November 2010

101103

ENERGIE-CHRONIK


 

Elf Netzbetreiber, vier Strombörsen und zehn Länder in einem Boot: Hauptsächlicher Nutznießer der umfassenden Marktkopplung ist die EEX, die damit ihre führende Rolle unter den europäischen Strombörsen weiter festigen kann. In dieser Logo-Reihung wird die EEX durch die EpexSpot vertreten.

"Strommarkt-Kopplung von Marseille bis Hammerfest erreicht"

Die seit fünf Jahren angestrebte Kopplung der Strommärkte Deutschlands, Frankreichs und der Benelux-Staaten (070604) trat am 9. November in Kraft. Sie erweitert die seit 2006 bestehende Marktkopplung zwischen Frankreich und den Benelux-Staaten um Deutschland. Zugleich wurde die neue Preiskopplung für die fünf Staaten des zentralwesteuropäischen Elektrizitätsmarkts (CWE) mit dem bereits existierenden EMCC-Verbund zwischen Deutschland und Nordeuropa (Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland) koordiniert. Da die beiden Verbünde operativ noch unterschiedlich organisiert sind, wird dieses Stadium der Zusammenarbeit zwischen CWE und EMCC als vorübergehende Volumenkopplung (Interim Tight Volume Coupling – ITVC) bezeichnet. Der Betrieb soll aber sobald wie möglich vereinheitlicht werden.

Die Bundesnetzagentur (BNA) sprach von einem "Riesenschritt auf dem Weg zur Vollendung des europäischen Energiemarktes". Der nächste Schritt sei die Erweiterung nach Süden sowie der Verbund mit den Märkten Osteuropas. "Mit dem Start des harmonisierten Market Couplings in West- und Nord-Europa ist der gemeinsame Strommarkt von Hammerfest bis Marseille erreicht", erklärte BNA-Präsident Matthias Kurth. "Unsere Vision ist: Morgen sollen auch Lissabon, Tallin und Athen dazugehören."

Netzengpässe können effizienter für Stromhandel genutzt werden

Die Marktkopplung bezweckt eine effizientere Nutzung der Engpässe zwischen den europäischen Regelblöcken, indem sie den grenzüberschreitenden Stromhandel mit dem Erwerb der dafür erforderlichen Übertragungskapazitäten kombiniert. Bislang handelte es sich um getrennte Vorgänge, wodurch manches Stromhandelsgeschäft mangels Kapazität unterbleiben mußte oder ein Teil der Übertragungskapazität nicht genutzt wurde. Das für die Kombination von Stromhandel und Übertragungskapazität erforderliche Prozedere wurde gemeinsam von Energiebörsen, Übertragungsnetzbetreibern und Regulierungsbehörden entwickelt. Vor allem gehörte dazu die Gründung von grenzüberschreitend tätigen Netzdienstleistern: Der CASC-CWE mit Sitz in Luxemburg für den zentraleuropäischen Strommarkt (080805) und der EMCC mit Sitz in Hamburg für den Stromhandel zwischen dem deutsch-österreichischen Marktgebiet und Skandinavien.

Im Idealfall – das heißt bei ausreichenden Kapazitäten an den Kuppelstellen der Regelblöcke – ergeben sich durch die Marktkopplung gleiche Preise an den Strom-Spotmärkten der beteiligten Länder. Wenn die Nachfrage die Kapazität der grenzüberschreitenden Verbindungen übersteigt, kommt es zwar zu unterschiedlichen Strompreisen, doch wird mit dem höheren Strompreis zugleich die Lieferung gesichert. Am 10. November, dem ersten Handelstag der Marktkopplung, glichen sich die von den CWE-Strombörsen ermittelten Preise für den Day-ahead-Baseload vollständig für jede einzelne Stunde an. Im Tagesmittel betrug der Preis 51,21 Euro pro Megawattstunde. An der skandinavischen Spotmarkt-Börse Nord Pool belief sich der Preis dagegen auf 51,69 Euro/MWh bzw. 51,75 Euro/MWh für die beiden dänischen Preiszonen und auf 51,34 Euro/MWh für Schweden.

Stromhandel mit Skandinavien ist fast nur über HGÜ-Kupplungen möglich

Die CWE-Länder gehören technisch alle zum kontinentaleuropäischen Stromverbund (ehemals UCTE). Für den grenzüberschreitenden Stromhandel stehen deshalb direkte Netzkupplungen zur Verfügung. Der Stromaustausch zwischen CWE und skandinavischem Strommarkt kann dagegen nur für den festländischen Teil Dänemarks (Jütland) über direkte Netzkupplung erfolgen. Im übrigen ist er nur mit zwei Hochspannungs-Gleichstromübertragungen (HGÜ) durch die Ostsee möglich: Das "Baltic Cable" ermöglicht seit 1994 den Austausch von bis zu 600 MW zwischen dem Netzbetreiber TenneT (vormals E.ON bzw. PreussenElektra) und Schweden (040114). Das Kabel "Kontek" verbindet seit 1996 den Transportnetzbetreiber 50Hertz Transmission (früher Vattenfall bzw. Veag) mit der dänischen Insel Seeland und ermöglicht die Übertragung von bis zu 600 MW (030212).

Das skandinavische Verbundsystem (ehemals Nordel) verfügt außerdem über HGÜ-Kupplungen von Norwegen durch die Nordsee nach den Niederlanden und durchs Skagerrak nach Jütland (100404). Diese sind aber nicht Bestandteil der ITVC-Vereinbarung. Dasselbe gilt, schon aus technischen Gründen, für das HGÜ-Kabel "Eastlink", das Finnland durch die Ostsee mit dem vorläufig noch separaten Stromsystem der baltischen Staaten (ehemals Baltso) verbindet (100102). Das neue Kabel NorGer, dessen Fertigstellung für 2015 geplant ist, soll dagegen von vornherein in die Marktkopplung einbezogen werden (101116).

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