November 2023

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ENERGIE-CHRONIK


Regulierungsbehörde bekommt mehr Kompetenzen

Der Bundestag beschloss am 10. November den seit Mai vorliegenden Entwurf des "Gesetzes zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts an unionsrechtliche Vorgaben und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften". Die Annahme erfolgte mit den Stimmen der Koalition gegen die von Union und AfD bei Enthaltung der Linken. Schwerpunkt des 15 Artikel umfassenden Gesetzes ist der Artikel 1, der zahlreiche Änderungen und Ergänzungen des Energiewirtschaftsgesetzes vornimmt. Vor allem setzt er das vor zwei Jahren ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs um, das die mangelnde Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur kritisierte und Deutschland zur Auflage machte, der nationalen Regulierungsbehörde für Strom und Gas mehr Kompetenzen zu übertragen (210901). Die weiteren Artikel betreffen andere Gesetze und Verordnungen, wobei die Änderungen zum Teil ebenfalls auf Befugnisse zielen, die bisher die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur einschränken.

Nach Feststellung des Europäischen Gerichtshofs wurden die 2009 in Kraft getretenen neuen EU-Richtlinien für die Binnenmärkte bei Strom und Gas (090401) durch die im Juni 2011 beschlossene Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes (110602) von der damals regierenden schwarz-roten Koalition in etlichen Punkten fehlerhaft in nationales Recht umgesetzt. Die Luxemburger Richter gaben damit in vollem Umfang den Rügen statt, mit denen die Kommission die Umsetzung der beiden Richtlinien beanstandete und die Bundesregierung wegen Vertragsverletzung verklagt hatte, als diese auf ihre Änderungswünsche nicht einging (180705).

Fünf wichtige Verordnungen zu Strom und Gas werden durch Regelungen der Bundesnetzagentur ersetzt

Eine der vier Rügen betraf die Verordnungsermächtigung nach § 24 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), auf deren Grundlage die Bundesregierung die Netzzugangsverordnungen und die Netzentgeltverordnungen für Strom und Gas sowie die Verordnung zur sogenannten Anreizregulierung erlassen hat. Nach Feststellung der Luxemburger Richter wurden damit Befugnisse, die durch das Unionsrecht den Regulierungsbehörden zugewiesen sind, unzulässigerweise auf den Verordnungsgeber verlagert. Um dies rückgängig zu machen und die Kompetenzen der Bundesnetzagentur entsprechend zu erweitern, werden diese Verordnungen nun bis Ende 2028 schrittweise außer Kraft gesetzt und durch Vorgaben der Bundesnetzagentur ersetzt.

Zunächst treten die beiden Netzzugangsverordnungen für Strom und Gas, die im Juli 2015 zusammen mit den Netzentgeltverordnungen für Strom und Gas erlassen wurden (050701), mit Ablauf des Jahres 2025 außer Kraft. Zum 31. Dezember 2027 folgen die im August 2016 erlassene Anreizregulierungsverordnung (160805) und die Gasnetzentgeltverordnung. Mit Ablauf des Jahres 2028 wird schließlich auch die Stromnetzentgeltverordnung ihre Gültigkeit verlieren, um durch entsprechende Regelungen der Bundesnetzagentur ersetzt zu werden.

Mehr Mitspracherecht für Landesregulierungsbehörden

Zugleich verstärkt die Neuregelung aber auch die Mitspracherechte der Landesregulierungsbehörden, die nach § 54 EnWG für Energieversorgungsunternehmen mit weniger als 100.000 Kunden zuständig sind und den jeweiligen Wirtschaftsministerien der Bundesländer unterstehen. Bisher ist laut diesem Paragraphen die Bundesnetzagentur nur verpflichtet, eine mehrheitliche Auffassung des Länderausschusses dieser Behörden "so weit wie möglich zu berücksichtigen". Künftig wird sie verpflichtet, "das Benehmen mit dem Länderausschuss mit dem angestrebten Inhalt der Festlegung herzustellen". Wenn das binnen zwei Wochen nicht gelingt, hat sie "die mehrheitliche Auffassung des Länderausschusses bei ihrer Festlegung entweder zu berücksichtigen oder im Rahmen ihrer Festlegung zu begründen, aus welchen Gründen dies nicht erfolgen konnte".

 

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