Februar 2003

030204

ENERGIE-CHRONIK


RWE und E.ON droht Mißbrauchsverfügung wegen Regelenergie

Nach den Mißbrauchsverfügungen gegen Teag (030202) und RWE Net (030203) hat das Bundeskartellamt am 26. Februar einen weiteren Vorstoß zur Senkung der Netznutzungsentgelte unternommen und zwei Mißbrauchsverfahren wegen überhöhter Kosten für Regelenergie eingeleitet. Sie richten sich gegen die RWE-Kraftwerksgesellschaften RWE Power AG (Kernkraft, Steinkohle, Gas, Erneuerbare) und Rheinbraun AG (Braunkohle) sowie die E.ON Sales & Trading GmbH. Die drei Anbieter beliefern die Netzgesellschaften ihrer Konzerne mit Regelenergie. Das Kartellamt verdächtigt sie, für die Bereitstellung von Primär- und Sekundärregelenergie überhöhte Preise zu verlangen.

Beschwerde des VIK gab den Anstoß

Das Vorgehen des Bundeskartellamts wurde in diesem Fall durch den Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) veranlaßt, der bereits im April 2002 einen "dramatischen Preisanstieg" für Regelenergie beklagte (020409) und im Oktober förmliche Beschwerde einlegte (021008). Das Bundeskartellamt vermag bisher keine plausiblen Gründe für diesen erheblichen Preisanstieg zu erkennen, da alle genannten Faktoren bereits früher vorgelegen hätten. Die hohen Preise für Regelenergie hätten im Jahr 2002 wesentlich zum Anstieg der Netznutzungsentgelte um über zehn Prozent beigetragen.

Plädoyer für deutschlandweite Regelzone

In seiner Pressemitteilung vom 26. Februar führt das Amt die beträchtlichen Preissteigerungen für Regelenergie auch darauf zurück, daß es in Deutschland noch immer vier Verbundunternehmen mit jeweils eigenen Regelzonen gibt (RWE. E.ON, EnBW und Vattenfall Europe). Es vertritt die Ansicht, daß die Bildung einer einzigen deutschen Regelzone den Gesamtbedarf an Regelenergie reduzieren und zu mehr Wettbewerb beim Angebot führen würde.

RWE und E.ON galten zunächst als positive Beispiele

Ähnliche Mißbrauchsverfahren wie jetzt gegen RWE und E.ON hatte das Bundeskartellamt bereits im Oktober 2001 gegen die EnBW und die Vattenfall-Europe-Vorläufer Bewag, HEW und Veag eingeleitet (011006). Das Kartellamt nahm dabei Anstoß an den Bestimmungen der Verbändevereinbarung zur Abrechnung von Regelenergie, die zuvor bereits von einer Arbeitsgruppe der Kartellbehörden kritisiert worden waren (010404). Als positive Beispiele dienten ihm damals RWE und E.ON, weil diese beschlossen hatten, die Beschaffung von Regelenergie auszuschreiben (000713, 010812). Sowohl die EnBW (020203) als auch die Vattenfall-Unternehmen (020810) hatten daraufhin ihren Bedarf an Regelenergie ebenfalls ausgeschrieben. In der Praxis scheint das Ausschreibungsverfahren für Regelenergie aber wenig an den alten Strukturen verändert zu haben. Kritiker bemängeln die fehlende Transparenz der Anbieter-Seite und hegen den Verdacht, daß die Verbundunternehmen praktisch nur den Kraftwerksgesellschaften des eigenen Konzerns den Zuschlag erteilen.

Verfahren betrifft nur Primär- und Sekundärregelenergie

Regelenergie wird benötigt, um die Stromerzeugung unverzüglich den Verbrauchsschwankungen im Netz anpassen zu können. Man unterscheidet dabei Primärregelung, Sekundärregelung und Minutenreserve. Die Energie für die Primärregelung wird innerhalb von 5 bzw. 30 Sekunden von den Kraftwerken des gesamten UCTE-Verbunds geliefert, die dafür ein Leistungsband von 2,5 Prozent der jeweils möglichen Erzeugungsleistung bereithalten. Die Sekundärregelung entlastet diese Primärregelung binnen fünf Minuten durch die Mobilisierung von Pumpspeicher- oder Gasturbinenkraftwerken desjenigen Verbundpartners, in dessen Gebiet die Laständerung aufgetreten ist. Beide Regelungen laufen im Rahmen von Halbjahres-Verträgen mit den Lieferanten vollautomatisch ab. Davon zu unterscheiden ist die Minutenreserve in Form von Kraftwerkskapazitäten, deren Aktivierung längere Zeit erfordert und erst vom Lastverteiler angefordert werden muß. Das jetzige Mißbrauchsverfahren des Bundeskartellamts betrifft nur die Primär- und Sekundärregelenergie.

Links (intern)