Februar 2022

220212

ENERGIE-CHRONIK


EnBW braucht Geld und sucht deshalb Minderheitsgesellschafter für TransnetBW

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) sucht einen Minderheitsgesellschafter für den Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW, der ihr bislang zu hundert Prozent gehört. Wie sie am 23. Februar mitteilte, will sie ihren "finanziellen Spielraum für zukünftige Investitionen in das weitere Wachstum des gesamten EnBW-Portfolios erweitern". Ihre Planungen sähen vor, zwischen 2021 und 2025 rund 12 Milliarden Euro zu investieren, davon über 6 Milliarden Euro in die Strom- und Gasnetze und rund 4 Milliarden Euro in Erneuerbare Energien und "Fuel Switch-Projekte". Vor diesem Hintergrund prüfe man derzeit "Optionen, um beim Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW einen langfristigen Finanzpartner für eine Minderheitsbeteiligung von maximal 49,9 Prozent an Bord zu nehmen". Die EnBW werde aber in jedem Fall Mehrheitsgesellschafter der TransnetBW bleiben.

Es wäre praktisch eine Teilprivatisierung...

Da die EnBW ihrerseits zu praktisch hundert Prozent der öffentlichen Hand gehört, käme die Abgabe von knapp der Hälfte der Anteile an der TransnetBW einer Teilprivatisierung gleich. Die Entscheidung will jedoch reiflich überlegt sein. Der Verkauf von Geschäftsanteilen wäre nämlich nicht mehr rückgängig zu machen. Die TransnetBW verlöre damit einen besonderen rechtlichen Status, der nur einmal verliehen werden konnte und der Grund dafür ist, dass sie als einziger deutscher Übertragungsnetzbetreiber noch einem jener vier ehemaligen Verbundunternehmen gehört, aus denen auch Amprion, TenneT und 50Hertz hervorgegangen sind.

...und ein großer Schritt in Richtung eigentumsrechtliche Entflechtung

Die EnBW hat nämlich vor zehn Jahren für ihre 1998 gegründete EnBW Transportnetz AG die Entflechtungs-Option "Unabhängiger Transportnetzbetreiber" gewählt, um der eigentumsrechtlichen Entflechtung zu entgehen. Der "Unabhängige Transportnetzbetreiber" beließ den Konzernen nicht nur das Eigentum an den Netzen, sondern auch ihre herkömmliche integrierte Struktur aus Netz, Erzeugung und Versorgung. Es wurde lediglich die Einhaltung verschiedener Regeln vorgeschrieben, die garantieren sollen, daß das Netz in der Praxis unabhängig von den anderen Konzernbereichen betrieben wird. Zum Beispiel dürfen Führungskräfte in den drei Jahren vor Beginn ihrer Tätigkeit nicht beim selben Konzern angestellt gewesen sein. Anschließend dürfen sie erst nach vier Jahren zu diesem Konzern zurückkehren. Bei Verstößen gegen die Unbundling-Vorschriften kann der nationale Regulierer dem betreffenden Unternehmen bis zu zehn Prozent seines Gewinnes einziehen (090401).

Dieses Modell war die dritte und schwächste von drei Entflechtungs-Optionen. Es kam seinerzeit auf Drängen Frankreichs und Deutschlands zustande, um eine eigentumsrechtliche Entflechtung noch besser als beim Modell des ""Unabhängigen Systembetreibers" umgehen zu können. Beide Optionen konnten aber nur von solchen "vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen" in Anspruch genommen werden, die bereits beim Inkrafttreten der EU-Richtlinie am 3. September 2009 sowohl Eigentümer als auch Betreiber von Transportnetzen für Strom oder Gas waren. Dieses maßgeschneiderte Kriterium sollte in Deutschland vor allem den Konzernen RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW die Wahrung ihrer Besitzstände ermöglichen. Der RWE-Konzern war davon sogar so begeistert, dass er noch vor der Verabschiedung der EU-Richtlinie die Umstrukturierung seines Übertragungsnetzes zum "Unabhängigen Transportnetzbetreiber"ankündigte (090209). Größere Bedeutung erlangte das Modell dann aber nur im Gasbereich, wo neun von 15 Transportnetzbetreibern auf diese Weise organisiert wurden. Beim Strom machte letztendlich nur die EnBW davon Gebrauch. Im April 2013 wurde dann die Transnet BW GmbH, wie der Übertragungsnetzbetreiber nun hieß, von der Bundesnetzagentur als "Unabhängiger Transportnetzbetreiber" anerkannt, obwohl er damit eigentlich gar nicht so unabhängig war, wie die Bezeichnung suggeriert. Bis heute ist die EnBW deshalb zugleich der Eigentümer ihres Stromtransporteurs geblieben (110705). Bei RWE, E.ON und Vattenfall erledigte sich das Entflechtungsproblem bald durch den Verkauf ihrer Strom-Transportnetze, die unter den neuen Namen Amprion (110705), TenneT TSO (091101) und 50Hertz (100307) auch zu neuen Eigentümern kamen.