August 2003

030803

ENERGIE-CHRONIK


Eckpunkte der geplanten EEG-Novellierung vorgelegt

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat am 14. August einen Referentenentwurf zur Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgelegt, mit dem er den Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der Stromversorgung bis 2010 auf 12,5 Prozent und bis 2020 auf 20 Prozent steigern will. Demnach würden die Einspeisungsvergütungen stärker differenziert und insgesamt erhöht. Zugleich würde durchgängig eine Absenkung der Einspeisungsvergütungen für neue Anlagen ab 2005 bzw. 2008 (Offshore-WKA) bzw. 2010 (Geothermie) vorgenommen. Das Ministerium erhofft sich davon "Effizienzanreize" und eine allmähliche Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien gegenüber der konventionellen Stromerzeugung innerhalb von etwa zehn Jahren. Nach Schätzungen des Ministeriums würde das neue EEG die Stromverbraucher ab 2004 mit 0,35 Cent/kWh belasten. Bis 2010 würde diese Belastung auf etwa 0,45 Cent/kWh steigen, um dann - als Folge der degressiven Gestaltung der Fördersätze - bis zum Jahr 2016 auf 0,25 Cent/kWh zurückzugehen.

Der EEG-Gesetzentwurf soll zugleich die Erneuerbaren-Richtlinie der Europäischen Union umsetzen (000505 u. 020508). Er enthält nunmehr 22 anstelle von bisher 12 Paragraphen. Neu ist unter anderem ein "Transparenz"-Paragraph, der die Netzbetreiber verpflichtet, detaillierte Auskünfte über die Menge der auszugleichenden Energiemengen und Vergütungszahlungen zu veröffentlichen. Neu sind ferner die Bestimmungen über den "Herkunftsnachweis" sowie das "Doppelvermarktungsverbot" für Strom aus erneuerbaren Energien. Die im Juni dieses Jahres beschlossene Härtefall-Regelung zur Entlastung stromintensiver Betriebe (030603) ist auch in dem vorgelegten Gesetzentwurf enthalten, würde aber wie bei der jetzigen Regelung am 1. Juli 2004 automatisch außer Kraft treten.

Beim sozialdemokratischen Koalitionspartner stößt der Novellierungsentwurf auf Vorbehalte. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller äußerte sich verärgert darüber, daß Bundesumweltminister Trittin die Novelle als Regierungsvorlage und nicht als Gesetzentwurf der rot-grünen Abgeordneten vorgelegt habe. Darüber hinaus entspann sich eine grundsätzliche Diskussion über den Stellenwert der erneuerbaren Energien und den künftigen Energie-Mix (030813).

Wasserkraft

Für Strom aus Wasserkraft sollen Mindestvergütungen von 7,67 Cent/kWh (bis 0,5 MW) bzw. 6,65 Cent/kWh (0,5 bis 5 MW) gezahlt werden. Für neue Anlagen sinken diese Sätze ab 2005 jährlich um ein Prozent des Vorjahreswertes. Darüber hinaus sollen auch Wasserkraftwerke im Leistungsbereich von 5 bis 150 MW in die Förderung einbezogen werden, sofern sie bis Ende 2012 modernisiert werden und dadurch ihr Leistung um mindestens 15 Prozent erhöhen. Vergütet wird nur die zusätzliche Strommenge, die der Erneuerung zuzurechnen ist, wobei die Vergütung proportional zur Leistungserhöhung in fünf Stufen von 7,67 auf 3,70 Cent/kWh sinkt.

Das geltende EEG gewährt für Strom aus Wasserkraft eine fixe Vergütung von 7,67 Cent/kWh (bis 0,5 MW) bzw. von 6,65 Cent/kWh (0,5 bis 5 MW). Mit der Neuregelung soll die "große Wasserkraft" in das EEG einbezogen werden, ohne den Betreibern von längst abgeschriebenen Altanlagen Mitnahmeeffekte zu ermöglichen. Als Erneuerung gilt auch der Neubau eines Wasserkraftwerks im räumlichen Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Staustufe oder Wehranlage, wie er z.B. am Hochrhein zu Ersetzung des Wasserkraftwerks Rheinfelden geplant ist ( 020812 u. 000326).

Windstrom

Für Strom aus Windkraftanlagen soll es künftig eine Mindestvergütung von 5,5 Cent/kWh geben. Hinzu kommt für mindestens fünf Jahre ab Inbetriebnahme ein Zuschlag von 3,2 Cent/kWh. Der Anspruch auf die erhöhte Förderung von insgesamt 8,7 Cent/kWh verlängert sich je nach Ertrag für solche Windkraftanlagen, die in den ersten fünf Jahren weniger als 150 Prozent des errechneten Windstroms einer Referenzanlage erzeugen. Mit dieser Regelung soll die Überförderung von Windkraftanlagen an besonders günstigen Standorten verhindert werden. Zugleich wird für Anlagen, die weniger als 60 Prozent des Referenzertrags erbringen, die Verlängerung der erhöhten Förderung auf zehn Jahre begrenzt. Damit will man der Errichtung von Windkraftanlagen an weniger günstigen Standorten entgegenwirken.

