach hinten los, weil er den Kaufvertrag heimlich abgeschlossen hatte, ohne die notwendige Zustimmung des Landtags einzuholen (111002). Außerdem war der Kaufpreis überteuert (131106). Der später bekanntgewordene Ablauf der Verkaufsverhandlungen belegte zudem eher die Inkompetenz des Regierungschefs (120603).

Bei den Landtagswahlen am 27. März 2011, die unter dem Eindruck der Reaktor-Katastrophe von Fukushima stattfanden, erlitt die in Baden-Württemberg regierende CDU/FDP-Koalition auch wegen dieser Affäre eine krachende Niederlage und wurde von einer grün-roten Landesregierung abgelöst (110306). Mappus hatte seitdem als CDU-Politiker keinerlei Chancen mehr. Er zog sich – finanziell gut abgesichert – ins Privatleben zurück und wurde nach seiner Abwahl vom Pharmakonzern Merck als Manager unter Vertrag genommen.

Mappus wollte für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und entgangene Einkünfte entschädigt werden

Der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz warf Mappus vor, ihn falsch beraten zu haben, indem sie nicht hinreichend auf die Risiken hingewiesen habe, die mit dem heimlichen Erwerb des EnBW-Aktienpakets verbunden waren. Sie müsse ihm deshalb die Ausgaben für Anwälte usw. ersetzen, die er aufgrund der gegen ihn eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen (120703) getätigt hatte. Außerdem machte Mappus eine Vermögenseinbuße geltend, weil der Pharmakonzern Merck auf die Dienste des schwer lädierten Ex-Ministerpräsidenten dann doch lieber verzichten wollte und den Anstellungsvertrag wieder aufgelöst hatte.

Der Ministerpräsident war nicht der Mandant, sondern nur dessen Vertreter

Damit vermengte Mappus aber zwei unterschiedliche Akteure, nämlich die Landesregierung als Auftraggeber der Kanzlei und seine eigene Person als Vertreter dieses Mandanten. Im Einklang mit dem Oberlandesgericht stellte nun auch der Bundesgerichtshof fest, daß der Anwaltsvertrag zwischen der Landesregierung und der Kanzlei Gleiss Lutz keine ausdrücklichen Vereinbarungen über eine Einbeziehung des Ministerpräsidenten oder anderer Personen der Landesregierung enthalten hat. Eine Schutzwirkung des Anwaltsvertrags zugunsten des Klägers ergebe sich auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, weil es an einem ausreichenden Näheverhältnis des Klägers zu der dem Land geschuldeten Beratungsleistung der Beklagten gefehlt habe. Eine "drittschützende Wirkung" könne ein Anwaltsvertrag nur haben, sofern der Dritte mit der Leistung des Anwalts bestimmungsgemäß in Berührung komme, der Mandant ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Anwaltsvertrags habe, dies der Anwalt erkennen könne und der Dritte schutzbedürftig sei. Diese Voraussetzungen erfülle der vom Land mit der Kanzlei Gleiss Lutz abgeschlossene Vertrag nicht.

 

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