September 2025

250901

ENERGIE-CHRONIK




Die einstige Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) leitete die 80. UN-Generalversammlung, ohne sich zu einer Richtigstellung provozieren zu lassen, als Trump direkt vor ihr am Rednerpult seinen Quatsch über die Situation in Deutschland erzählte. Vermutlich hatte es der US-Präsident sogar auf eine solche Provokation angelegt, um Baerbock aus ihrer protokollarisch auferlegten Reserve zu locken und ihr dann einen Verstoß gegen die Amtspflichten vorzuwerfen. Als Sitzungsleiterin hätte sie ihn allenfalls zur Einhaltung der vorgesehenen Redezeit von 15 Minuten ermahnen und ihm so das Wort entziehen können. Stattdessen ließ sie den US-Präsidenten endlos reden. Dieser nutzte dann ausgiebig diese Gelegenheit, um sich und die USA in einer Weise zu blamieren, wie man es bisher kaum für möglich gehalten hätte.

Trump lobt Deutschland für seine angebliche Rückkehr zu fossilen Brennstoffen und Kernenergie

In einer konfusen Rede vor der 80. Generalversammlung der Vereinten Nationen hat US-Präsident Donald Trump am 23. September zahlreiche neue Falschbehauptungen verbreitet. So lobte er Deutschland für dessen angebliche Rückkehr zu Kohle und Kernenergie:

"In Europa sind ja alle Länder am Rande des Zusammenbruchs wegen der grünen Energie. Deutschland war auf einem sehr kranken Weg, sowohl in Sachen Immigration als auch in Sachen Stromerzeugung. Sie wollten grün werden und da sind sie bankrott gegangen. Dann kam eine neue Regierung, und diese neue Regierung geht jetzt dahin zurück wo sie herkam: zu den fossilen Brennstoffen und zur Atomenergie, die jetzt ja sicher ist, wenn man es richtig macht. Sie sind also zurück dahin gegangen, wo sie vorher auch schon waren, und haben sehr viele neue Kraftwerke, gebaut, und das funktioniert. Ich zolle Deutschland viel Anerkennung, denn die haben festgestellt, es war ein Desaster, dieser ganze grüne Weg, der ist ja völlig bankrott."

Trump wiederholte und bekräftigte mit diesen Fantastereien einen Unsinn, den er schon Anfang April über die deutsche Energiepolitik erzählte. Damals hatte er behauptet, dass in Deutschland jede Woche ein neues Kohlekraftwerk eröffnet werde, weil die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien gescheitert sei (250406). Nun behauptete er außerdem, dass die neue Bundesregierung auch die Kernenergie reaktiviert habe, weil sie eingesehen habe, wie falsch die bisherige Energiepolitik war.

"Die Chinesen verkaufen unheimlich gerne Windräder an andere, nutzen sie aber selber nicht"


Konsterniert verfolgten Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) und die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Reem Alabali Radovan (SPD), Trumps Behauptungen über die angebliche energiepolitische Situation in Deutschland.

Zuvor hatte Trump sich selber dafür gelobt, in den USA einen entschiedenen Kampf gegen Strom aus erneuerbaren Energien zu führen:

"Energie ist ein anderer Bereich, in dem es den USA so gut geht wie nie zuvor: Wir werden jetzt die fälschlicherweise so genannten Erneuerbaren los. Die sind doch ein Witz. Die funktionieren nicht. Zu teuer, nicht stark genug. Der Wind bläst ja nicht immer. Diese großen Windräder sind so lächerlich, so schlecht und so teuer zu betreiben. Die müssen ständig neu gebaut werden, rosten vor sich hin. Das ist die teuerste Energie, die je ersonnen wurde. Normalerweise soll man doch mit Stromerzeugung Geld verdienen und nicht verlieren. Aber diese Sachen kann man nicht ohne Subventionen in Gang bringen. Die meisten werden übrigens in China gebaut. Da sind die Chinesen ganz schön clever. Die bauen fast alle Windräder auf der Welt und nutzen sie selber nicht. Wisst Ihr, was die Chinesen nutzen? Die nutzen Kohle, Gas, alles, aber nicht Wind. Aber sie verkaufen unheimlich gerne Windräder an andere."

