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Erdgas-Förderung in Sibirien. Im Jahr 2007 kamen 37 Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs aus Rußland. Norwegen lieferte 26 Prozent und die Niederlande 18 Prozent. 15 Prozent stammten aus deutscher Eigenförderung. Rund vier Prozent des Erdgases stellten Dänemark und Großbritannien.

380.000 Kilometer Röhren

Gas ist wie Strom leitungsgebunden, muß aber materiell transportiert werden

Gas kann wie Strom zur Erzeugung von Wärme, Kraft oder Licht verwendet werden. Beide sind leitungsgebunden. Bei beiden kann der Verbrauch nach Kilowattstunden bemessen werden.

Damit enden aber schon die Gemeinsamkeiten. Physikalisch gesehen handelt es sich bei Strom um reine Energie, die universell verwendbar und mit Lichtgeschwindigkeit zur Stelle ist. Gas ist dagegen ein Energieträger, der Gewicht und Volumen besitzt und materiell transportiert werden muß, bevor die ihn ihm gebundene chemische Energie durch Verbrennung genutzt werden kann.

Der oberirdisch sichtbare Teil eines Gasspeichers (Rehden)

Speicher gleichen Verbrauchsschwankungen aus

Ein Gasnetz läßt sich deshalb nur sehr bedingt mit einem Stromnetz vergleichen. Zum Beispiel kann man Strom nicht speichern, während das bei Gas ohne weiteres möglich ist. Während beim Stromnetz die Erzeugung in Sekundenbruchteilen dem schwankenden Verbrauch angepaßt wurden muß, findet die Förderung bzw. der Import von Erdgas in der Regel kontinuierlich statt. Die Anpassung an den jeweiligen Verbrauch erfolgt über die Speicher.

In Deutschland gibt es 43 Speicher, die bis zu 20 Milliarden Kubikmeter Gas aufzunehmen vermögen. Das würde ausreichen, um den deutschen Gasbedarf für etwa 80 Tage zu decken. Die Speicher dienen aber nicht hauptsächlich der Vorsorge für Energiekrisen, sondern dem normalen Betrieb des Netzes. Sie nehmen das überschüssige Gas auf, wenn der Bedarf hinter den Lieferungen zurückbleibt, und geben Gas ab, wenn der Verbrauch höher ist als die Einspeisungs ins Netz. Kleinere Verbrauchsschwankungen lassen sich außerdem durch Veränderung des Drucks in den Leitungen ausgleichen.

Man unterscheidet Poren- und Kavernenspeicher. Als Porenspeicher dienen überwiegend alte Erdöl- oder Erdgaslagerstätten, deren poröses Gestein unter großem Druck mit Erdgas wieder aufgefüllt wird. Wenn sonstiges poröses Gestein verwendet wird, in dem Wasser durch eingepreßtes Gas verdrängt wird, spricht man von Aquiferspeichern. Da Porenspeicher ein großes Volumen aufnehmen können, das Gas aber relativ langsam wieder abgeben, dienen sie zum Ausgleich der längerfristigen Verbrauchsschwankungen, die vor allem zwischen Sommer und Winter sehr groß sind. Kavernenspeicher bestehen dagegen aus reinen Hohlräumen unter der Erde, wie sie sich in Salzstöcken herstellen lassen. Ihre Kapazität ist geringer, läßt sich aber schneller aktivieren. Deshalb dienen sie dem Ausgleich kurzfristiger Verbrauchsschwankungen.

Verdichter-Stationen sorgen für den notwendigen Druck in der Leitung (Reckrod)

Transport über weite Entfernungen verschlingt viel Energie

Ein sehr wichtiger Unterschied zur Stromversorgung ist ferner, daß der Bau von Kraftwerken praktisch überall möglich ist, während sich die Förderung von Erdgas auf nur wenige natürliche Vorkommen beschränkt, die oft Tausende von Kilometern vom Ort des Verbrauchs entfernt sind. Wie beim Öl kontrollieren bestimmte Staaten bzw. Unternehmen die Förderung und bilden Kartelle zum Hochtreiben der Preise.

Damit das Gas vom Ort der Einspeisung zum Ort des Verbrauchs gelangt, wird es mit natürlichem oder künstlich erzeugtem Druck in die Transportleitung eingespeist. Aus physikalischen Gründen verringert sich dieser Druck mit der Länge der Leitung kontinuierlich. Es müssen deshalb in Abständen von hundert bis zweihundert Kilometern Verdichterstationen eingebaut werden, die den Druck wieder erhöhen. Die für die Verdichtung benötigte Energie wird den Leitungen entnommen. Auf diese Weise können auf langen Strecken - etwa beim Transport von Sibirien nach Westeuropa - bis zu zehn Prozent des Gases für die Druckerzeugung verloren gehen.

Hoch-, Mittel- und Niederdruckleitungen

Ähnlich wie beim Netz der Stromversorgung gibt es auch im Netz der Gasversorgung gewissermaßen Autobahnen, Landstraßen und Ortsstraßen. Den Autobahnen bzw. dem Hoch- und Höchstspannungsnetz bei der Stromversorgung entsprechen die Hochdruckleitungen, durch die das Gas mit einem Druck bis zu 100 bar strömt, den Landstraßen bzw. dem Mittelspannungsnetz die Mitteldruckleitungen bis zu 1 bar und den Ortsstraßen bzw. Niederspannungsnetz die Niederdruckleitungen bis zu 100 mbar.

Im Jahre 2007 hatten die Leitungen des deutschen Gasnetzes eine Gesamtlänge von 380.000 Kilometern. Davon waren 26 Prozent Hochdruckleitungen, 40 Prozent Mitteldruckleitungen und 34 Prozent Niederdruckleitungen. Für die Abpufferung zwischen Einspeisung und Verbrauch sorgten 43 Speicher, die bis zu 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas aufnehmen konnten.

Ferngasgesellschaften und örtliche Verteiler

Dieses Netz gehörte mehr als 700 Unternehmen. Davon waren 15 sogenannte Ferngasgesellschaften, die das Gas vor allem zu Weiterverteilern transportierten. Etwa die Hälfte dieser Ferngasgesellschaften verfügte über direkten Zugang zu ausländischen Lieferanten oder zur inländischen Förderung. Beim großen Rest der Unternehmen handelte es sich um reine Verteiler, die auf örtlicher und regionaler Ebene tätig waren.

Das deutsche Gasnetz belieferte die Verbraucher zum größten Teil mit sogenanntem H-Gas aus russischer und norwegischer Förderung, das zu 87 bis 99 Prozent aus Methan besteht. In Norddeutschland gab es außerdem besondere Netze für sogenanntes L-Gas, das aus dort gelegenen Förderquellen stammte und mit einem Methangehalt von 80 bis 87 Prozent einen geringeren Brennwert hatte.