September 2013

130903

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Mit dem Ende der DDR ging die Braunkohleförderung in den Revieren Mitteldeutschland (Mibrag) und Lausitz (Laubag bzw. Vattenfall) stark zurück. In den alten Bundesländern – deren Anteil in dieser Grafik durch die weiße Linie markiert wird – blieb sie dagegen auf annähernd demselben Niveau. Sie entfällt hier zu fast hundert Prozent auf das rheinische Revier (Rheinbraun bzw. RWE). Die drei weiteren Reviere um Helmstedt, in Hessen und Bayern spielten nie eine bedeutende Rolle. In den beiden letzteren wurde mit der Braunkohleverstromung auch die Förderung inzwischen ganz eingestellt. Das Helmstedter Revier wird voraussichtlich bis 2017 erschöpft sein. Die Mibrag, die es soeben gekauft hat, will dann aber das dazugehörige Kraftwerk Buschhaus mit mitteldeutscher Braunkohle weiter betreiben (130907).

Quelle: www. kohlenstatistik.de

Harte Auseinandersetzung um Erweiterung des Tagebaues Welzow-Süd

In Brandenburg endete am 17. September das zweite Beteiligungsverfahren zur geplanten Erweiterung des Tagebaues Welzow-Süd durch den Braunkohleförderer Vattenfall Mining Europe AG. Gegner und Befürworter des Vorhabens reichten dazu mehr als 185.000 Einwendungen bzw. Stellungnahmen ein. Im ersten Beteiligungsverfahren vor einem Jahr waren es nur 5.000 gewesen. Der Braunkohlenausschuß der Gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg hatte das Verfahren wiederholt, weil Vattenfall im ersten Durchgang die energiepolitische Notwendigkeit des Vorhabens inklusive Umsiedlungen und Abbaggerungen von Dörfern nicht überzeugend begründen konnte.


Auf die Proteste gegen die Erweiterung von Welzow-Süd reagierten Landesregierung und Vattenfall mit einer Vereinbarung, welche die Verringerung der CO2-Emissionen verspricht. Substantiell enthält das Papier freilich nicht viel. Das Foto zeigt v.l.n.r. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka und den für die Braunkohleförderung verantwortlichen Vattenfall-Manager Hartmuth Zeiß bei der Unterzeichnung der Vereinbarung.

Foto: Vattenfall

Der größte Teil der Einwendungen – insgesamt 119.000 – wurde von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen vorgelegt. Sie richten sich im wesentlichen gegen das Unterlaufen der Klimaschutzziele durch Aufrechterhaltung der Braunkohleverstromung, eine Erdrutschgefahr für das Dorf Lieske, befürchtete Gebäudeschäden, eine drohende Versauerung des Grundwassers und die Umsiedlung der 343 Einwohner des Dorfes Proschim.

Auf der anderen Seite organisierte der Verein "Pro Lausitzer Braunkohle" – dem Wirtschaftsverbände, Bergbaugewerkschaft und sonstige Befürworter der Kohleverstromung angehören – rund 66.000 positive Stellungnahmen. Die Gemeinsame Landesplanung will nun noch in diesem Jahr in Cottbus einen zweiten Erörterungstermin durchführen. Wenn alles im Sinne von Vattenfall und der SPD-geführten Landesregierung verläuft, werden das Kabinett und der Landtag die beantragte Erweiterung des Tagebaues im ersten Halbjahr 2014 bestätigen.

Vattenfall will "Schwarze Pumpe" bis 2042 betreiben können

Vattenfall will mit der seit 2006 beabsichtigten Erweiterung von Welzow-Süd weitere 200 Millionen Tonnen Braunkohle gewinnen, um den Industriepark Schwarze Pumpe zu versorgen. Insbesondere soll die Brennstoffversorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe (980609) bis zum Ende der voraussichtlichen Laufzeit der beiden 800-MW-Blöcke im Jahr 2042 gesichert werden. Die Verwirklichung des Plans würde die Umsiedlung von über 800 Einwohnern der Stadt Welzow mit der kompletten Abbaggerung des dörflichen Stadtteils Proschim voraussetzen.

Der Widerstand eines großen Teils der betroffenen Einwohner und Gewerbebetriebe gegen die Umsiedlung erhält kräftige Unterstützung durch Umweltorganisationen, die in der Braunkohleverstromung ein Haupthindernis der Energiewende sehen. So blockierten Greenpeace-Aktivisten am 16. September stundenlang den Abtransport der Braunkohle aus dem Tagebau Welzow-Süd, indem sie sich an die Bahngleise anketteten. Laut Vattenfall entstand dadurch eine angespannte Situation bei der Versorgung der drei Kraftwerke Jänschwalde, Schwarze Pumpe und Boxberg. Am 9. September überflog ein Greenpeace-Zeppelin mit der Aufschrift "Kohle-SPD schadet Mensch und Natur" das Tagebaugebiet.

Um den Protesten etwas Wind aus den Segeln zu nehmen, unterzeichneten die Landesregierung und Vattenfall am 24. September eine Vereinbarung, wonach der Konzern die CO2-Emissionen seiner Kraftwerke bis 2030 um mindestens 72 Prozent gegenüber 1990 reduzieren will. So ambitioniert, wie es klingt, ist dieses Ziel freilich nicht, weil 1990 noch keines der ostdeutschen Kraftwerke – die zu DDR-Zeiten wahre Dreckschleudern waren – neu gebaut oder wenigstens auf den bundesdeutschen Standard der Rauchgasreinigung nachgerüstet worden war. Außerdem wird der Ausbau der erneuerbaren Energien ohnehin einen starken Rückgang der Braunkohleverstromung bis 2030 und eine entsprechende Verringerung der CO2-Emissionen bewirken. In der Vereinbarung behält sich Vattenfall auch ausdrücklich vor, die versprochene Minderung der CO2-Emissionen mit Hilfe eines Kraftwerksneubaues in Jänschwalde zu erreichen, der mit der umstrittenen CCS-Technik zur Abscheidung und unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid ausgerüstet wird (120604).

DIW-Studie hält genehmigte Abbaumengen für vollkommen ausreichend

Die angebliche Notwendigkeit eines weiteren Ausbaues von Welzow-Süd begründen Landesregierung und Braunkohlenausschuß mit einem Gutachten, wonach die Zahl der Vollaststunden des Kraftwerks Schwarze Pumpe infolge der Energiewende bis 2040 lediglich um etwa zwölf Prozent sinken wird. Zu ganz anderen Schlüssen kommt dagegen eine Studie, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im November vorigen Jahres veröffentlichte: Demnach reichen die genehmigten Abbaumengen in allen Braunkohlerevieren aus, um die bestehenden Kraftwerke bis ans Ende ihrer Lebensdauer zu versorgen. Der Bau neuer Braunkohlekraftwerke lohne sich nicht und würde es erschweren, die CO2-Reduktionsziele der Bundesregierung zu erreichen. Für das Kraftwerk Schwarze Pumpe ergäbe sich auf Basis der Annahmen dieser Studie bis 2040 eine Verringerung der Vollaststunden um etwa 45 Prozent.

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