Oktober 2008

081009

ENERGIE-CHRONIK


Frankreich und Deutschland verhindern wirksame Netzentflechtung

Frankreich und Deutschland haben am 10. Oktober im EU-Ministerrat erneut eine wirksame Entflechtung der europäischen Stromtransportnetze verhindert. Auf ihr Betreiben beschloß der Rat das Nebeneinander von insgesamt drei Lösungen, auf die er sich bereits am 6. Juni grundsätzlich geeinigt hatte (080603). Die sich daraus ergebenden Konflikte sollen durch spezielle Regelungen entschärft werden.

Ursprünglich hatte die EU-Kommission verlangt, daß die Stromkonzerne ihre Transportnetze verkaufen oder einem unabhängigen Dritten die Betriebsführung übertragen (070101). Insgesamt acht EU-Staaten unter Führung von Frankreich und Deutschland plädierten demgegenüber für einen "dritten Weg", der praktisch nur die bereits bestehende juristische Abtrennung der Transportnetze von den übrigen Geschäftsbereichen der Stromkonzerne etwas verschärfen würde (080201). Während die EU-Kommission sich daraufhin kompromißbereit zeigte, votierte das Europäische Parlament am 18. Juni klar für eine "umfassende eigentumsrechtliche Entflechtung" der Stromnetze (080603). Außerdem faßte es am 9. Juli auch einen entsprechenden Beschluß für die Gastransportnetze. Mit seiner jetzigen Entscheidung geht der Rat also auf Kollisionskurs zum Parlament. Er riskiert zumindest die Anrufung des Vermittlungsausschusses wenn nicht gar die Ablehnung des ganzen Gesetzespakets.

"Gazprom-Klausel" auf Betreiben Berlins entschärft

Um das Nebeneinander der drei Lösungen zu ermöglichen, soll es den Energiekonzernen der EU grenzübergreifend untersagt werden, die Netze solcher Länder zu übernehmen, die sich für die eigentumsmäßige Trennung entscheiden. Darauf hatten vor allem die Niederlande, Dänemark, Spanien, Portugal und Polen gedrängt. Unklar bleibt, ob und wie verhindert werden soll, daß in Deutschland ein anderer Stromkonzern die Transportnetze übernimmt, falls E.ON oder Vattenfall ihre Verkaufsabsichten verwirklichen.

Auch die Energiekonzerne von Drittstaaten sollen sich nicht einfach in die westeuropäischen Netze einkaufen können. Diese "Gazprom-Klausel" wurde allerdings gegenüber der ursprünglichen Fassung entschärft. In der ursprünglichen Fassung sah sie ein Vetorecht der EU vor, wenn der Drittstaat, aus dem der ausländische Investor kommt, den EU-Unternehmen nicht gleiche Rechtssicherheit und Marktzugangsrechte gewährt. Nun bedarf es lediglich noch einer Einigung auf bilateraler politischer Ebene, um die Hürden für einen Einstieg aus dem Weg zu räumen. Für die Abschwächung der "Gazprom-Klausel" hatte sich vor allem Deutschland eingesetzt, dessen Importe zu 40 Prozent aus Rußland stammen. Die baltischen Staaten und Polen zeigten sich dagegen enttäuscht über die Aufweichung.

Kommissionspräsident Barroso und der für Energie zuständige EU-Kommissar Andris Piebalgs begrüßten die von den Energieministern erzielte Übereinkunft. Die Kommission werde nun mit dem Europäische Parlament über einen Kompromiss verhandeln. Das gesamte Paket werde voraussichtlich im ersten Halbjahr 2009 verabschiedet werden.

Links (intern)