April 2013

130412

ENERGIE-CHRONIK


Staatsanwaltschaft durchsuchte zum dritten Mal die EnBW-Zentrale

Ein Großaufgebot an Steuerfahndern und Polizisten durchsuchte am 18. April die Zentrale der Energie Baden-Württemberg (EnBW) in Karlsruhe, zwei weitere EnBW-Unternehmen sowie bundesweit sieben Wohnungen. Wie der Konzern dazu mitteilte, erfolgte die Durchsuchung im Zusammenhang mit den seit Juni 2012 andauernden Ermittlungen zur Rußland-Affäre der EnBW (120601). Außerdem sei es um das betrügerische Umsatzsteuerkarussell mit Emissionszertifikaten gegangen, an dem auch EnBW-Mitarbeiter beteiligt waren (120613).

Die EnBW-Zentrale wurde damit binnen 16 Monaten schon zum dritten Mal von der Staatsanwaltschaft Mannheim durchsucht, die auf Wirtschaftkriminalität spezialisiert ist. Bei den beiden ersten Razzien im Januar und Juni 2012 suchten die Fahnder nach Belegen für die Beteiligung von EnBW-Mitarbeitern an dem betrügerischen Umsatzsteuerkarussell mit Emissionszertifikaten (120613). Bei der jetzigen Durchsuchung scheint dagegen die Rußland-Affäre im Vordergrund gestanden zu haben. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt sieben Manager der EnBW und ihrer Tochterunternehmen, in den Jahren 2001 bis 2008 falsche Steuererklärungen abgegeben zu haben, indem sie die Zahlungen an den dubiosen russischen Geschäftsmann Andrej Bykov als Betriebsausgaben geltend machten. Außerdem ermittelt sie wegen Untreue, da der EnBW "durch den pflichtwidrigen Abschluß von in wirtschaftlicher Hinsicht nicht nachvollziehbaren Verträgen" mit Bykov ein Vermögensnachteil entstanden sei.

Bemerkenswert ist, daß auch das Domizil des früheren EnBW-Chefs Utz Claassen (130417) zu den durchsuchten sieben Wohnungen gehörte. Claassen bestritt bisher, von den Verträgen mit Bykov überhaupt gewußt zu haben (130114).

Auch bei der EDF wurden Dokumente beschlagnahmt

Ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Untreue ist bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart anhängig: Es richtet sich gegen den früheren Stuttgarter Ministerpräsidenten Stefan Mappus, den früheren Finanzminister Willi Stächele und den "Neckarpri"-Geschäftsführer Helmut Rau (alle CDU) wegen der Umstände, unter denen das Land Baden-Württemberg die EnBW-Beteiligung der Electricité de France (EDF) erworben hat. Außerdem wird der frühere Geschäftsführer der Investmentbank Morgan Stanley, Dirk Notheis, der Beihilfe zur Untreue verdächtigt (120703). Im Zuge dieser Ermittlungen durchsuchte die französische Polizei Ende Februar Geschäftsräume der EDF und von Morgan Stanley in Paris. Auch im Büro von EDF-Chef Henri Proglio wurden Dokumente beschlagnahmt.

Gutachten soll Wert des EDF-Aktienpakets klären

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, um den tatsächlichen Wert des EDF-Aktienpakets zu ermitteln, das damals vom Land für 4,7 Milliarden Euro gekauft wurde. Dies teilte der Behördenchef Siegfried Mahler am 19. März dem EnBW-Untersuchungsausschuß des Landtags mit, der seit Ende 2011 die Vorgänge aufzuklären versucht. Der Ausschußvorsitzende Ulrich Müller (CDU) mußte im Februar von seinem Amt zurücktreten, weil er vertraulich zu behandelnde Unterlagen an Stefan Mappus weitergeleitet hatte.

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