Themen-Auswahl ENERGIE-WISSEN Leitseite





Die Bohrtechnik bei Erdwärme gleicht derjenigen bei Erdöl: Im sogenannten Drehbohrverfahren rotiert am unteren Ende des Bohrgestänges ein diamantenbesetzter Bohrkopf (Fotos links und rechts). Zugleich wird Wasser durch das hohle Bohrgestänge gepreßt, um das zermahlene Gestein durch das Bohrloch nach oben zu schwemmen und den Bohrer zu kühlen. Der Bohrturm (Foto Mitte) enthält den Antrieb des Gestänges und sorgt für dessen Entlastung, da es sich verwinden und brechen würde, wenn es mit seinem vollen Gewicht auf den Bohrer drücken würde. Alternativ kann der Bohrer auch am unteren Ende des Gestänges über eine Turbine angetrieben werden, die den bis zu 300 bar großen Druck des Spülwassers ausnutzt. Mit solchen Bohrturbinen ist es auch möglich, eine Bohrung mehr oder weniger stark aus der Senkrechten abzulenken. (Fotos: SW Urach)

Am teuersten sind die Bohrlöcher

In der Regel wird mindestens eine Förder- und eine Injektionsbohrung benötigt

Der teuerste und riskanteste Teil aller Geothermie-Vorhaben sind die Bohrungen. In der Regel benötigt man mindestens zwei Bohrlöcher, wobei das eine der Förderung und das andere der Rückführung des heißen Wassers dient. Die Rückführung des Wassers in den Untergrund ist in den meisten Fällen schon wegen der starken Salzbelastung geboten. Sie ist außerdem ratsam, um im Untergrund das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und einer vorzeitigen Erschöpfung der Thermalwasservorkommen bzw. Abkühlung des Gesteins vorzubeugen. Die Salzbelastung ist auch ein wichtiger Grund, weshalb die Energieübertragung an Heiz- und Kraftwerke immer über Wärmetauscher erfolgt - zumindest in Deutschland, wo es keine Thermalquellen gibt, die direkt verwertbaren Heißdampf liefern.

Die Kombination von Förder- und Injektionsbohrung wird als "Dublette" bezeichnet. Es sind aber auch weitere Produktions- und Injektionsbohrungen möglich. Unter Umständen kommt man auch nur mit einem einzigen Bohrloch aus: Im einen Fall handelt es sich um Erdsonden, bei denen der Vor- und Rücklauf des Wassers innerhalb derselben Bohrung erfolgt; im anderen Fall um Süßwasservorkommen, die nach der Wärmenutzung der Trinkwasserversorgung und ähnlichen Zwecken dienen, wobei überschüssige Mengen problemlos an der Erdoberfläche abgeleitet werden können.

Da die Bohrungen in der Regel mindestens vierzig Prozent der Gesamtkosten ausmachen, wäre es von großem Vorteil, wenn man nur ein Bohrloch benötigen würde. Falls im Untergrund Aquifere vorhanden sind, könnte sich dafür das Einsonden-Zweischichtverfahren eignen: Das Rohr, das der Förderung dient, hat dabei weiter oben soviel Abstand zur Bohrwandung, daß durch diesen Zwischenraum das genutzte Wasser in eine höher gelegene Speicherschicht zurückgepreßt werden kann. Es wird somit dasselbe Bohrloch zur Förderung und Rückführung des Wassers verwendet. Allerdings setzt dieses Verfahren geeignete Speicherschichten voraus. Außerdem bewirkt der verringerte Querschnitt des Rohrs auch eine Begrenzung der Förderung auf maximal hundert Kubikmeter stündlich, was bei den in Deutschland erschließbaren Temperaturen nur eine bescheidene Stromerzeugung ermöglichen würde.

Drehbohrverfahren wie beim Erdöl

Die geothermische Bohrtechnik ist praktisch dieselbe wie bei der Erschließung von Öl- oder Gasvorkommen. Die leistungsstärksten deutschen Anlagen (Neustadt-Glewe, Neubrandenburg, Erding, Waren) entstanden sogar aus Fehlbohrungen nach Öl, bei denen beiläufig Thermalwasservorkommen entdeckt wurden. Stand der Technik sind heute Tiefbohrungen bis zu 7000 Meter. Im Rahmen des Kontinentalen Tiefbohrprogramms, das als Forschungsprojekt bei Windischeschbach in der Oberpfalz läuft, wurden schon mehr als 9000 Meter erreicht. Das Ziel sind 12000 Meter.

Das hört sich indessen einfacher an, als es ist. Es bedurfte jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit, um das seit Anfang des 20. Jahrhunderts übliche Drehbohrverfahren (Rotarybohrverfahren) zur heutigen Perfektion zu entwickeln. Dabei wird das Bohrgestänge von einem Bohrtum gehalten, um den Bohrkopf von dem enormen Druck zu entlasten, und von einem "Drehtisch" angetrieben. Durchs Innere des Gestänges wird mit hohem Druck Wasser bis zum Bohrkopf gepreßt. Der Wasserdruck spült das zermahlene Gestein zwischen Gestänge und Bohrlochwandung nach oben und sorgt zugleich für die Kühlung des diamantenbesetzten Bohrkopfes.

Richtbohrtechnik ermöglicht bessere Erschließung von Aquiferen und spart Platz an der Erdoberfläche

Trotz der Druckentlastung ist das Bohrgestänge beim Drehbohrverfahren enormen mechanischen Beanspruchungen durch Verwindung und Reibung ausgesetzt. Beispielsweise hat sich bei einer Tiefe von 3500 Meter der Drehtisch im Bohrtum schon zwanzigmal gedreht, bevor das 13 Zentimeter starke Gestänge diese Drehung an den Bohrkopf überträgt. Würde man die Maße auf ein Modell übertragen, in dem das Bohrgestänge eine zwei Millimeter dicke Stricknadel ist, so müßte diese Stricknadel 54 Meter lang sein...

Für tiefere Bohrungen wurden deshalb Verfahren entwickelt, bei denen der Bohrkopf nicht über das Gestänge angetrieben wird, sondern direkt durch einen Elektromotor oder eine Turbine, die den Druck des Spülmittels nutzt. Mit diesen Bohrantrieben wurde es nun auch möglich, die Bohrung mehr oder weniger stark aus der Senkrechten abzulenken. Für die Geothermie ist diese Richtbohrtechnik besonders wichtig, um horizontal verlaufende Aquifere besser erschließen zu können. Denn oft sind diese wasserführenden Gesteinsschichten nur wenige zehn Meter stark, weshalb sie nicht genügend Thermalwasser liefern, wenn die Tiefbohrung sie lediglich senkrecht durchschneidet. Ein weiterer Vorteil der Richtbohrtechnik liegt darin, daß an der Erdoberfläche die Förder- und die Injektionsbohrung dicht beieinander liegen können. Das ist besonders für das "Hot-Dry-Rock"-Verfahren wichtig, bei dem zwischen beiden Bohrungen ausgedehnte Gesteinsmassen als Wärmetauscher liegen müssen. Unabhängig von der Ausdehnung im Untergrund kann so die Anlage oberirdisch doch recht kompakt errichtet werden und wenig Fläche beanspruchen.