In London droht angeblich die Ersetzung britischen Rechts durch die islamische Scharia

Den Klimawandel bezeichnete Trump als "den größten Betrug, der jemals an der Welt begangen wurde" und als "Schwindel mit der globalen Erwärmung". Im Zusammenhang mit der europäischen Migrationspolitik behauptete er, dass der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan die islamische "Scharia" einführen wolle. Dem müsse man einen Riegel vorschieben. Trump machte sich damit die Verleumdungen rechtsextremer Kreise zueigen, die dem muslimischen Labour-Politiker aufgrund eines gefälschten Zitats unterstellen, die britische Gesetzgebung durch islamisches Recht ersetzen zu wollen.

Vor seinen Amtsantritt hätten die USA in großen Schwierigkeiten gesteckt, lobte Trump sich selbst. Aber jetzt, nach nur acht Monaten, seien sie das angesagteste Land der Welt.

"Wir sind gesegnet mit der stärksten Wirtschaft, mit den stärksten Grenzen, dem stärksten Militär, den stärksten Freundschaften und dem stärksten Geist jeder Nation auf dem Antlitz der Erde. Dies ist das goldene Zeitalter Amerikas."

Trump will in sieben Monaten sieben Kriege beendet haben, wofür ihm mindestens ein Friedensnobelpreis verliehen werden müsse

Mit Blick auf die von ihm erhoffte Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis behauptete Trump, er habe in nur sieben Monaten "sieben ewige Kriege beendet". Als Belege nannte er die Konflikte zwischen Kambodscha und Thailand, Kosovo und Serbien, Kongo und Ruanda, Pakistan und Indien, Israel und Iran, Ägypten und Äthiopien sowie Armenien und Aserbaidschan. Die USA haben allerdings in keinem dieser Kriege eine wirklich entscheidende Rolle gespielt, obwohl Armenien und Aserbaidschan im August eine von ihnen selber ausgehandelte Friedensvereinbarung im Weißen Haus unterschrieben. Teilweise handelt es sich auch nicht um militärisch ausgetragene Konflikte. Und endgültig gelöst sind sie sowieso nicht.

Trump zufolge hat kein anderer Politiker jemals eine vergleichbare Goßtat vollbracht. Er fühle sich selber "sehr geehrt, dass ich das geschafft habe", obwohl die Vereinten Nationen traurigerweise nicht mal versucht hätten, ihm dabei zu helfen. Viele würden sagen, dass er für jeden einzelnen dieser sieben Erfolge den Friedensnobelpreis bekommen müsse. Ihm gehe es aber gar nicht darum, Preise zu gewinnen, sondern um die Rettung von Millionen Menschenleben.

Trump hält Putin zugute, dass er nicht mit einer so langen Dauer seines Eroberungskriegs gegen die Ukraine rechnen konnte


Bisher ging man davon aus, dass China etwa 15 Prozent seines Stromverbrauchs mit Windkraft und Photovoltaik deckt. Als Trump behauptete, dass die Chinesen zwar fast alle Windkraftwerke in der Welt bauen, sie aber gar nicht selber zur Stromerzeugung nutzen würden, schwenkte die UN-Kamera kurz auf die erstaunten Gesichter der chinesischen Delegation.