Für sogenannte Offshore-Windkraftanlagen, die mindestens drei Seemeilen von der Küste entfernt sind, sieht der Gesetzentwurf eine Basisvergütung von 6,19 Cent/kWh vor. Wenn die Anlagen vor Ende 2010 den Betrieb aufnehmen, erhöht sich diese Vergütung für die Dauer von zwölf Jahren um 2,91 Cent/kWh. Diese Frist verlängert sich für Anlagen, die in einer Entfernung von mindestens 12 Seemeilen und in einer Wassertiefe von mindestens 20 Metern errichtet werden, um 0,5 Monate pro Seemeile und um 1,7 Monate für jeden zusätzlichen Meter Wassertiefe.

Die Mindestvergütungen für Windstrom werden für neue Anlagen ab 2005 jährlich um 1,5 Prozent des Vorjahreswertes gesenkt. Für Offshore-Anlagen beginnt die Degression erst 2008.

Das geltende EEG gewährt für Windstrom eine degressiv gestaffelte Vergütung, die sich jährlich um 1,5 Prozent verringert und derzeit 8,9 Cent/kWh beträgt. Die erhöhten Vergütungssätze gelten für ertragsstarke Anlagen längstens fünf Jahre nach Inbetriebnahme, um dann auf 6,19 Cent/kWh zu sinken. Offshore-Anlagen werden bisher nur durch die Ausdehnung dieser Frist auf neun Jahre begünstigt.

Solarstrom

Für Strom aus solarer Strahlungsenergie ist eine Basisvergütung von 43,4 Cent/kWh vorgesehen. Soweit die Anlagen auf oder an einem Gebäude angebracht sind, erhalten sie einen Zuschlag von 11,6 Cent/kWh, der sich für Kleinanlagen mit einer Leistung bis 30 kW auf 15,6 Cent/kWh erhöht. Wenn die Anlage nicht auf dem Dach des Gebäudes angebracht ist, können weitere 5 Cent/kWh beansprucht werden. Ab 2005 sinken die genannten Vergütungen für neu in Betrieb genommene Anlagen jährlich um fünf Prozent.

Für Strom aus Solarzellen-Fassaden ergibt sich dadurch eine Vergütung von maximal 64 Cent/kWh. Insgesamt würde photovoltaisch erzeugter Strom durch die Neuregelung noch erheblich stärker subventioniert. Erschwert wird allerdings die Errichtung von Anlagen außerhalb von Gebäuden bzw. auf Freiflächen: Sie erhalten lediglich die Basisvergütung und diese auch nur dann, wenn sie sich u.a. "auf bereits versiegelten Flächen oder auf aus Ackerland umgewidmeten Gründlandflächen" befinden.

Das geltende EEG gewährt für Solarstrom eine degressiv gestaffelte Vergütung, die sich jährlich um 1,5 Prozent verringert und derzeit 45,7 Cent/kWh beträgt. In der Praxis erstreckt sich die Vergütung von Strom aus "solarer Strahlungsenergie" in Deutschland nur auf Photovoltaik-Anlagen bzw. auf Strom aus Solarzellen.

Deponie-, Klär- und Grubengas

Strom aus Deponie-, Klär- und Grubengas, der bisher wie Strom aus Wasserkraft vergütet wird, soll eine separate Regelung erhalten: Mit 7,67 Cent/kWh für Anlagen mit einer Leistung bis 0,5 MW und 6,65 Cent/kWh für Leistungen von 0,5 bis 5 MW. Diese Vergütungen sinken für neue Anlagen ab 2005 um jeweils zwei Prozent des Vorjahreswertes. Sie erhöhen sich um jeweils 1 Cent/kWh, wenn die Gase mittels Brennstoffzellen in Strom umgewandelt werden. Damit wird die Brennstoffzellen-Technologie, die bereits durch das KWK-Gesetz eine Förderung von 5,11 Cent/kWh erhält (020101), zusätzlich subventioniert.

Biomasse

Für Strom aus Biomasse ist eine fünffach abgestufte Vergütung zwischen 12,5 Cent/kWh (bis 75 kW) und 8,4 Cent/kWh (5 bis 20 MW) vorgesehen. Die Sätze erhöhen sich um 2,5 Cent/kWh, wenn der Strom ausschließlich aus pflanzlichen Teilen oder/und Gülle gewonnen wird. Eine weitere Erhöhung um 1 Cent/kWh gibt es, wenn Anlagen bis zu 500 kW die Biomasse durch thermochemische Vergasung umwandeln oder den Strom mittels Brennstoffzellen, Gasturbinen, Dampfmotoren, Organic-Rankine-Anlagen, Kalina-Cycle-Anlagen oder Stirling-Motoren gewinnen. Die Vergütungen sinken für neue Anlagen ab 2005 um jeweils ein Prozent des Vorjahreswertes.

Das geltende EEG gewährt für Strom aus Biomasse eine dreifach gestaffelte Vergütung, die sich jährlich um 1 Prozent verringert und derzeit zwischen 10 und 8,5 Cent/kWh liegt. Nach Ansicht des Bundesverbands BioEnergie (BBE) würde sich für die Verstromung fester Biomasse durch die Neuregelung praktisch nichts ändern. Von dem Technologie-Bonus könnten infolge der Leistungsbegrenzung auf 500 kW lediglich Biogasanlagen profitieren.

Geothermie

Für Strom aus Erdwärme ist eine vierfach abgestufte Vergütung von 15 Cent/kWh (bis 5 MW) und 7,16 Cent/kWh (ab 20 MW) vorgesehen. Da es in Deutschland bisher keine Stromerzeugung aus Geothermie gibt (030503), soll die Degression um ein Prozent des Vorjahressatzes für neue Anlagen auf der Basis von Erdwärme erst ab 2010 einsetzen.

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