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Diese drei Diagramme zeigen, wie die Sinuskurve der Netz-Wechselspannung (Bild links) durch den Strom eines Gleichrichters mit kapazitiver Glättung, wie er in "Energiesparlampen" Verwendung findet (Bild Mitte), beeinflußt und dadurch beeinträchtigt wird (Bild rechts).

Mehr als nur ein Schönheitsfehler: Wenn die Sinuskurve verstümmelt wird

Das Wort sinus bedeutet im Lateinischen soviel wie Rundung, Bucht, Busen. In der Tat ist eine Sinuskurve eine recht runde und wohlgefällige Erscheinung. Das gilt auch für die Sinuskurve der Wechselspannung, wie sie in den Kraftwerken erzeugt wird.

Leider kommt diese Sinuskurve oft recht verstümmelt beim Verbraucher an. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn es nur ein Schönheitsfehler wäre. Der Techniker sieht dies aber anders: Für ihn bedeuten die Zacken und Verbeulungen der Kurve überlagerte Spannungen höherer Frequenz oder "Oberschwingungen", die nicht jedes Gerät klaglos verkraftet.

Fast alle Beeinträchtigungen der Sinuskurve entstehen durch Geräte, die vom Verbraucher angeschlossen werden. Man bezeichnet sie deshalb als "Netzrückwirkungen". Oft sind es die gleichen Gerätetypen, die einerseits Netzrückwirkungen erzeugen und andererseits auch besonders empfindlich auf die lädierte Sinuskurve reagieren. Es handelt sich um ein Problem, das auf der Verbraucherseite bzw. von den Herstellern der betreffenden Geräte gelöst werden muß.

 

"Spike" in einer Sinuskurve

Spannungsabweichungen von längerer bis extrem kurzer Dauer

Im einfachsten Fall kommt eine Netzrückwirkung durch das Einschalten leistungsstarker Geräte zustande: Der vermehrte Strombedarf bewirkt dann einen Spannungsfall im Netz, bei dem die Netzspannung unter Umständen unter den kleinsten zulässigen Wert sinkt. Dieser Spannungsfall kann je nach Art des Geräts vorübergehend oder von Dauer sein. Dies ist der Grund, weshalb es in ungünstigen Fällen durch das Einschalten von Heizgeräten, großen Beleuchtungsanlagen oder starken Motoren zu Spannungseinbrüchen mit einer Dauer von einigen Sekunden bis über eine Minute kommen kann.

Im Unterschied zu solchen relativ langsamen Spannungsschwankungen gibt es auch schnelle Spannungsschwankungen, wie sie vor allem durch elektrische Schweißgeräte verursacht werden. Die Spannung schwankt hier wesentlich geringer, aber sehr rasch, was sich bei Glühlampen durch Flackern bemerkbar machen kann (die Techniker verwenden dafür das englische Wort "Flicker").

Ein weiteres Problem sind "transiente Überspannungen". Dabei handelt es sich um extrem kurze Überspannungen, die nur eine tausendstel oder millionstel Sekunde dauern, aber doch den zulässigen Spannungswert deutlich überschreiten. Da sie die Sinuskurve nadelförmig verunstalten (siehe Bild), werden sie auch als "Spikes" bezeichnet. Die Ursache ist entweder ein Blitzschlag ins Netz oder - weitaus häufiger - das Ein- und Ausschalten bestimmter Geräte. Solche Überspannungen können vor allem den Bauteilen von Computern und anderen elektronischen Geräten gefährlich werden.

"Oberschwingungen" durch elektronische Bauelemente

Eine besondere Art von Störungen der Sinuskurve erzeugt der "Phasenanschnitt" durch elektronische Dimmer, Gleichrichter und ähnliche Halbleiter-Bauteile: Hierbei wird nur ein Teil der möglichen Sinuskurve des Wechselstroms durchgelassen, Während der übrigen Zeit fließt kein Strom. Diese Behandlung bekommt der Gestalt der Sinuskurve ebenfalls nicht. Elektronische Geräte mit "Phasenanschnitt" haben dadurch die unangenehme Eigenschaft, "Oberschwingungen" zu erzeugen und ins Netz zu geben. Oberschwingungen sind periodische Verläufe bei Spannung oder Strom, die mit der mehrfachen Frequenz der Grundfrequenz von 50 Hertz schwingen. Für diese höherfrequenten Wechselströme sind aber die kapazitiven und induktiven Bauteile der Geräte nicht berechnet. Zum Beispiel können Kondensatoren, die für Wechselspannung mit Netzfrequenz ausgelegt sind, durch zusätzliche Oberschwingungen überlastet werden. Die Folge sind allerlei Störungen, die auf den ersten Blick unerklärlich wirken. Anfällig für Oberschwingungen sind u.a. Entladungslampen, Motoren, Dimmer und Computer.

Die häufigsten Verursacher von Oberschwingungen sind inzwischen die "Energiesparlampen" geworden. Im Prinzip ist eine Energiesparlampe nichts anderes als eine gefaltete und deshalb besonders kompakte Leuchtstoffröhre. Sie kann flackerfrei ein- und ausgeschaltet werden, da die Gasentladung im Innern der Lampe nicht mit der Netzfrequenz von 50 Hertz erfolgt, sondern mit Hochfrequenz zwischen 20 und 40 Kilohertz, die mittels Elektronik aus der Netzfrequenz erzeugt wird. Diese Elektronik erzeugt aber neben der Basisfrequenz noch eine Reihe von Oberschwingungen, die ebenfalls auf der 50 Hertz-Kurve des Wechselstroms "mitreiten", wenn sie nicht herausgefiltert werden.

Zum Glück gibt es Möglichkeiten der Abhilfe. Sie können entweder bei der Quelle der Störung ansetzen oder das störempfindliche Gerät schützen. So lassen sich die Ursachen von Spannungsschwankungen in den Griff bekommen, wenn man den Anschluß anders legt, die Lasten aufteilt, die Kurzschlußleistung am Einspeisepunkt erhöht oder leistungsstarke Drehstrom-Motoren mit speziellen Schaltungen anlaufen läßt. Speziell für störempfindliche elektronische Geräte werden inzwischen eine ganze Reihe von Geräten zur "unterbrechungsfreien Spannungs-Versorgung" (USV) angeboten. Solche USV-Geräte legen zwischen Netz und Gerät eine Batterie als Puffer (natürlich mit dem erforderlichen Gleich- und Wechselrichter) und vermögen so Spannungsschwankungen völlig ausschalten.