Februar 2024

240212

ENERGIE-CHRONIK


Elf Jahre Haft für den zweiten Täter des Anschlags auf Innogy-Finanzvorstand Günther

Sechs Jahre nach der Tat hat das Landgericht Wuppertal am 19. Februar auch den zweiten Täter des Auftragsverbrechens verurteilt, bei dem am 4. März 2018 der Innogy-Finanzvorstand Bernhard Günther mit konzentrierter Schwefelsäure überschüttet und lebensgefährlich verletzt wurde (180314). Mit elf Jahren Haft bekam der 37-jährige serbische Staatsangehörige Marco L. ein ähnliches Strafmaß wie der Belgier Nuri T., der im August 2022 vom selben Gericht zu zwölf Jahren verurteilt wurde (220814). Nach wie vor unbestraft bleibt aber der Anstifter des Verbrechens, der anscheinend im beruflichen Umfeld des einstigen RWE-Managers zu suchen ist und die beiden Kriminellen mit der Erblindung und Verstümmelung des Opfers beauftragt hatte, um sich eines unliebsamen Konkurrenten zu entledigen.

Nur die Kontaktlinsen bewahrten das Opfer vor der Erblindung

"Hätte ich die Säure nicht abgewaschen, wäre von meinem Gesicht nichts übrig geblieben", erklärte Günther jetzt als Zeuge vor Gericht. Er sei nur deshalb nicht erblindet, weil er Kontaktlinsen trug. Unter weniger günstigen Umständen hätte der Anschlag sogar tödlich enden können. So überlebte er aber mit schwersten Verätzungen und musste in einer Spezialklinik mehrfach operiert werden, wobei ihm die Augenlider und Teile der Gesichtshaut durch Transplantation erneuert wurden.

Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen nach den Tätern bereits eingestellt

Gegenüber der Staatsanwaltschaft hatte Günther eine Vermutung geäußert, wer als Auftraggeber des Verbrechens den größten Nutzen gehabt haben könnte. Er ging davon aus, dass es derselbe sei, der schon 2012 einen ähnlichen Überfall veranlasste, bei dem er von zwei Männern – ebenfalls beim Joggen – zusammengeschlagen wurde. Die Ermittler konnten aber keine weiteren Anhaltspunkte finden. Es kam auch zu keiner Telefonüberwachung der betreffenden Person, da die Staatsanwaltschaft das Verbrechen nicht als versuchte Tötung, sondern nur als gefährliche Körperverletzung einstufte. Im Herbst 2018 hat sie dann die Ermittlungen vorläufig ganz eingestellt (180915). Dass diese wiederaufgenommen wurden und am Ende wenigstens zum Aufspüren und zur Verurteilung der beiden Auftragsverbrecher führten, war nur den hartnäckigen Bemühungen Günthers zu verdanken. Die RWE-Tochter Innogy unterstützte ihn dabei mit der Auslobung von zwei Belohnungen in Höhe von 80.000 bzw. 100.000 Euro für sachdienliche Hinweise aus dem kriminellen Milieu, die tatsächlich erste Hinweise auf die inzwischen verurteilten beiden Täter erbrachten (200612). Als erster wurde Marco L. verhaftet (191011), musste dann aber wegen der noch dünnen Beweislage vorübergehend wieder auf freien Fuß gesetzt werden.

Plötzlich fiel Marco L. ein, dass er gar nicht am Tatort gewesen sein könne

Beide Verurteilten legten kein Geständnis ab. Am Ende der Beweisaufnahme, als die Plädoyers beginnen sollten, stellte die Verteidigung von Marco L. sogar einen genauso überraschenden wie unglaubwürdigen Beweisantrag, wonach er am Tattag gar nicht in Düsseldorf gewesen sein könne, weil er bei einer Familienfeier in Belgrad geweilt habe, was Familienangehörige bezeugen könnten. Schon aus prozesstaktischen Gründen machten die Verurteilten deshalb keine Angaben zum Auftraggeber oder zu demjenigen, der ihnen den Auftrag übermittelte. Aber das könnte sich in den Jahren der Haft noch ändern.

 

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