Juni 2015

150606

ENERGIE-CHRONIK


Kernkraftwerk Grafenrheinfeld endgültig vom Netz

E.ON hat am 27. Juni das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld endgültig abgeschaltet. Nach dem vor vier Jahren novellierten Atomgesetz (110601) hätte der am Main in der Nähe von Schweinfurt gelegene Druckwasserreaktor mit einer Nettoleistung von 1235 MW erst zum Jahresende stillgelegt werden müssen. Ende März überraschte E.ON jedoch mit der Mitteilung, ihn schon bis Ende Mai abzuschalten, weil sich der dann anstehende Wechsel von Brennelementen wegen der darauf zu entrichtenden Brennelementesteuer nicht mehr lohne (140314). Dieser Termin wurde dann um einen Monat verschoben, weil das Kernkraftwerk wegen des warmen Winters weniger Strom produziert hatte, wodurch sich eine höhere Restverfügbarkeit des Kernbrennstoffs ergab.

Das KKW Grafenrheinfeld wurde vom damaligen Verbundunternehmen Bayernwerk errichtet und Ende 1981 in Betrieb genommen. Mit der Verschmelzung der beiden Energiekonzerne Viag und Veba samt deren Stromtöchtern Bayernwerk und PreussenElektra gelangte es zur E.ON Kernkraft GmbH (000704), die inzwischen nur noch die Reaktoren Brokdorf, Grohnde und Isar 2 betreibt sowie für die bereits stillgelegten Kernkraftwerke Stade, Würgassen, Unterweser und Isar 1 zuständig bleibt.

Stromerzeugung bis zuletzt auf hohem Niveau – obwohl Vollast die Ausnahme war


Das KKW Grafenrheinfeld mit dem Reaktorgebäude, den beiden Kühltürmen und dem 160 Meter hohen Abluftkamin.
Foto: Wikipedia/Avda

Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld erzeugte bis zum Ende seines Leistungsbetriebs mehr als 333 Milliarden Kilowattstunden Strom. Im Schnitt lag die Stromproduktion pro Jahr bei rund 10 Milliarden Kilowattstunden. Im vergangenen Jahr erzielte das Kernkraftwerk mit 10,4 Milliarden Kilowattstunden nochmals ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis und das zehntbeste seit Inbetriebnahme der Anlage im Jahr 1981 – und das, obwohl der Reaktor, der anfangs nur mit Vollast gefahren wurde, zunehmend auch zum Ausgleich von Lastschwankungen beitragen mußte.

Nach Angaben von E.ON mußte Grafenrheinfeld im vergangenen Jahr an insgesamt 257 Tagen die Produktion drosseln, um die die zeitlich schwankende Stromeinspeisung aus erneuern Energien auzugleichen. Insgesamt habe das Kraftwerk dadurch ca. 202 Millionen Kilowattstunden Strom weniger erzeugt, als bei Vollast möglich gewesen wäre. Dieser Wert habe sich innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als verdoppelt. In Relation zum Jahresergebnis 2014 bedeutet dies freilich nur einen Verlust von knapp zwei Prozent.

Phasenschieber und "SuedLink" füllen entstandene Lücke im Netz

Die Bundesnetzagentur hatte das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld nicht als "systemrelevant" eingestuft und gegen die vorzeitige Stillegung keinen Einspruch erhoben. In der Tat kann angesichts der vorhandenen Überkapazitäten an konventioneller Kraftwerksleistung auf dieses und weitere Kernkraftwerke in der deutschen Stromerzeugungsbilanz verzichtet werden. Dennoch entsteht mit der Abschaltung eine systemtechnische Lücke im Netz. Die bisher vom KKW bereitgestellte Blindleistung wird deshalb durch einen Phasenschieber ersetzt (140811). Die am Netzknoten Grafenrheinfeld entfallende Einspeisung soll bis 2019 dadurch kompensiert werden, daß eine der beiden "SuedLink"-Leitungen hier endet (131002, 150204).

Links (intern)