Oktober 2022

221003

ENERGIE-CHRONIK




Ist der Wahnsinn tatsächlich zu Ende? – Die Day-ahead-Preise für Gas sanken im Oktober sogar unter das Niveau vor Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine. Die Preise für den kommenden Monat folgten dem Abwärtstrend allerdings nur zögernd. Bis auch Gas-Futures wieder weniger als 50 Euro pro Megawattstunde kosten, wie das bis August 2021 der Fall war (220302), könnte es noch einige Zeit dauern. Und auch dann wären die Erdgaspreise noch doppelt bis dreifach so hoch wie in den Jahren davor.

Großhandelspreise für Gas und Strom sinken wieder – Speicher zu 98 Prozent gefüllt

Bei den Gas- und Strompreisen zeichnete sich im Oktober eine deutliche Entspannung ab. Der Anstoß ging dabei vom Gaspreis aus, der Ende August für die vortägige Beschaffung am Spotmarkt bis auf 316 Euro pro Megawattstunde explodiert war und bis 27. Oktober auf 30 Euro zurückging. Parallel dazu sanken die Preise für den Frontmonat von 337 auf 110 Euro. Dadurch verringerte sich auch fast automatisch der vortägige Großhandelspreis für Strom, der über den Börsenmechanismus mit den Erzeugungskosten von Gaskraftwerken gekoppelt ist und am 29. August um 19 Uhr den bislang höchsten Preis von 871 Euro/MWh hervorgebracht hat. Auch der stundengewichtete Durchschnittspreis (Phelix) stieg im August auf 465 Euro/MWh. Das war ziemlich genau das Zehnfache des langjährigen Phelix-Durchschnitts vom Beginn der Spotmarkt-Notierungen im Jahr 2002 bis Ende 2020, als bei etwa 50 Euro/MWh eine Strompreis-Rallye einsetzte, die zu immer neuen Wahnsinns-Rekorden führte. Im September war dann mit 346 Euro/MWh wieder ein Rückgang festzustellen, der sich im Oktober verstärkt fortgesetzt hat. Der Phelix für alle 24 Stunden des Tages lag nun bei 152 Euro/MWh, was ungefähr dem Stand des Vorjahrs entspricht, aber noch immer viel zu hoch ist.

Für EnBW-Kunden steigt der Gaspreis erst um 34,8 und dann nochmals um 38 Prozent

Der Rückgang der kurzfristigen Großhandelspreise bedeutet allerdings nicht, dass auf die Verbraucher keine weiteren Preiserhöhungen zukommen. Diese stehen vielmehr erst bevor. So hat die Energie Baden-Württemberg (EnBW) am 11. Oktober eine weitere Preiserhöhung mitgeteilt: Ab 1. Dezember steigt der Gaspreis in der Grundversorgung gleich um 38 Prozent, obwohl er erst zum 1. Juli um 34,8 Prozent angehoben wurde. Die jährliche Gasrechnung erhöhe sich dadurch für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden auf 2.805 Euro, hieß es in der Pressemitmitteilung. Sie liege damit aber noch immer unterhalb des aktuellen Durchschnittspreises von 3.000 Euro. Die Tarife außerhalb der Grundversorgung würden sich "in ähnlicher Höhe ändern".

Volle Speicher und Wirtschaftskrise in China wirken sich günstig auf das Gasangebot aus

Der Rückgang der Gaspreise hat verschiedene Ursachen. Eine davon ist sicher auch, dass die deutschen Gasspeicher Ende Oktober zu gut 98 Prozent gefüllt waren. Damit entfallen die forcierten Gasbeschaffungen, mit denen die "Trading Hub Europe" (THE) im Auftrag der Bundesnetzagentur bisher für die Auffüllung der Speicher gesorgt und damit zugleich die Preise in die Höhe getrieben hat. Außerdem steht inzwischen mehr Flüssiggas (LNG) zur Verfügung als zunächst erwartet worden war. Das hat wiederum damit zu tun, dass in China die Konjunktur lahmt und dieser Großabnehmer in diesem Jahr wohl nur 65 statt 80 Millionen Tonnen LNG importieren wird. Vor der spanischen Küste stauten sich zeitweilig die LNG-Tanker, weil die Terminals ausgelastet waren. Wegen des temporären Überangebots sank am 24. Oktober der TTF-Preis sogar kurzzeitig in den negativen Bereich. Die Käufer erhielten dadurch das Gas kostenlos plus einer Zugabe von mehr als 10 Euro/MWh.

Es dürfte vor allem an den milden Temperaturen gelegen haben, dass der deutsche Gasverbrauch in diesem Jahr fast durchgängig niedriger war als im Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021. Wie stark die Gebäudeheizung zu Buche schlägt, zeigt der starke Verbrauchsrückgang von Haushalt und Gewerbe in der warmen Jahreszeit.

 

Links (intern)