Dezember 2016

161205

ENERGIE-CHRONIK


Geändertes Konzessionsrecht beschränkt weiterhin die kommunale Selbstverwaltung

Mit den Stimmen der Großen Koalition verabschiedete der Bundestag am 1. Dezember das "Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung". Es ändert jene Teile des Energiewirtschaftsgesetzes, welche die Vergabe von Strom- und Gasnetzkonzessionen durch die Gemeinden regeln. Union und SPD wollen damit für eine größere Rechtssicherheit auf diesem Gebiet sorgen, wie sie dies vor drei Jahren im Koalitionsvertrag vereinbart haben (131101). Neben partiellen Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Zustand schufen sie aber auch neuen Konfliktstoff für juristische Auseinandersetzungen. Vor allem weigerten sie sich beharrlich, den Gemeinden den Vorrang beim Betrieb der lokalen Strom- und Gasverteilernetze einzuräumen, was diesen aufgrund des verfassungsmäßigen Rechts auf kommunale Selbstverwaltung sowie als originären Inhabern des Wegenutzungsrechts zustehen würde. Die Oppositionsparteien Linke und Grüne haben das Gesetz deshalb abgelehnt und scharf kritisiert.

Maßgeblich für den Kaufpreis der Netze ist künftig nicht der Sach-, sondern der Ertragswert

Die wichtigste Neuerung betrifft den Kaufpreis, den ein neuer Konzessionär für die Übernahme des Strom- oder Gasnetzes zu zahlen hat. Die bisherige Formulierung in § 46 EnWG sprach lediglich von einer "wirtschaftlich angemessenen Vergütung". Die Altkonzessionäre haben diese schwammige Formulierung oft ausgenutzt, um eine überhöhte Vergütung in Form des "Sachzeitwerts" zu verlangen (100613, 950709, 950411). Nun wird klargestellt, daß es sich um den "objektivierten Ertragswert" handelt, für den nicht der Sachzeitwert, sondern die zu erzielenden Erlöse maßgeblich sind.

Altkonzessionäre müssen alle notwendigen Daten rechtzeitig zur Verfügung stellen

Der neue § 46a präzisiert den Auskunftsanspruch der Kommunen, wenn es um die Berechnung des Netzwerts geht. Die bisherige Fassung ließ weitgehend offen, wie umfangreich und detailliert die Daten sein müssen. Damit war es Altkonzessionären möglich, durch Datenzurückhaltung eine rechtzeitige Berechnung des Netzwerts verhindern. Der folgende § 47 wurde ebenfalls neu eingefügt und verkürzt die Fristen, innerhalb derer eine Konzessionsvergabe angefochten werden kann.

Pflicht zur Zahlung der Konzessionsabgabe endet erst mit dem Eigentümerwechsel

In § 48 verpflichtet ein neuer Absatz 4 den bisherigen Netzbetreiber solange zur Zahlung der Konzessionsabgabe, bis das Netz auf den neuen Konzessionär übertragen ist. Bisher erlosch dieser Anspruch ein Jahr nach Auslaufen des Konzessionsvertrags. Dadurch verloren Gemeinden diese Einnahmequelle, wenn es bis dahin zu keiner Einigung gekommen war. Für die Altkonzessionäre war das ein willkommenes Druckmittel und häufig der Grund, um die Verhandlungen absichtlich zu verzögern.

Klare Absage an Inhouse-Vergabe und Rekommunalisierung der Energieversorgung

Im übrigen beschert die Neuregelung den Kommunen keine Verbesserungen. In § 46 Abs. 4 heißt es nun zwar, daß bei der Konzessionsvergabe "auch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" berücksichtigt werden könnten. Das ist aber eine höchst nebulöse Formulierung, an der wahrscheinlich nur Anwälte ihre Freude haben werden. Dasselbe gilt für die Einschränkung, daß dies "unter Wahrung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz" zu geschehen habe. Unter den gegebenen Umständen kann diese Formulierung nur den Sinn haben, jede tatsächliche Berücksichtigung von kommunalen Interessen zu unterbinden.

In seinem Redebeitrag machte der Unionsabgeordnete Ingbert Liebing keinen Hehl daraus, daß den Kommunen weiterhin verwehrt bleiben soll, den Strom- und Gasnetzbetrieb ohne förmliches Ausschreibungsverfahren selber zu übernehmen: "Die Vorschläge der Fraktion der Linken für Inhouse-Vergabe und Rekommunalisierung haben wir ausdrücklich nicht aufgenommen, und zwar aus gutem Grund, denn es geht hier nicht um das Ziel Rekommunalisierung, sondern um das Ziel Rechtssicherheit in einem Wettbewerbsverfahren."

 

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