November 2010

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ENERGIE-CHRONIK


Häufung von Leukämie und Schilddrüsenkrebs in Asse

In der Umgebung des Endlagers Asse leiden deutlich mehr Menschen an Leukämie und Schilddrüsenkrebs als statistisch zu erwarten wäre. Dies geht aus einem Vermerk des niedersächsischen Sozialministeriums hervor, über den die Nachrichtenagentur DPA am 25. November berichtete. Eine Arbeitsgruppe soll deshalb mögliche Ursachen des erhöhten Krebsrisikos untersuchen und erstmals am 30. November zusammentreffen. Zu den Mitgliedern gehören Vertreter des Sozialministeriums, des Umweltministeriums, des Bundesamtes für Strahlenschutz, des niedersächsischen Landesgesundheitsamtes und des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen (EKN).

Bisher gibt es nur den statistischen Befund

Nach Bekanntwerden der Nachricht zeigten sich alle fünf Parteien des Landtags (CDU, SPD, FDP, Grüne, Linke) sehr besorgt und verlangten eine rasche Untersuchung der möglichen Zusammenhänge. Am 26. November informierte das niedersächsische Sozialministerium die Fraktionsvorsitzenden der Landtagsparteien über die bisher vorliegenden Erkenntnisse. Demnach wäre aufgrund der Statistik im Gebiet der Samtgemeinde Asse (Gemeindeverband Asse) pro Jahr nur ein neuer Leukämie-Fall zu erwarten. Tatsächlich gab es in den acht Jahren von 2002 bis 2009 aber insgesamt 18 Fälle, was mehr als doppelt so viele Neuerkrankungen sind. Davon entfielen sechs auf Frauen und zwölf auf Männer. Frauen hätten demnach nur ein leicht erhöhtes Leukämie-Risiko. Sie leiden aber dreimal häufiger unter Schilddrüsenkrebs, als zu erwarten wäre. Da sich die Befunde ausschließlich auf anonymisiertes Datenmaterial stützen, sind bisher keine näheren Aussagen möglich. Man weiß beispielsweise nicht, in welcher Weise die Erkrankungen mit Lebensalter oder Berufstätigkeit korrelieren.

Langwierige Studien zum "Cluster" bei Krümmel blieben erfolglos

Ein Zusammenhang mit der Radioaktivität im Endlager Asse dürfte sich ebenso schwer nachweisen lassen wie bei den Leukämie-Erkrankungen in der Nachbarschaft des Kernkraftwerks Krümmel, die in den neunziger Jahren für Schlagzeilen sorgten. Die von den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Auftrag gegebenen Studien verneinten damals ein erhöhtes Leukämie-Risiko in der Umgebung von Kernkraftwerken (030409). Später ermittelte eine weitere Studie, die im Auftrag des Bundesamts für Strahlenschutz durchgeführt wurde, aber doch ein statistisch erhöhtes Krebsrisiko für Kinder bis zu fünf Jahren, die in der Nähe von Reaktoren wohnen (071206). Ein kausaler Zusammenhang mit Reaktoren ließ sich indessen nirgends belegen, zumal noch andere Ursachen in Betracht kommen und deutliche Häufungen von Krebserkrankungen auch abseits aller kerntechnischen Anlagen auftreten. Die um das Endlager Asse registrierte hohe Zahl von Erkrankungen könnte zufällig ein solcher "Cluster" sein.

Anders verhält es sich, wenn Personen nachweislich einer erhöhten radioaktiven Belastung ausgesetzt waren. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt deshalb bereits seit längerem wegen mehrerer Anzeigen von Krebskranken, die vordem als Arbeiter im "Forschungsendlager" Asse beschäftigt waren und nun ihre Erkrankung auf diese Tätigkeit zurückführen. Nach Bekanntwerden des allgemein erhöhten Krebsrisikos in der Samtgemeinde Asse hat sie auch in dieser Richtung Vorermittlungen aufgenommen.