Juli 2003

030714

ENERGIE-CHRONIK


Stromausfall in Italien wegen Netzüberlastung

In Italien kam es am 26. Juni 2003 zum größten Stromausfall seit zwanzig Jahren: Mangels Kraftwerkskapazitäten bzw. nicht ausreichenden Importen mußte der staatliche Netzbetreiber GRTN flächendeckende Abschaltungen vornehmen. Der Stromausfall überraschte zigtausende von Unternehmen und mehr als sechs Millionen Haushalte. Die Feuerwehr mußte zahlreiche Personen aus steckengebliebenen Aufzügen befreien. In Tunneln fiel die Beleuchtung aus, Züge blieben stehen, Ampeln versagten und Computer stürzten ab (SZ, 5.7.; FAZ 28.6.).

Der Notstand war insoweit vorhersehbar, als Italien seit Jahren erheblich mehr Strom verbraucht als es mit seinen Kraftwerken zu erzeugen vermag. Ende 2001 belief sich die gesamte Stromproduktion auf 256,4 Terawattstunden, während der Verbrauch bei 304,8 Terawattstunden lag. Die Lücke von 48,4 Terawattstunden wurde durch Stromimporte geschlossen, die vor allem aus der Schweiz (23,6 TWh) und Frankreich (18,3 TWh) kamen.

Aktueller Auslöser des jetzigen Stromausfalls war eine Lastspitze von ca. 53.000 MW, die nicht durch Importe aus Frankreich ausgeglichen werden konnte. Die offizielle Kraftwerkskapazität beträgt zwar insgesamt etwa 77.000 MW. Davon verfügbar sind jedoch nur 49.000 MW.

Als Notmaßnahme setzte die Regierung vorübergehend Umweltschutzvorschriften außer Kraft. So erlaubte sie den Kraftwerksbetreibern, das Kühlwasser um zwei Grad über der zulässigen Höchsttemperatur in Gewässer einzuleiten und acht stillgelegte Kraftwerke, die neueren Umweltstandards nicht genügen, wieder ans Netz zu nehmen.

Nach Erhebungen des Council of European Energy Regulators mußten italienische Stromkunden 1999 mit durchschnittlich 191 Minuten Stromausfall rechnen. Damit hat Italien die schlechteste Versorgungssicherheit in Westeuropa, vor Norwegen (180), Schweden (152), Großbritannien (63), Frankreich (57), Niederlande (25) und Deutschland (15).

Mallorca und Menorca stundenlang ohne Strom

Auf den Balearen-Inseln Mallorca und Menorca brach am Abend des 21. Juli 2003 die Stromversorgung zusammen. Durch das plötzliche Versagen von Klimaanlagen, Tiefkühltruhen, Ampeln, Fahrstühlen, Telefonen, Zügen usw. entstanden erhebliche Störungen und materielle Schäden. Ursache war der Ausfall von drei Generatoren im Elektrizitätswerk von Alcudia, der automatisch die Abschaltung der übrigen Kraftwerkskapazitäten bewirkte, um diese vor Überlastung zu bewahren. Es dauerte in der Hauptstadt Palma ungefähr zwei und in anderen Teilen der Inseln bis zu zwölf Stunden, ehe das Netz wieder funktionierte. Mallorca und Menorca sind durch eine 132 kV-Leitung verbunden, die maximal 70 MW übertragen kann.

Kurz vor dem Stromausfall hatte die balearische Netzlast mit bis zu 880 MW einen neuen Höchststand erreicht und die bisherigen saisonalen Rekorde vom Februar 2003 (803 MW) und vom August vorigen Jahres (769 MW) noch erheblich übertroffen. Bei Temperaturen bis zu 40 Grad trugen vor allem Klimaanlagen zu der Lastspitze bei. Der balearische Stromversorger GESA - eine Tochter des Staatskonzerns ENDESA - hatte deshalb die Bevölkerung zur Drosselung des Stromverbrauchs aufgerufen.

Der Stromausfall belebte erneut die Diskussion um den Bau einer HGÜ-Anbindung der Balearen an das spanische Festland. Als Alternative wird die Verlegung einer Gasleitung durchs Mittelmeer zur Versorgung von GuD-Kraftwerken auf den Inseln erwogen. Die ENDESA errichtet derzeit in Son Reus auf Mallorca ein neues GuD-Kraftwerk, das bis Sommer 2005 weitere 218 MW bereitstellt und damit die Kraftwerkskapazität um rund ein Drittel erhöht. Aus Standortgründen wird das GuD-Kraftwerk vorläufig mit Diesel betrieben.

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