Februar 2008

080204

ENERGIE-CHRONIK


Gaspreise steigen auf breiter Front um bis zu zwölf Prozent

Nach der massiven Erhöhung der Strompreise (080101) rollt auf die Haushalte nun eine weitere Welle von Gaspreiserhöhungen zu. Wie der Branchendienstleister Verivox am 22. Februar mitteilte, planten zu diesem Zeitpunkt mindestens 140 lokale Versorger eine Erhöhung ihrer Gaspreise um durchschnittlich 6,6 Prozent. Die EWE - bislang der günstigste unter den großen Gasanbietern - hebt ihre Preise sogar um etwa zwölf Prozent an. RWE Westfalen-Weser-Ems verlangt rund zehn Prozent und die Stadtwerke Hannover durchschnittlich 8,8 Prozent mehr. Auch E.ON Ruhrgas kündigte zum 1. April Preiserhöhungen für Erdgas an, ohne sie vorerst näher zu beziffern. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat ihre Gaspreise bereits zum 1. Januar um rund sieben Prozent erhöht.

Versorger erhöhten ihre Preise in den letzten drei Jahren um bis zu 46 Prozent

Als Begründung dient der jüngste und noch immer andauernde Anstieg der Ölpreise (071005), an denen sich auch die Preise orientieren, welche die großen Erdgasimporteure mit ihren Lieferanten vereinbart haben (000902). Hauptprofiteure des Gaspreisanstiegs sind somit die russische Gazprom und andere Produzenten. Im übrigen ist aber völlig unklar, wie sich die Preise der einzelnen Versorger tatsächlich zusammensetzen. Daß hier - unabhängig von den Importpreisen – unterschiedliche Gewinnspannen und andere Faktoren eine wichtige Rolle spielen, zeigen die erheblichen Preisunterschiede bei den einzelnen Versorgern wie auch auf der Ebene der 16 Bundesländer.

Die 43 größten Gasanbieter haben ihre Gaspreise allein in den vergangenen drei Jahren um 12,5 bis 45,7 Prozent angehoben. Am teuersten waren im Februar die Stadtwerke Dresden, gefolgt von der sächsischen EnBW-Tochter Enso, den Stadtwerken Leipzig und Duisburg sowie E.ON-Avacon. Am unteren Ende der Preisskala rangierten die EWE, Gelsenwasser, Mainova, entega und Stadtwerke München. Je nach Versorger differierte der Preis für 15.000 Kilowattstunden bei einer Leistung von 10 kW jährlich um 310 Euro oder um 35 Prozent (siehe Tabelle 1). Ein weiterer Vergleich, der zum Stichtag 12. Dezember 2007 die Preise für einen Jahresverbrauch von 35.000 Kilowattstunden erfaßte, ergab ebenfalls beträchtliche Differenzen um 338 Euro oder 17 Prozent - je nachdem, ob der Kunde in Berlin oder im nicht allzuweit entfernten Sachsen wohnte (siehe Tabelle 2).

Die neue Mißbrauchsvorschrift im GWB wird auf ihre Praxistauglichkeit getestet

Am 18. Februar teilte das baden-württembergische Wirtschaftsministerium mit, daß es ein förmliches Kartellverfahren gegen vier baden-württembergische Gasversorgungsunternehmen eingeleitet habe. Man stütze sich dabei auf die neuen Vorschriften gegen mißbräuchlich überhöhte Preise im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (071104). Auch in Niedersachsen überprüft das Wirtschaftsministerium als Landeskartellbehörde die Gaspreiserhöhungen auf der neuen gesetzlichen Grundlage, deren praktische Wirksamkeit damit zum ersten Mal getestet wird.

Stadtwerken bangt vor "E wie einfach"

Vor allem viele kommunale Versorger müssen nun befürchten, daß Ihnen der E.ON-Konzern, der oft zugleich ihr Vorlieferant ist und sie als solcher zur Erhöhung der Preise zwingt, mit der Billigtochter "E wie einfach" (070201) die aufgeschreckten Kunden abwirbt. Denn "E wie einfach" verspricht, immer um 2 Cent pro Kubikmeter unter dem Allgemeinen Preis des örtlichen Grundversorgers zu bleiben. Wie schon beim Stromvertrieb wird deshalb nun auch im Gasgeschäft die Bedeutung der Allgemeinen Tarife zunehmend durch parallele Sondertarife untergraben, die etwas günstiger sind. Ferner verbinden etliche Stadtwerke die Mitteilung der jetzigen Preiserhöhungen mit einem Rabatt-Angebot, wenn sich der Kunde auf eine längere vertragliche Bindung einläßt.

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