Juli 2017

170710

ENERGIE-CHRONIK


Vattenfall muß Berliner Fernwärmenetz nicht abgeben

Das Land Berlin hat keinen Anspruch auf die Herausgabe des Fernwärmenetzes durch die Vattenfall Europe Wärme AG. So entschied am 30. Juni die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin. Nach Ansicht der Kammer ist der 2014 ausgelaufene Konzessionsvertrag zu unklar formuliert, um einen solchen Anspruch begründen zu können. Außerdem sei die sogenannte Endschaftsbestimmung im Konzessionsvertrag durch eine 2006 abgeschlossene Ergänzungsvereinbarung ohnehin entfallen.

Als der Senat 1994 mit der Berliner Kraft- und Licht-Aktiengesellschaft (Bewag) den fraglichen Konzessionsvertrag abschloß, war diese noch ein landeseigenes Unternehmen. Drei Jahre später verkaufte er seine Mehrheitsbeteiligung an der Bewag (970501), die schließlich mit HEW, Veag und Laubag zur "Vattenfall Europe" verschmolzen wurde (020106). Dadurch ging der Konzessionsvertrag auf Vattenfall über. Seit 2005 gibt es die Bewag auch als bloße Marke nicht mehr (051113).

Unklare Endschaftsbestimmung im Konzessionsvertrag

Der Vertrag gewährte dem Konzessionsinhaber das Recht, gegen Zahlung einer Konzessionsabgabe die öffentlichen Straßen und Plätze zu benutzen, um die zur Versorgung mit Strom und Wärme dienenden Anlagen zu errichten und betreiben. Außerdem räumte er in der Endschaftsbestimmung dem Land Berlin das Recht ein, die im Versorgungsgebiet vorhandenen Energieversorgungsanlagen gegen angemessene Erstattung ihres Wertes zu übernehmen, falls nach Ablauf des Vertrages im Jahr 2014 kein neuer Konzessionsvertrag geschlossen werden sollte.

Aus der zeittypisch etwas unklaren Formulierung des Vertrags, der hauptsächlich mit Blick auf die Stromversorgung abgefaßt wurde und in dem nur allgemein von Energieversorgungsanlagen die Rede ist, scheint das Verwaltungsgericht nun die Unwirksamkeit der Endschaftsbestimmung für das Fernwärmenetz abzuleiten. Es habe "sich nicht erweisen lassen, dass die in der Endschaftsbestimmung genannten Energieversorgungsanlagen die Fernwärme umfassten", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Dies gehe zu Lasten des Klägers. Unabhängig davon sei die in der Endschaftsbestimmung vereinbarte Verpflichtung zur Herausgabe der Energieversorgungsanlagen durch eine Ergänzungsvereinbarung aus dem Jahr 2006 ungültig geworden, die den ursprünglichen Konzessionsvertrag den neuen Anforderungen an die Entflechtung von Erzeugung und Vertrieb anpassen sollte.

Urteil kostet den Senat 600.000 Euro Anwalts- und Gerichtskosten

Der Senat hatte für die Herausgabe des Fernwärmenetzes 1,3 Milliarden Euro angeboten. Erzeugung und Vertrieb der Fernwärme wären bei Vattenfall geblieben. Das Unternehmen lehnte jedoch ab, weshalb der Senat den Klageweg beschritt. Wegen des hohen Streitwerts kostet ihn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nun rund 600.000 Euro Anwalts- und Gerichtskosten. Eine Berufung wurde nicht zugelassen. Nach Vorliegen des schriftlichen Urteils will der zuständige Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) entscheiden, ob er Berufungsbeschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegt.

 

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