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Der Wettbewerb um die Gunst der Haushaltskunden war von Anfang an mit viel Reklameaufwand verbunden. Diese beiden Models mit dem gelb angestrichenen Styropor-Sparschwein warben für die ProMarkt-Kette und die Berliner Ares Energie AG, die im Juni 1999 den Reigen der bundesweiten Billigstrom-Anbieter eröffneten.

Rasanter Start in den Wettbewerb

Nach Inkrafttreten des neuen Energierechts kam der Wettbewerb wesentlich schneller in Fahrt, als zunächst erwartet worden war. Schon bald bröckelte es überall im überkommenen Gefüge der deutschen Stromwirtschaft. Die Strompreise sanken nicht nur für Industriekunden erheblich, sondern bald auch für gewerbliche Kunden. Schon im Sommer 1999 erreichte der Wettbewerb schließlich Haushalte und Kleingewerbe. - Und das trotz der am 1. April 1999 neu eingeführten Stromsteuer von zwei Pfennig pro Kilowattstunde, die ab 1. Januar 2000 jährlich um 0,5 Pfennig steigt, so daß sie sich bis 2003 auf vier Pfennig pro Kilowattstunde verdoppelt haben wird. Um im Wettbewerb mithalten zu können und die Talfahrt der Strompreise zu kompensieren, wurde in allen Bereichen der deutschen Stromwirtschaft rationalisiert, kooperiert und fusioniert. Das ehemals kommode Nebeneinander der Stromversorger wich scharfer Konkurrenz, die teilweise schon wie ein Hauen und Stechen anmutete.

Großkunden profitierten als erste

Als erste profitierten erwartungsgemäß die Großkunden von der Liberalisierung. So konnte die Frankfurter Flughafen AG ihren Strombezug erheblich verbilligen. Die Deutsche Bank vergab ihr Strom-Management an ein Konsortium. Das Land Nordrhein-Westfalen senkte durch neue Lieferverträge mit insgesamt hundert verschiedenen Stromversorgern die Stromkosten für landeseigene Gebäude um rund 110 Millionen Mark. Die Bundeswehr schrieb die Stromversorgung ihrer Kasernen sogar europaweit aus. Und so weiter...

Die Entfernung zwischen Kunde und Lieferant spielte nun kaum eine Rolle mehr. Entscheidend war der Preis: Beispielsweise beliefert PreussenElektra bundesweit 80 Standorte des Thyssen-Krupp-Konzerns, die Vasa Energy versorgt 21 Standorte der Kinokette Cinemaxx, die Energie Baden-Württemberg gewann bundesweit alle Schlecker-Drogeriemärkte und die Berliner Bewag versorgt mit Hilfe des Bayernwerks rund 400 Woolworth-Filialen in Deutschland.

Auch die normalen industriellen Sondervertragskunden konnten ihre Stromkosten spürbar verringen. Der vom Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) monatlich ermittelte Strompreis für Industriekunden hatte im März 1998, kurz vor Inkrafttreten des neuen Energierechts, noch bei durchschnittlich 15,405 Pf/kWh gelegen. Ein Jahr später lag er bei 14,224 Pf/kWh und im Dezember 1999 bei 13,453 Pf/kWh. Zum Jahresbeginn 2000 rutschte er auf 11,244 Pf/kWh und lag damit um 27 Prozent unter dem Stand vor der Liberalisierung.

Insgesamt zahlte die Industrie für ihren Stromeinkauf noch weniger, als diese Zahlen erkennen lassen. Denn noch günstiger als die standardisierten Lieferverträge für die Industrie waren die schon erwähnten Einzelverträge mit Großkunden, bei denen der Strompreis individuell vereinbart und normalerweise nicht bekanntgegeben wird. Besonders stromintensive Kunden durften mit zusätzlichen Bonbons rechnen: So bekamen Gießereien von der VEW Energie kostenlos einen modernen Schmelzofen mit reduziertem Stromverbrauch, wenn sie ihren aktuellen Stromliefervertrag um vier Jahre verlängerten.

Rahmenabkommen für Bündel-Kunden

Zu den Lieferverträgen mit Großkunden, die einen fest umrissenen Strombedarf haben, kamen neuartige Rahmenverträge für Bündel-Kunden. Dabei handelt es sich um Verträge mit Verbänden und Organisationen, die ihren Mitgliedern die Gelegenheit zum Abschluß eines günstigen Liefervertrags bieten wollen. Es bleibt aber den Mitgliedern überlassen, ob sie davon Gebrauch machen und auf Basis der Rahmenbedingungen einen persönlich bindenden Liefervertrag schließen.

So vereinbarte die VEW Energie mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) ein Rahmenabkommen, das rund tausend Kreisverbänden, Schwesternschaften und Krankenhäusern des DRK die Möglichkeit zum Beitritt eröffnete. Die Stadtwerke Hannover nahmen gemeinsam mit PreussenElektra die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) unter Vertrag. Ähnliche Rahmenabkommen schlossen die RWE Energie für ca. 1500 bayerische Einzelhändler oder die EnBW für mehr als 3000 Kaufring-Geschäfte.

Makler übernehmen die Vermittlung

Etliche solcher Lieferverträge und Rahmenabkommen wurden durch Makler (Broker) vermittelt, die nach erfolgreichem Vertragsabschluß eine Erfolgsprovision kassierten, die von der Höhe der erzielten Einsparung abhing. Hier wäre etwa der Berliner Strombroker Ampere AG zu nennen, der mehrfach die Nachfrage mittelständischer Kunden bündelte und für diese die Verhandlungen mit den Lieferanten führte. Unter anderem organisierte die Firma den gemeinsamen Stromeinkauf für das baden-württembergische Handwerk, für mehr als hundert mittelständische Unternehmen in Berlin oder für rund 8000 Mieter einer Wohnungsgesellschaft.