März 2020

200304

ENERGIE-CHRONIK




Mit einer Verringerung um 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent gegenüber dem Vorjahr sind die deutschen Treibhausgas-Emissionen 2019 so stark zurückgegangen wie seit 2009 nicht mehr, als die Wirtschaftskrise für eine vorübergehende Absenkung sorgte. In diesem Jahr ist als Folge der Corona-Epidemie mit einer noch wesentlich stärkeren Minderung zu rechnen, die aber ebenfalls nur so lange wie die dadurch ausgelöste Rezession anhält und nicht als echter Beitrag zum Klimaschutz gelten kann (siehe 200305).

Deutsche Treibhausgas-Emissionen sanken 2019 um 6,3 Prozent

Am 16. März veröffentlichten das Umweltbundesamt und das Umweltministerium gemeinsam die vorläufige Treibhausgas-Bilanz des Umweltbundesamtes für das Jahr 2019. Demnach sind die deutschen Emissionen um 6,3 Prozent auf rund 805 Millionen Tonnen zurückgegangen (siehe Grafik). Entscheidenden Anteil daran hatte wiederum die Energiewirtschaft, die ihren Ausstoß gegenüber dem Vorjahr um rund 17 Prozent verringern konnte.

Erneuerbare und Gas verdrängen die unwirtschaftlicher gewordene Kohle

Wesentlicher Treiber dieser Minderung ist der deutlich gestiegene Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion, der 2019 allerdings nicht in erster Linie durch den Bau neuer Anlagen, sondern durch ein besonders wind- und sonnenreiches Wetter verursacht wurde. Ein weiterer wesentlicher Faktor war der Einsatz von weniger emissionsintensiven Gaskraftwerken anstelle von Kohlekraftwerken. Hier machte sich neben niedrigen Weltmarktpreisen für Gas vor allem die bisher erfolgreiche Reform des europäischen Emissionshandels bemerkbar, die in der gesamten EU zu höheren Kohlendioxid-Preisen geführt hat (200202). Der Durchschnittspreis für eine Tonne CO2 war deshalb mit 24,65 Euro fast doppelt so hoch wie 2018, was den Betrieb von Kohlekraftwerken häufig teurer machte als den von Gaskraftwerken. Im Verlauf des Jahres 2019 wurden Steinkohlekraftwerke mit insgesamt 3,5 Gigawatt Leistung stillgelegt oder in die Netzreserve überführt (180204). Auch die Überführung weiterer Braunkohleblöcke in die "Sicherheitsbereitschaft" hat zur Minderung beigetragen (160503).

Industrie verbrauchte weniger fossile Brennstoffe

Im Sektor Industrie gingen die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um über 7 Millionen Tonnen zurück (minus 3,7 Prozent). Zum großen Teil ist dieser Rückgang auf rückläufige Brennstoffnutzung für Industriefeuerungen und geringere Stromerzeugung in den Industriekraftwerken zurückzuführen. Im Bereich der Prozessemissionen sanken diese insbesondere in der Stahlindustrie. In der mineralischen Industrie, wie auch in der chemischen Industrie ergeben sich ebenfalls leichte Rückgänge der Treibhausgasemissionen.

Anstieg bei Gebäuden und Verkehr

Die Emissionen aus dem Gebäudebereich stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 5 Millionen Tonnen (plus 4,4 Prozent). Ein wesentlicher Treiber waren dabei die gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegenen Heizölabsätze. Das lag vor allem am Preis: 2019 war der Heizölpreis deutlich niedriger als 2018. Daneben spielte auch die Witterung eine Rolle: Nach dem außergewöhnlich warmen Jahr 2018 war es 2019 in vielen Teilen Deutschlands wieder etwas kühler.

Die Treibhausgasemissionen des Verkehrs lagen mit 163,5 Millionen Tonnen leicht höher als im Vorjahr (+0,7 Prozent). Zwar kamen sparsamere Fahrzeuge auf den Markt. Parallel dazu nahm aber der Kfz-Bestand um 1,6 Prozent zu, weshalb mehr Benzin und Diesel verbraucht wurde.

Rückgang bei Landwirtschaft und Abfällen

Im Sektor Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um 2,3 Prozent auf 68,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zurück. Gründe dafür waren sinkende Tierbestände bei Rindern (-2,6 Prozent) und bei Schweinen (-2,0 Prozent) sowie ein um 10,3 Prozent zurückgegangener Mineraldüngerverkauf. Tieferliegende Ursachen waren anscheinend die der sehr trockene Witterung mit einem Mangel an Tierfutter, geringe Marktpreise und die Verschärfung der Düngeverordnung von 2017.

Die Emissionen des Abfallsektors sanken gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Millionen Tonnen bzw. um 4,7 Prozent. Trendbestimmend waren dabei die Emissionen der Abfalldeponierung, die um 5,9 Prozent weiter zurückgingen. Bei den anderen Kategorien gab es kaum Veränderungen.

Auch weniger Methan, Lachgas und F-Gase

In allen Bereichen der Treibhausgas-Palette war ein Rückgang der Emissionen festzustellen. Beim dominierenden Kohlendioxid betrug er nahezu 50 Millionen Tonnen (-6,6 Prozent). Die Methan-Gesamtemissionen waren um 2,5 Millionen Tonnen geringer (-4,7 Prozent). Lachgas verringerte sich um 1,3 Millionen Tonnen (-3,5 Prozent) und die Gesamtheit der F-Gase sank um nahezu 0,3 Millionen Tonnen.

Endgültiges Ergebnis wird erst 2021 vorliegen

Die jetzt genannten Daten stellen nur "die gegenwärtig bestmögliche Schätzung" dar. Die vollständigen, offiziellen und detaillierten Inventardaten zu den deutschen Treibhausgasemissionen im Jahr 2019 veröffentlicht das Umweltbundesamt erst am 15. Januar 2021 – parallel zu deren Übermittlung an die Europäische Kommission. Ähnlich verhält es sich mit früher genannten Zahlen. Zum Beispiel haben sich die Gesamtemissionen des Jahres 2018, die das Amt im April 2019 mit 866 Millionen Tonnen Jahr 2018 bezifferte (190414), bei der endgültigen Berechnung auf 858 Millionen Tonnen verringert (siehe Grafik).

 

Links (intern)

zu deutschen CO2-Emissionen insgesamt

zu deutschen CO2-Emissionen im ETS-Bereich

zu deutschen CO2-Emissionen im Nicht-ETS-Bereich

zu CO2-Emissionen aller EU-Staaten