November 2013

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ENERGIE-CHRONIK


Große Koalition will Marktanteil der Erneuerbaren durch "Ausbaukorridore" gesetzlich festlegen

Zwei Monate nach der Bundestagswahl und fünf Wochen nach Verhandlungsbeginn einigten sich CDU/CSU und SPD am 27. November auf ein gemeinsames Regierungsprogramm. Der Koalitionsvertrag muß allerdings erst noch bis Mitte Dezember in einer Urabstimmung von den Mitgliedern der SPD gebilligt werden, bevor er verbindlich wird und es zu der geplanten schwarz-roten Koalition kommen kann. Von den 185 Seiten des Dokuments befassen sich zwölf mit den beabsichtigten Weichenstellungen in der Energiepolitik (siehe Wortlaut). Ein besonderer Schwerpunkt ist die Reformierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die bis Ostern vorgelegt und bis Sommer 2014 vom Bundestag beschlossen werden soll. In der neuen Fassung soll das Gesetz den Ausbau aller erneuerbaren Stromquellen durch das Einziehen von "Korridoren" so steuern, wie das heute bereits bei der Photovoltaik der Fall ist (131108).

Die Stichworte des energiepolitischen Kapitels im Koalitionsvertrag

 

Der Ausbaukorridor soll gesetzlich so festgelegt werden, daß die Erneuerbaren bis zum Jahr 2025 einen Marktanteil von 40 bis 45 Prozent erreichen. Bis 2035 sollen es dann 55 bis 60 Prozent sein. Das entspräche ungefähr der bisherigen Regelung, die in § 1 EEG vorsieht, bis spätestens 2020 einen Marktanteil von 35 Prozent zu erreichen, und von 50 Prozent bis 2030. Faktisch würde damit aber das Wachstum der erneuerbaren Energien, die vom Inkrafttreten des ersten EEG im Jahr 2000 bis 2012 ihren Anteil an der Stromerzeugung von 6,6 auf 22,6 Prozent und damit um das Dreieinhalbfache steigern konnten, in den folgenden 13 Jahren bis 2025 auf eine Verdoppelung des gegenwärtigen Marktanteils beschränkt und somit gebremst.

Windkraft-Förderung soll auf gute Standorte beschränkt werden

Abstriche sind vor allem bei der Windenergie geplant. Für landgestützte Anlagen sollen die Fördersätze gesenkt und das Referenzertragsmodell so umgestaltet werden, "daß bundesweit die guten Standorte mit einem Referenzwert von 75 bis 80 Prozent auch zukünftig wirtschaftlich genutzt werden können". Offenbar ist damit die Wiedereinführung des von 2004 bis 2011 geltenden Mindestertrags gemeint, den eine Windkraftanlage an einem bestimmten Standort erbringen muß (040602). Zuletzt war diese Regelung in § 29 Abs. 3 des alten EEG verankert. Zugleich würde dieser Mindestertrag von 60 auf 75 Prozent angehoben.

"Das bedeutet, daß künftig nur noch in absoluten Top-Lagen die Windkraft im Binnenland wirtschaftlich betrieben werden kann", kritisierte die Erneuerbare-Energien-Vereinigung Eurosolar. "Schon der Referenzwert von 60 Prozent im alten EEG hat dazu geführt, daß der Windkraftausbau in den süddeutschen Bundesländern komplett zum Erliegen gekommen ist. Der Wert von nun 75 Prozent (!) würde den Ausbau in den süd- und mitteldeutschen Bundesländern bis auf sehr wenige Top-Standorte beenden."

Nur noch 15 statt 25 Gigawatt Offshore-Leistung bis 2030

Mit Blick auf die erheblichen Verzögerungen beim Bau von Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee wird das Ausbauziel bis 2020 auf eine Gesamtleistung von 6,5 Gigawatt (GW) reduziert. Bis 2030 sollen es dann 15 GW sein. Im Energiekonzept der bisherigen Bundesregierung war dagegen vorgesehen, die Offshore-Windleistung bis 2030 auf 25 GW auszubauen (100902). Die Koalitionsparteien gehen bei der neuen Zielmarkierung davon aus, daß im Durchschnitt pro Jahr zwei Windparks mit einer Leistung von jeweils 400 Megawatt (MW) erstellt werden.

"Stauchungsmodell" wird um zwei Jahre verlängert

Außerdem soll für Offshore-Projekte das sogenannte Stauchungsmodell um zwei Jahre verlängert werden. Die Anlagenbetreiber hätten somit bis Ende 2019 die Wahl, ob sie eine Vergütung von 15 Cent/kWh über zwölf Jahre oder von 19 Cent/kWh über acht Jahre bevorzugen. Mit der Möglichkeit einer höheren Anfangsvergütung soll die Finanzierung durch Banken erleichtert werden.

Eindämmung des Anbaues von Energiepflanzen

Die Kritik an der "Vermaisung" der Landschaft und anderen nachteiligen Folgen der Biomasse-Förderung (120711) will die Koalition berücksichtigen, indem sie den Zubau künftig "überwiegend auf Abfall und Reststoffe begrenzt". Damit soll der zunehmenden Zweckentfremdung von landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Energiepflanzen Einhalt geboten werden.

Keine Änderungen sind bei Photovoltaik und Wasserkraft vorgesehen. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen hätten sich bewährt und würden beibehalten, heißt es dazu.

Großverbraucher zahlen weiterhin nur minimale EEG-Umlage

Die bisherigen Bonusregelungen im EEG will die Koalition "überprüfen und weitgehend streichen". Ferner soll das sogenannte Grünstromprivileg ganz entfallen. Nur geringe Abstriche sind dagegen bei der "besonderen Ausgleichsregelung" zu erwarten. Die Koalition will hier anscheinend vor allem dafür sorgen, daß die weitgehende Befreiung der industriellen Großverbraucher von der EEG-Umlage "europarechtlich abgesichert" wird. Stattdessen sollen künftig "alle neuen Eigenstromerzeuger mit einer Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG beitragen".

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