Mai 1994

940501

ENERGIE-CHRONIK


Bundesrat läßt Energie-Artikelgesetz entgegen allen Erwartungen passieren

Der Bundesrat hat am 20.5. das Artikelgesetz zur Finanzierung der Steinkohleverstromung und zur Änderung des Atomgesetzes überraschend passieren lassen. Ursprünglich hatten die SPD-regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Saarland, Hessen und Schleswig-Holstein die Ablehnung des Gesetzentwurfes angekündigt, weil der darin vorgesehene Subventionsabbau bei der Steinkohleverstromung nicht den Vereinbarungen der Kohlerunde von 1991 entspreche. Auch das CDU-regierte Sachsen wollte gegen das Gesetz stimmen, um die darin für 1996 vorgesehene Ausdehnung des Kohlepfennigs auf die neuen Bundesländer zu verhindern. Das Scheitern der Vorlage im Bundesrat und ihre Verweisung in den Vermittlungsausschuß schienen damit festzustehen, und sowohl die Welt (21.5.) als auch die Frankfurter Allgemeine (21.5.) berichteten in ihren Pfingstausgaben im Vorgriff auf die Abstimmung über eine angeblich erfolgte Ablehnung des Artikelgesetzes. Tatsächlich kam jedoch keine geschlossene Ablehnungsfront zustande. Dem Inkrafttreten der vorgesehenen Regelungen steht damit nichts mehr im Wege (siehe auch 940401).

Für das Handelsblatt (24.5.) öffnet sich nun der Weg für eine kurzfristige Kohlefinanzierung, eine flexiblere Entsorgung nuklearer Abfälle und eine "eher restriktive" Stromeinspeisungsregelung. Damit sei "zumindest Schadensbegrenzung möglich". Das Artikelgesetz bedeute aber "keineswegs schon ein langfristig kalkulierbares Energieprogramm".

Für die im nordrhein-westfälischen Revier beheimatete Neue Rhein-Zeitung (21.5.) hat die Entscheidung des Bundesrats "die Zukunft der Kumpel ein wenig aufgehellt. Auf Zeit zwar nur, aber mehr war nicht zu erreichen. Zu stark ist die Allianz gegen die teure heimische Steinkohle".

Die Saarbrücker Zeitung (21.5.) meinte zum Einlenken der Länderkammer: "Offensichtlich waren es die politischen Matadore leid, sich mit der Bundesregierung in dieser Frage erneut anzulegen".

Nach Darstellung der tageszeitung (21.5.) ist es der Bundesregierung gelungen, den SPD-Ländern ihre Vorbehalte gegenüber dem atomrechtlichen Teil des Artikelgesetzes mit Zugeständnissen bei der Kohlefinanzierung abzuhandeln: "Die Mehrheit der SPD-regierten Länder, auf dem Papier immer atomkraftkritisch, ließ sich von den Subventionsmilliarden überzeugen, daß die Änderungen des Atomrechts so gravierend nicht seien."