März 2016

160314

ENERGIE-CHRONIK


Finanzchef der EDF wollte Reaktor-Neubau nicht länger verantworten

Der Finanzchef der Electricité de France (EDF), Thomas Piquemal, ist überraschend zurückgetreten, weil er den geplanten Bau von zwei EPR-Reaktoren am britischen Standort Hinkley Point nicht länger verantworten wollte. Der Rücktritt wurde am 6. März zuerst von der Agentur Bloomberg gemeldet. Der Staatskonzern veröffentlichte daraufhin am 7. März eine kurze Mitteilung, daß Piquemal ab sofort aus dem Amt scheide und durch Xavier Girre als vorläufiger Nachfolger ersetzt werde.

Piquemal äußerte sich nicht öffentlich zu seinem Rücktritt. Es ist aber bekannt, daß er intern vor den finanziellen Risiken gewarnt hat, die sich für die EDF durch die Reaktor-Neubauvorhaben in Großbritannien ergeben. Der EDF-Chef Jean-Bernard Lévy, der seit Oktober 2014 an der Spitze des Unternehmens steht, will das Projekt dagegen vorantreiben, nachdem es im Oktober 2015 endlich zu einer Einigung mit dem chinesischen Partner gekommen ist: Die China General Power Corporation (CGN) übernimmt 33,5 Prozent der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen. Damit entfallen auf die EDF zwei Drittel der Kosten, die auf rund 23 Milliarden Euro geschätzt wurden. Sie will zwar noch versuchen, die ihr verbleibenden 66,5 Prozent bis auf 50 Prozent zu verringern. Indessen dürfte es ihr schwerlich gelingen, einen Interessenten zu finden.

In Flamanville haben sich Baukosten inzwischen verdreifacht

Piquemal hatte dafür plädiert, erst einmal die Erfahrungen mit dem EPR-Projekt in Flamanville (041006) abzuwarten, bevor sich der mit 37,4 Milliarden Euro verschuldete Staatskonzern in ein neues Reaktor-Abenteuer stürzt. In Flamanville haben sich die ursprünglich geschätzten Baukosten inzwischen verdreifacht und die geplante Inbetriebnahme um voraussichtlich sechs Jahre verzögert. Auch die beiden EPR-Reaktoren im chinesischen Taishan, an denen die EDF mit 30 Prozent beteiligt ist (080808), werden nur mit jahrelanger Verzögerung in Betrieb gehen.

Am schlimmsten ist das Fiasko im finnischen Olkiluoto, wo Ende 2003 der Reaktorbauer Areva gemeinsam mit Siemens den ersten EPR in Angriff nahm (031205). Inzwischen ist dieses Projekt neun Jahre in Verzug und die Kosten haben sich verdreifacht (130207, 140906). Die EDF ist zwar in diesem Fall nicht finanziell involviert und hat sich ausdrücklich ausbedungen, auch dann nicht mit den Risiken aus diesem Desaster belastet zu werden, wenn sie jetzt auf Drängen des Staates das Reaktorgeschäft der Areva übernimmt (150703). Gleichwohl bleibt Olkiluoto ein Menetekel für alle EPR-Vorhaben.

Die beiden EPR-Reaktoren in Hinkley Point würden in jedem Falle zum Milliardengrab, wenn sie nicht in geradezu fürstlicher Weise subventioniert würden: Die konservative britische Regierung garantierte den Betreibern über 35 Jahre einen Abnahmepreis, der doppelt so hoch wie der derzeitige Großhandelspreis ist und sich entsprechend der Geldentwertung erhöht (141020).

 

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