Dass er ausgerechnet beim wichtigsten aller Kriege kläglich versagt hat und sich von Putin wie ein dummer Junge über den Tisch ziehen ließ, will Trump noch immer nicht wahrhaben. Er will dem russischen Diktator auch nicht die grundsätzlich guten Beziehungen aufkündigen, die sie beide stets verbunden hätten (was auch mit kompromittierendem Filmmaterial zusammenhängen könnte, das der russische Geheimdienst bei früheren Aufenthalten Trumps in Moskau angefertigt haben soll). Stattdessen will er Putin anscheinend zugute halten, dass dieser nicht mit einer so langen Dauer seines Eroberungsfeldzugs gegen die Ukraine rechnen konnte:

"Ich habe auch unermüdlich daran gearbeitet, das Töten in der Ukraine zu stoppen. Im Vergleich mit den sieben Kriegen, die ich beendet habe, dachte ich, das wäre das einfachste, wegen meiner guten Beziehungen zu Präsident Putin. Die waren immer sehr gut. Aber, wissen Sie, bei einem Krieg gibt es immer Überraschungen. Jeder hat gedacht, Russland würde den Krieg in drei Tagen gewinnen. Aber so hat es nicht funktioniert. Es sollte nur ein kurzes Gefecht sein, aber der tatsächliche Verlauf lässt Russland nicht gut aussehen. Das war etwas, was Tage oder allenfalls eine Woche hätte dauern sollen. Jetzt dauern die Kämpfe seit dreieinhalb Jahren an, und jede Woche sterben fünf- bis siebentausend Soldaten auf beiden Seiten. Und auch viele Zivilisten werden durch Raketen und Drohnen in den Städten getötet. Dieser Krieg hätte nie geschehen dürfen und wäre unter meiner Präsidentschaft auch nicht zustande gekommen."

"Alles, was ich von den UN bekam, waren eine Rolltreppe und ein Teleprompter, die nicht funktionierten"

An den Vereinten Nationen, vor deren 80. Generalversammlung er gerade sprach, ließ der US-Präsident kaum ein gutes Haar. Die UN würden zwar über große Möglichkeiten verfügen, diese aber nicht nutzen: "Sie schreiben einen geharnischten Brief, und dann folgt nichts daraus. Leere Worte lösen keine Kriege. Das einzige, was Krieg beendet, ist Handeln." Für seine Beendigung von sieben Kriegen in sieben Monaten habe er von den UN keinerlei Dank bekommen. Außerdem warf er ihnen vor, seine Firmen bei einer Auftragserteilung zur Renovierung des UN-Gebäudes nicht berücksichtigt zu haben.

Aktuell empörte sich Trump aber besonders darüber, dass die Rolltreppe plötzlich stehen blieb, als er mit seiner Frau Melania auf dem Weg zum Sitzungssaal war. Und dann habe auch noch der UN-Teleprompter versagt, von dem er seine Rede ablesen wollte:

"Alles, was ich von den Vereinten Nationen bekommen habe, war eine Rolltreppe, die auf dem Weg nach oben mitten auf der Strecke stehen geblieben ist. Wenn die First Lady nicht so gut in Form wäre, wäre sie gestürzt. Aber sie ist in Topform. Wir sind beide in Topform. Und dann noch ein Teleprompter, der nicht funktioniert hat. Das sind die beiden Dinge, die ich von den Vereinten Nationen bekommen habe: Eine kaputte Rolltreppe und einen kaputten Teleprompter. Vielen Dank."

Indessen stellte sich heraus, dass die Rolltreppe gar nicht defekt war. Vielmehr war ein US-Berichterstatter den Trumps vorausgeeilt, um sie beim Hochfahren auf der Treppe zu filmen, wobei er versehentlich den Notfall-Stopp auslöste. Und der Teleprompter, der versagte, wurde nicht von den UN betrieben, sondern vom Weißen Haus. Die Sitzungspräsidentin Annalena Baerbock, die Trumps Suada mit stoischer Ruhe ertrug und nicht einmal die maßlose Überschreitung der Redezeit rügte, wozu sie durchaus befugt gewesen wäre (Trump sprach statt der vorgesehehen 15 etwa 50 Minuten), erlaubte sich deshalb nach dem Abtritt des Möchtegern-Friedensnobelpreisträgers wenigstens einen kurzen Hinweis an das Plenum: "Keine Sorge, die UN-Teleprompter funktionieren einwandfrei."

 

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