Februar 2006

060201

ENERGIE-CHRONIK


Gasnetzbetreiber versprechen baldige Umsetzung des neuen Energierechts

Die deutschen Gasnetzbetreiber haben der Bundesnetzagentur zugesagt, bis zum Beginn des neuen Gaswirtschaftsjahres am 1. Oktober 2006 ein Netzzugangsmodell zu verwirklichen, das den Vorschriften des neuen Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) entspricht (siehe Übersicht). Vor allem geht es dabei um die Erfüllung der Anforderungen von § 20 Abs. 1b EnWG. Die Neuregelung löst das wettbewerbsuntaugliche Transportpfadmodell der Verbändevereinbarung Gas ab, das auf den Einzelfall bezogen und entfernungsabhängig war. Das neue Zugangssystem soll dagegen den Transportkunden einen einfachen, diskriminierungsfreien Netzzugang auf der Grundlage nur zweier Verträge (eines Einspeise- und eines Ausspeisevertrags) ermöglichen. Zusätzlich haben sich im Februar mehrere Gasverteiler verpflichtet, den Privatkunden bereits zum 1. April eine Wechselmöglichkeit im Wege der "Beistellung" einzuräumen.

Mit dem neuen Zugangsmodell werde ein erster, aber großer Schritt für Wettbewerb auf dem Gasmarkt geschaffen, meinte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, am 31. Januar auf einer Pressekonferenz in Bonn. Die Gasnetzbetreiber - vertreten durch den Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) und den Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) - hätten ferner zugesagt, noch im Laufe des Jahres einen leichten und massengeschäftstauglichen Wechsel des Gaslieferanten zu verwirklichen, der auch Haushaltskunden den Wechsel des Gaslieferanten ermöglicht. Man werde sich dabei an den bereits bestehenden Regelungen für den Strombereich orientieren müssen.

Der nun gefundenen Verständigung seien zahlreiche Gespräche bei der Bundesnetzagentur vorausgegangen, in die neben den Netzbetreiberverbänden (BGW, VKU und GEODE) auch die Netznutzerverbände (insbesondere VIK, EFET, BNE und BDI) einbezogen waren, sagte Kurth. Sie bedürfe nunmehr der Präzisierung in detaillierten Vertragsentwürfen, die am 1. Juni 2006 veröffentlicht werden sollen. Zum 1. August 2006 solle dann mit der Umsetzung des Netzzugangsmodells begonnen werden ("Systemstart"), so daß ab dem Gaswirtschaftsjahr 2007, das am 1. Oktober 2006 beginnt, die Anforderungen des neuen Energierechts erfüllt werden könnten.

Privatkunden sollen bereits zum 1. April wechseln können

Ende Januar verschärfte das Bundeskartellamt seinen Druck auf die Gasbranche, indem es Mißbrauchsverfahren gegen sieben überregionale Verteiler einleitete. Im einzelnen handelte es sich um E.ON Thüringer Energie AG, E.ON Avacon AG (Sachsen Anhalt), RWE Westfalen-Weser-Ems AG, MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH, SpreeGas GmbH, ENTEGA Vertrieb GmbH & Co. KG und einen Eigenbetrieb der Thüga AG. Daraufhin verpflichteten sich die genannten Unternehmen sowie E.ON für alle übrigen Konzernunternehmen, Privatkunden bereits zum 1. April die Möglichkeit des Lieferantenwechsels einzuräumen. Im Gegenzug gab das Bundeskartellamt am 14. Februar die Einstellung der Mißbrauchsverfahren bekannt.

Das Bundeskartellamt ermittelte bereits seit Dezember 2004 gegen verschiedende Gasverteiler wegen des Verdachts mißbräuchlich überhöhter Endkundenpreise (041212). Die bundesweiten Erhebungen bei mehr als 700 Gasversorgungsunternehmen ergaben Preisdifferenzen von über 40 Prozent zwischen günstigsten und teuersten Unternehmen. Neben dem Bundeskartellamt, das für 29 Gasversorgungsunternehmen zuständig ist, leiteten die Landeskartellbehörden über 80 Verfahren gegen solche Gasversorgungsunternehmen ein, die in ihre Zuständigkeit fallen.

"Beistellung" als provisorische Lösung

Die jetzt vom Bundeskartellamt erreichte Wechselmöglichkeit für Privatkunden erfolgt wie in den Anfängen der Strommarkt-Liberalisierung, als die Voraussetzungen für einen unkomplizierten Lieferantenwechsel fast überall noch fehlten, im Wege der "Beistellung". Hierbei schließt der private Endkunde seinen Gasversorgungsvertrag mit dem neuen Gasversorger, der das Gas wiederum vom etablierten örtlichen Netzbetreiber im Rahmen eines Beistellungsvertrags kauft. Nach den Worten von Bundeskartellamtspräsident Böge "gibt es mit dieser Lösung sicher noch keinen Anlass zur Euphorie". Die Beistellung diene nur als Zwischenlösung, bis ein wirksames "Entry-Exit-System" für Haushaltskunden etabliert sei, das dem alternativen Gasversorger eine diskriminierungsfreie Durchleitung durch das Netz des örtlichen Netzbetreibers ermöglicht. Die Bundesnetzagentur gehe davon aus, dass ein solches Entry-Exit-System am 1. Oktober 2006 starten wird.

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