Oktober 2022

221006

ENERGIE-CHRONIK



Deutschland ist nicht nur ein Großverbraucher von Erdgas, sondern auch ein wichtiges Durchgangsland für Gas-Transite: Die hier dargestellten Gas-Exporte von 456.849 GWh (gelbe Kurve) flossen größtenteils nach Tschechien (59 %), gefolgt von Österreich (16 %), Schweiz (7 %), Polen (6 %), Niederlande (5 %), Dänemark (4 %) und Frankreich (3 %). Das Absacken aller drei Kurven ab Mitte Juni ist auf die drastische Kürzung und bald darauf folgende Einstellung der russischen Gaslieferungen zurückzuführen. Die im selben Zeitraum importierte Gasmenge von 2.434.258 GWh kam deshalb erstmals zum größten Teil aus Norwegen (31 %), gefolgt von Russland (25 %), Belgien (17 %), Niederlande (16 %), Tschechien (9 %) und Schweiz (1 %). Die im Inland verbleibenden Gasmengen von 1.977.409 GWh (rote Kurve) entsprachen 81 Prozent der Importmengen (blaue Kurve).

Keine Gaspipeline-Verbindung von Spanien nach Deutschland


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Das von der GRTgaz betriebene Hochdrucknetz für den Ferntransport von Gas ist insgesamt mehr als 32.000 Kilometer lang. Davon entfallen 1.161 Kilometer auf die MEGAL-Pipelines in Deutschland. Diese Karte zeigt nur das französische Netz. Das gescheiterte "Midcat"-Projekt sowie der Verbindungspunkt mit der MEGAL bei Obergailbach/Medelsheim sind rot markiert.

 

Das Projekt einer neuen Gaspipeline von Barcelona in Spanien nach Südfrankreich, die von dort aus den Weitertransport von Flüssiggas aus spanischen LNG-Terminals nach Deutschland ermöglichen würde, ist am Widerstand Frankreichs gescheitert. Kurz vor einem zweitägigen EU-Gipfel in Brüssel unternahmen die Ministerpräsidenten Spaniens und Portugals, Pedro Sánchez und António Costa, am 20. Oktober einen letzten Versuch, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron für "Midcat" zu gewinnen. So hieß das Vorhaben, weil die Leitung von Katalonien in die französische Midi-Region bei Carcassonne führen sollte, wo sie bei der Ortschaft Barbaira an das vorhandene Pipeline-Netz angeschlossen worden wäre (siehe Karte). Macron blieb jedoch bei seiner Ablehnung, obwohl sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Sánchez vor drei Wochen für das Projekt ausgesprochen hatten, das bis 2025 verwirklicht werden sollte.

Ersatzprojekt "Barmar" soll durchs Mittelmeer von Barcelona nach Marseille führen

Stattdessen vereinbarten die iberischen Ministerpräsidenten mit Macron den Bau einer durch das Mittelmeer führenden Pipeline zwischen Barcelona und Marseille, die nach den beiden Endpunkten den Namen "Barmar" trägt (siehe Karte). Dieses Projekt ist vor allem für den Transport von Wasserstoff gedacht, während bei "Midcat" der Schwerpunkt auf der Sicherstellung des deutschen Erdgasbedarfs gelegen hätte. Es würde auch keine Probleme mit der Trassenführung durch Weinberge und bewohnte Gebiete geben. Der eigentliche Grund für Macrons Ablehnung dürfte aber sein, dass er mit dem deutschen Verhalten bei der Bewältigung der Energiekrise und in anderen Fragen nicht einverstanden ist.

Seit 13. Oktober kann Deutschland auch über französische LNG-Terminals versorgt werden

Trotzdem hat Frankreich im Norden dafür gesorgt, dass über die deutsch-französische Grenze nun auch Erdgas in umgekehrter Richtung fließen kann. Bisher war das nur von Deutschland nach Frankreich möglich, wobei das Erdgas natürlich nicht aus deutscher Förderung stammte, sonden über die beiden Grenzübergänge Waidhaus und Oberkappel aus Russland kam, um dann über die MEGAL nach Frankreich exportiert zu werden. Seit 13. Oktober können an der einzigen Verbindung zwischen dem französischen und dem deutschen Ferngasnetz beim französischen Grenzpunkt Obergailbach (siehe Karte) nun auch täglich bis zu 100 Gigawattstunden in der Gegenrichtung von Frankreich nach Deutschland fließen. Damit ist es künftig möglich, den deutschen Gasbedarf auch mit Importen über die französischen LNG-Terminals zu decken.