Mai 2013

130504

ENERGIE-CHRONIK


EEG-Umlage kommt jetzt vor den Bundesgerichtshof

Die mittelständischen Textilunternehmen sind bei ihrem Vorhaben, die EEG-Umlage vors Bundesverfassungsgericht zu bringen (120804), zwei Instanzenschritte weiter gekommen: Am 14. Mai wies das Oberlandesgericht Hamm die von der Textilveredelung Drechsel erhobene Klage zurück und bestätigte damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Bochum. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits ließ es aber die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Aufgrund hoher gesetzlicher Hürden sei ein Erfolg der Klage mit einer direkten Anrufung des Bundesverfassungsgerichts durch das Oberlandesgericht nicht zu erwarten gewesen, erklärte dazu der Gesamtverband der Textil- und Modeindustrie. Mit dem Urteil räume das Oberlandesgericht aber indirekt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der EEG-Umlage ein. Die Textilveredelung Drechsel werde nun den Bundesgerichtshof anrufen, um anschließend die Klage vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen.

Die Textilveredelung Drechsel hatte von den Stadtwerken Bochum verlangt, die für April 2012 entrichtete EEG-Umlage in Höhe von 9.990 Euro zurückzuzahlen. Zur Begründung verwies sie auf ein Gutachten des Staatsrechtlers Gerrit Manssen von der Universität Regensburg, wonach die EEG-Umlage durch den seit 2010 geltenden neuen "Ausgleichsmechanismus" (091201, 101001) eine unzulässige Sonderabgabe geworden sei. Sie stelle ein staatliches Finanzierungsinstrument dar und wirke wie ein staatliches Sondervermögen. Sie habe Aufkommenswirkung für die öffentliche Hand, auch wenn die Verrechnung formal zwischen Privatsubjekten erfolge und kein Sonderfonds gebildet werde. Sie sei deshalb verfassungswidrig wie einst der "Kohlepfennig", dessen weitere Erhebung das Bundesverfassungsgericht 1994 untersagt hat (941201). Wie bei der damals angestrebten Stützung der Verstromung deutscher Steinkohle handele es sich bei der Förderung der erneuerbaren Energien grundsätzlich um eine "Gemeinwohlaufgabe", die laut Finanzverfassung mit Steuermitteln zu finanzieren sei und nicht als "Sonderlast" allein den Stromverbrauchern aufgebürdet werden dürfe.

Gericht sieht formale Kriterien einer Sonderabgabe nicht erfüllt

Das Oberlandesgericht Hamm ließ diese Argumentation indessen nicht gelten, weil eine Sonderabgabe die Verfügung der öffentlichen Hand über die Geldmittel voraussetze. Das sei bei der EEG-Umlage nicht der Fall. Sie sei keine öffentliche Abgabe und habe keine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand. Auch durch den neu eingeführten Ausgleichsmechanismus werde sie nicht zu einer unzulässigen Sonderabgabe. Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung:

"Sämtliche Geldmittel, welche durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz geschaffen und gesteuert werden, bewegen sich ausschließlich zwischen juristischen Personen des Privatrechts. Die öffentliche Hand wird hierdurch weder unmittelbar noch mittelbar berührt; ihr fließen keine Gelder zu. All dies wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Entgegen ihrer Ansicht genügt es aber nicht für eine Aufkommenswirkung, wenn der Geldfluß auf der Einnahmen- und Ausgabenseite durch den Gesetzgeber gesteuert wird und hiermit ein Finanzbedarf für allgemeine öffentliche Zwecke gedeckt wird."

"Ein öffentliches Ziel wird gewissermaßen über das Privatrecht ausgelagert"

Immerhin wollte sich das Gericht nicht der Einsicht verschließen, daß die EEG-Förderung insoweit eben doch keine privatrechtliche Veranstaltung ist, als dadurch "ein öffentliches Ziel, nämlich die Förderung der erneuerbaren Energien, vollständig durch die Schaffung von Leistungsbeziehungen zwischen Personen des Privatrechts verfolgt und somit von der öffentlichen Hand gewissermaßen 'ausgelagert' wird". Dem Verbraucher sei es auch ziemlich gleichgültig, ob er vom Staat direkt oder über einen staatlich konstruierten Fördermechanismus mit formal privatrechtlichen Charakter zur Kasse gebeten werde:

"Verkannt wird auch nicht, daß es für den Stromkunden, welcher zwar nicht gesetzlich, aber aufgrund der 'vertraglichen' Weitergabe der EEG-Umlage durch sein Elektrizitätsversorgungsunternehmen faktisch die Kosten für den Ausbau und die Förderung der erneuerbaren Energien trägt, keinen signifikanten Unterschied ausmacht, ob die Belastung aufgrund einer Abgabepflicht gegenüber der öffentlichen Hand oder gegenüber juristischen Personen besteht, da auch diese Belastung aufgrund der gesetzlichen Verpflichtungen der Netzbetreiber und der Elektrizitätsunternehmen zur Abnahme und Zahlung der Vergütung bzw. zur Zahlung der EEG-Umlage – zwangsweise – erfolgt."

 

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