Dezember 2014

141209

ENERGIE-CHRONIK


Berlin stellt sich bei der Rekommunalisierung der Energieversorgung äußerst ungeschickt an

Der Berliner Senat durfte die Konzession für den Betrieb des Gasnetzes nicht an die landeseigene "Berlin Energie" vergeben, weil diese nur ein unselbständiger Teil der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ist und kein Eigenbetrieb im Sinne von § 46 Abs. 4 des Energiewirtschaftsgesetzes. Es bestünden deshalb begründete Zweifel an ihrer Bieterfähigkeit. Mit dieser Begründung machte das Landgericht Berlin am 9. Dezember die Konzessionsvergabe rückgängig und gab insoweit der Klage des bisherigen Gasnetzbetreibers Gasag statt.

In der Tat verbirgt sich hinter der "Berlin Energie", die von der vormalige Senatskoalition aus SPD und Linken im März 2012 ins Leben gerufen wurde, nur eine kleine Abteilung der Senatsverwaltung, die zur Übernahme des Netzbetriebs gar nicht fähig wäre. Ersatzweise sollte von der Gasag nicht nur deren Netz, sondern auch das gesamte Betriebspersonal übernommen werden. Dieses Konzept war zwar vom angestrebten Ergebnis her überzeugend und politisch mehrheitsfähig, aber juristisch von einer erstaunlichen Ungeschicklichkeit, wie das jetzt ergangene Urteil zeigt. Es ignorierte vor allem die hohen Hürden für eine Rekommunalisierung der Energieversorgung, die der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2013 errichtet hat (131208).

Der Gasag wurde es so ermöglicht, den Preis für die Überlassung einer Mehrheitsbeteiligung an "Berlin Energie" – was das eigentliche Ziel der Konzessionsvergabe sein dürfte – per Anfechtungsklage möglichst hoch zu treiben. Die einst kommunale Gasag war 1994 (940212) und 1998 (940212) in zwei Etappen privatisiert worden. Heutige Eigentümer sind E.ON (36,85 Prozent) sowie Vattenfall und der französische Energiekonzern GDF Suez (jeweils 31,575 Prozent).

Auch für die Stromkonzession müssen nun andere Wege gefunden werden

Die Senatsabteilung "Berlin Energie" hat sich auch um die Konzession für das Berliner Stromnetz beworben, die 2015 neu vergeben wird und bisher Vattenfall gehört. Die Senatsfinanzverwaltung hat jedoch im August die weiteren Gespräche mit Bewerbern gestoppt. Ihr scheint schon damals geschwant zu haben, daß sie die Anfechtungsklage der Gasag verlieren wird. Das jetzt ergangene Urteil wäre eine Steilvorlage für Vattenfall, falls die Stromkonzession in derselben Weise verliehen würde.

Neben der zweifelhaften Bieterfähigkeit der "Berlin Energie" monierte das Gericht in der mündlichen Verhandlung Mängel des Vergabeverfahrens. Auch bei der Vergabeentscheidung seien Mängel festzustellen. So habe ein Finanzierungskonzept gefehlt, das Angebot sei für eine Vergabe nicht ausreichend verbindlich gewesen und die Bewertungsabschläge bei der Punktevergabe seien nicht nachvollziehbar gewesen.

Allerdings hat das Landgericht den Hauptantrag der Gasag abgelehnt, ihr erneut die Konzession für das Gasnetz zu übertragen. Es respektierte damit § 9 Abs. 3 des "Berliner Energiespargesetzes", wonach der Abschluß von Konzessionsverträgen der vorherigen Zustimmung des Abgeordnetenhauses bedarf.

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