Dezember 2011

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ENERGIE-CHRONIK


 

 

Nur noch bis Ende März will die EnergieSüdwest die Defizite des Landauer Geothermie-Kraftwerks abdecken helfen. Nun hängt es vor allem von den Pfalzwerken ab, ob die Anlage weiter betrieben wird.

Foto: Leuschner

EnergieSüdwest will Landauer Geothermie-Kraftwerk loswerden

Die EnergieSüdwest AG, die gemeinsam mit den Pfalzwerken das Landauer Geothermie-Kraftwerk betreibt, will aus diesem Projekt aussteigen, um nicht weiterhin hohe Verluste abdecken zu müssen. Am 15. Dezember beauftragte der Aufsichtsrat den Vorstand zu entsprechenden Verhandlungen. "Der Aufsichtsrat hat verschiedene Szenarien zur Zukunft des Geothermiekraftwerks diskutiert und unter Abwägung von Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsaspekten den Unternehmensvorstand beauftragt, mit dem weiteren Geox-Anteilseigner Pfalzwerke AG, den beteiligten Banken und dem Land über Ausstiegsszenarien zu verhandeln", teilten der Aufsichtsratsvorsitzende Detlef Huth und sein Stellvertreter Thomas Hirsch mit. Huth vertritt den Luxemburger Enovos-Konzern, dem die EnergieSüdwest seit 2009 mehrheitlich gehört (090406). Hirsch ist Bürgermeister der Stadt Landau, die noch 49 Prozent an ihren ehemaligen Stadtwerken hält.

Allein in diesem Jahr betrug das Defizit 1,3 Millionen Euro

Das Landauer Kraftwerk ist mit 3,8 MW die leistungsfähigste der fünf Anlagen zur geothermischen Stromerzeugung, die es bisher in Deutschland gibt (siehe Tabelle). Es ging bereits vor vier Jahren ans Netz (071111), läuft aber noch immer nur im Probebetrieb, weil in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 mehrere leichte Beben auftraten (090912). Es arbeitet seitdem mit verringertem Pumpendruck, was die Strom- und Wärmeabgabe entsprechend mindert. Trotz der hohen Einspeisevergütungen und Investitionszuschüsse für geothermische Kraftwerke hat das Projekt unter diesen Umständen keine Aussicht auf Rentabilität. Allein in diesem Jahr soll sich das Defizit auf 1,3 Millionen Euro belaufen.

Der Partner Pfalzwerke erfuhr erst aus der Presse vom geplanten Ausstieg

Ob das größte deutsche Geothermie-Kraftwerk stillgelegt wird, hängt nun von den Pfalzwerken ab, die ebenfalls mit fünfzig Prozent an der Betreibergesellschaft Geox beteiligt sind (020811). Die EnergieSüdwest will die Defizite der Geox GmbH nur noch bis Ende März decken. Falls es dann zur Insolvenz des Unternehmens käme, würden – unbestätigten Angaben zufolge – die beiden Gesellschafter jeweils sechs Millionen, das Land 4,7 Millionen und die Banken 1,2 Millionen Euro verlieren. Der Pfalzwerke-Aufsichtsratsvorsitzende Theo Wieder bezeichnete es als "erstaunlich", daß er vom Beschluß des Partners erst aus der Presse erfahren habe. Der Vorstand der Pfalzwerke sei nun seinerseits beauftragt worden, verschiedene Szenarien zur Lösung des Problems auszuarbeiten.

In ihrem letzten Geschäftsbericht für das Jahr 2010 hatten die Pfalzwerke die Situation in Landau noch mit verhaltenem Optimismus beurteilt: "Die nach den seismischen Vorkommnissen in 2009 eingeleiteten Maßnahmen greifen. In enger Absprache mit dem Landesamt für Geologie und Bergbau in Mainz soll gemeinsam mit Forschung und Wissenschaft die Nutzung der Tiefengeothermie kontinuierlich optimiert und weiter vorangebracht werden."

Es geht auch um politisches Kalkül

Der Vorgang hat auch landes- und lokalpolitische Aspekte: Seit den Landtagswahlen im März dieses Jahres regiert in Mainz eine rot-grüne Koalition, der eine Stillegung des Landauer Geothermie-Kraftwerks schlecht ins Konzept passen würde, zumal die Verantwortung für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung bei der grünen Ministerin Eveline Lemke liegt. In einer ersten Stellungnahme erklärte Lemke, daß sie das Aus für die Anlage bedauern würde. Die in Landau verwendete Technik bleibe grundsätzlich anwendbar. Allerdings müsse auf genügend Abstand zu Häusern geachtet werden.

Der Bürgermeister Thomas Hirsch, der als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnergieSüdwest den Ausstieg betreibt, gehört dagegen der CDU an. Er profiliert sich als Anwalt der Bürger, die Angst vor Gebäudeschäden durch den Betrieb des Geothermie-Kraftwerks haben und es leid sind, die unrentabel arbeitende Anlage aus der Stadtkasse zu bezuschussen. Hirsch kandidiert wahrscheinlich 2015 für das Amt des Oberbürgermeisters, das seine Partei 2007 an den Sozialdemokraten Hans-Dieter Schlimmer verloren hat. Der vorherige Oberbürgermeister Christof Wolff (CDU) hatte seinen Rücktritt erklärt, nachdem ihm eine dubiose Spende der Berliner Bewag im Zusammenhang mit der Privatisierung der Landauer Stadtwerke (050410) ein Ermittlungsverfahren eintrug, das erst nach zwei Jahren eingestellt wurde (070712). Inzwischen kann sich Wolff rehabilitiert fühlen: Am 16. Dezember bekam er von seinem Amtsnachfolger die Ehrenbürgerwürde verliehen.

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