Juni 1991

910606

ENERGIE-CHRONIK


Ex-Alkem stillgelegt

Der hessische Umweltminister Joschka Fischer (Die Grünen) hat die Produktion von plutoniumhaltigen Brennelementen im Betriebsteil Mischoxidverarbeitung (früher: Alkem) des Siemens Brennelementewerk Hanau gestoppt, nachdem bei einem erneuten Störfall der Kategorie "eilt" - der siebte in diesem Jahr - drei Mitarbeiter kontaminiert wurden. Bundesumweltminister Klaus Töpfer hatte schon zuvor angeordnet, daß der Betrieb des Spaltstoffbunkers stillgelegt werden sollte. Töpfers Weisung bezog sich jedoch, im Gegensatz zu der von Fischer, nur auf den jüngsten Vorfall. Ursache hierfür war vermutlich die defekte Kunstoffumhüllung eines Behälters mit 3,3 kg Mischoxid (Urandioxid und Plutoniumdioxid). Bereits im April wurden zwei Mitarbeiter ebenfalls aufgrund einer defekten Ummantelung radioaktiv verseucht (FAZ, SZ, Bild, taz, 18.6.; Handelsblatt, 20.6.91). Am Tag nach dem Zwischenfall drang nach starkem Regen und Hagel Wasser in den Kontrollbereich der Plutoniumverarbeitung ein. Die Vermutung, daß das Wasser radioaktiv belastet war, verneinte Siemens. Vorsorglich sei das Wasser jedoch entsorgt worden (Welt, FR, Frankfurter Neue Presse, 20.6.91).

Aufgrund der zahlreichen Störfälle vermutet Fischer Schwachstellen im "Systemablauf der MOX-Brennelemente-Produktion". Deswegen ordnete er eine Schwachstellen-Analyse an, die das "atomenergiekritische" Darmstädter Öko-Institut durchführen soll. Bis zur Fertigstellung und Auswertung der Analyse bleibe der Werksbereich stillgelegt. Die Störfallanalyse soll der TÜV Bayern durchführen. Der Betriebsteil MOX-Verarbeitung hat erst im März diesen Jahres die abschließende sechste Teilgenehmigung erhalten (Welt, FR, taz, Frankfurter Neue Presse, Bild, 19.6.91). Auf die von Fischer verfügte Stillegung reagierte die hessische CDU-Opposition mit der Vermutung, Fischer wolle die Störfälle in der Plutoniumverarbeitung "zum Anlaß nehmen, seine Schließungsabsichten unter dem Vorwand der Sicherheitsauflagen zu verwirklichen" (FR, FAZ, 21.6.91). Die hessische CDU unterstellte Fischer "ideologische Zwecke" (FAZ, 21.6.91).