Juli 2014

140709

ENERGIE-CHRONIK


Windpark-Projektierer Juwi in Schwierigkeiten

Der Wind- und Solarparkprojektierer Juwi kämpft mit erheblichen finanziellen Problemen. Am 1. Juli kündigte das Unternehmen ein umfangreiches Programm zur Restrukturierung und Kostensenkung an. Es sieht die Streichung von 400 der insgesamt etwa 1.500 Arbeitsplätze vor, davon rund 250 am Stammsitz Wörrstadt in Rheinland-Pfalz. Die Auslandsaktivitäten sollen mit Blick auf eine Schließung oder Reduzierung überprüft werden. Nicht zum Kerngeschäft gehörende Bereiche wie Windenergieanlagen-Türme, Unterkonstruktionen für Solaranlagen und das Vertriebsgeschäft mit juwi-Strom werden ausgegliedert. Vor allem wird "zur Stärkung der Eigenkapitalquote" ein finanzkräftiger Investor gesucht, was bedeuten würde, daß die beiden bisherigen Alleineigentümer auf mehr oder minder große Teile des Unternehmens verzichten.

Zwei Vorstände müssen auf Druck der Banken gehen


Mit seinem "unmoralischen Angebot an die Kanzlerin" ging Juwi-Eigentümer Matthias Willenbach kein sonderliches Risiko ein, erzielte aber einen großen PR-Erfolg. Etwas anders verhielt es sich mit seinem Angebot an den CDU-Politiker Christian Köckert, für 80.000 Euro als Windkraft-Lobbyist tätig zu werden. Die Staatsanwaltschaft sieht darin strafbare Vorteilsgewährung.

Die Firma Juwi wurde 1996 von Fred Jung und Matthias Willenbacher gegründet (daher der Name). Wichtigstes Geschäftsfeld war die Projektierung von Solar- und Windenergieanlagen, die entweder verkauft oder selber betrieben wurden. Zum Beispiel hat Juwi den seinerzeit weltweit größten Solarpark Waldpolenz bei Leipzig errichtet (080616). Bald darauf verlagerte sich aber der Schwerpunkt von den Solar- auf die Windparks. Bislang hat das Unternehmen nach eigenen Angaben rund 770 Windenergie-Anlagen mit einer Leistung von knapp 1.600 Megawatt an über 100 Standorten realisiert. Im Solarbereich waren es mehr als 1.500 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 1.400 Megawatt.

Das nunmehr beschlossene Sanierungskonzept wurde auf Druck der Banken ausgearbeitet und beruht auf Empfehlungen der Unternehmensberatung Roland Berger. Das Stühlerücken im Vorstand erfolgt vor demselben Hintergrund: Der Finanzchef Martin Winter und der Organisationsvorstand Jochen Magerfleisch sind zum 30. Juni ausgeschieden. Nachfolger wurden Stefan Gros und Stephan Hansen. Gros gilt als Vertrauensmann der Unternehmensberatung Roland Berger.

"Unmoralisches Angebot" an die Kanzlerin wurde zum Bestseller

Im vergangenen Jahr hatte Juwi-Eigentümer Matthias Willenbacher mit dem Buch "Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin" von sich reden gemacht. Darin versprach er, seine Juwi-Anteile komplett an Energiegenossenschaften zu verschenken, wenn die Bundesregierung die Energiewende bis 2020 durchsetze. Das Risiko, seine Anteile verschenken zu müssen, war sicher minimal. Er schaffte es aber auf die "Spiegel"-Bestsellerliste und verhalf der Firma Juwi zu viel positiver Publizität.

Bestechungsaffäre ist für Willenbacher noch nicht ausgestanden

Der PR-Erfolg mit dem "unmoralischen Angebot" an die Kanzlerin wurde allerdings beeinträchtigt durch die Staatsanwaltschaft Erfurt, die vor einem Jahr Willenbacher gemeinsam mit dem früheren thüringischen Innenminister Christian Köckert (CDU) in einer Bestechungsaffäre anklagte. Köckert wurde vorgeworfen, als ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Eisenach und Mitglied der regionalen Planungsversammlung seine Amtspflichten verletzt zu haben, indem er die Firma Juwi begünstigte, die ihn als Berater angeworben hatte. Insbesondere soll er die Ausweisung von Windvorranggebieten um Eisenach im Sinne des Unternehmens beeinflußt haben. Der Vorwurf gegenüber Willenbacher lautete auf Bestechung bzw. "Vorteilsgewährung" nach § 333 StGB. Köckert wurde im Januar 2014 vom Landgericht Meiningen wegen Vorteilsannahme zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren gegen Willenbacher war zuvor abgetrennt worden. Auf Anfrage zum aktuellen Stand der Dinge erklärte Juwi, daß über eine Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Willenbacher bislang nicht entschieden worden sei.

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