August 2012

120809

ENERGIE-CHRONIK


E.ON Russia wechselt von Gazprom zu Novatek

Die russische Tochter des E.ON-Konzerns hat ihre Gaslieferverträge mit Gazprom, die zum Ende des Jahres auslaufen, nicht erneuert. Stattdessen bezieht sie den Brennstoff für ihre Wärmekraftwerke künftig von den kleineren Unternehmen Novatek, Surgutneftegaz, Lukoil und Suek. Neuer Hauptlieferant wird ab 2013 Novatek. Wie E.ON Russia und Novatek am 28. August mitteilten, haben sie einen langfristigen Vertrag geschlossen, der bis zum Jahr 2027 Gaslieferungen für ungefähr 702 Milliarden Rubel (17,6 Milliarden Euro) vorsieht.

E.ON Russia hat erst vor einem Jahr zwei neue GuD-Blöcke im westsibirischen Kraftwerk Surgutskaja GRES-2 in Betrieb genommen (110708). Außerdem versorgt Novatek die Gaskraftwerke Shaturskaja GRES, Smolenskaja GRES und Jaivinskaja GRES. Insgesamt verfügt E.ON in Rußland über fünf Wärmekraftwerke (russischer Kürzel: GRES) mit einer Kapazität von 10.345 MW. Das fünfte ist das Kraftwerk Beresovskaja GRES, das jedoch mit Braunkohle befeuert wird und hauptsächlich der winterlichen Lastabdeckung dient, wenn die sibirischen Wasserkraftwerke wegen Vereisung nicht produzieren können.

Auch Fortum läßt sich von Novatek beliefern

Wie Novatek ergänzend mitteilte, wird dieses Unternehmen außerdem die neuen Kraftwerke des finnischen Fortum-Konzerns in Njaganskaja und Tscheljabinsk versorgen. Insgesamt sähen die Verträge mit E.ON Russia und Fortum die Lieferung von 180 Milliarden Kubikmeter Gas vor. Fortum hat 2008 den Kraftwerksbetreiber TGK-10 übernommen, auf den es zunächst der E.ON-Konzern abgesehen hatte (070506), bevor er den Kraftwerksbetreiber OGK-4 kaufte (070906). In Njaganskaja entsteht derzeit ein Gaskraftwerk mit einer Leistung von 1200 MW. In Tscheljabinsk soll die Kapazität von 82 auf über 700 MW erweitert werden.

E.ON Russia begründete den Wechsel damit, daß bei den Verhandlungen mit mehreren möglichen Lieferanten Novatek das günstigste Angebot abgegeben habe. Unter russischen Verhältnissen wäre damit allerdings ein problemloser Wechsel noch nicht garantiert. Die neuen Lieferverträge mit E.ON und Fortum bestätigen deshalb den Eindruck, daß der Kreml den übermächtigen, ineffektiven und schlecht beleumundeten Staatskonzern Gazprom neuerdings etwas zugunsten von Novatek und anderer kleiner Konkurrenten bremst. Dazu paßt, daß Novatek im Juli sogar einen Gasliefervertrag mit der Energie Baden-Württemberg schließen durfte (120706), obwohl Gazprom seit sechs Jahren auch rechtlich das Exportmonopol besitzt (060706).

Seit dem Einstieg beim russischen Stromerzeuger OGK-4 im Jahre 2007 ist E.ON der größte Abnehmer für russisches Gas und auch größter ausländischer Investor auf dem russischen Energiemarkt. Die russische Tochter wird seit Juli dieses Jahres von Maxim Shirokov geleitet. Der neue Chef wurde 1966 in Moskau geboren. Er absolvierte zunächst das Moskauer Militärinstitut des sowjetischen Verteidigungsministeriums mit dem Schwerpunkt auf Orientalistik und war dann fünf Jahre im Mittleren Osten tätig. Nach dem Ende der Sowjetunion studierte er in den Vereinigten Staaten Management und erwarb einen MBA-Abschluss in Economics und Marketing. Zuletzt war er Generaldirektor der Ust-Luga Company, die den größten baltischen Seehafen Rußlands baut und betreibt.

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