März 1999

990331

ENERGIE-CHRONIK


Neue "Powerline"-Teststrecke ließ Aktien von RWE und Ascom steigen

Die RWE AG und die schweizerische Firma Ascom glauben eine zuverlässige Technik gefunden zu haben, um das Niederspannungsnetz auch für Kommunikationszwecke nutzen zu können. Eine entsprechende Teststrecke in Leichlingen bei Düsseldorf wurde am 11.3. der Öffentlichkeit vorgestellt und über eine Standleitung auch den Besuchern der in Hannover stattfindenden CeBIT 99 vorgeführt. Sie ermöglicht die digitale Datenübertragung über Distanzen von rund 300 Metern im Niederspannungsnetz und von 50 Metern innerhalb von Gebäuden. Mit einer Übertragungsrate von zwei Megabit pro Sekunde ist die vorgestellte Technik leistungsfähiger als eine ISDN-Leitung. Sie benutzt Frequenzen im Megahertz-Bereich und arbeitet mit einem extrem tiefen Sendepegel, so daß nach Angaben der beiden Firmen "die vorgeschlagenen Standards der elektromagnetischen Verträglichkeit erfüllt" werden.

Die Börse reagierte auf die medienwirksame Vorstellung der Teststrecke mit einem Kursanstieg der RWE-Aktien um bis zu 15 Prozent. Die Ascom-Aktien legten sogar um 20 Prozent zu, während die Aktien der Telekom um 3 Prozent fielen. Allerdings ging der Kursanstieg wieder zurück, nachdem sich eher skeptische Stimmen zu Wort meldeten, die auf die noch ungelösten Probleme bei dieser Art der Datenübertragung und den erforderlichen technischen Aufwand für die Umrüstung des Stromnetzes abhoben. Auch wurde darauf verwiesen, daß in den nächsten Jahren ein neuer Mobilfunkstandard zu erwarten sei, der ähnliche Übertragungsraten ermögliche (Börsen-Zeitung, 12.3.; SZ, 13.3.; FAZ, 13.3.).

Das Hauptproblem bei "Powerline"-Techniken bleibt die elektromagnetische Verträglichkeit

Ähnliche "Powerline"-Techniken werden derzeit auch von anderen Stromversorgern getestet (980513). Sie würden es den Stromversorgern ermöglichen, die "letzte Meile" zwischen ihren eigenen Kommunikationsnetzen und Haushalten zu überbrücken, ohne Leitungen der Telekom in Anspruch nehmen zu müssen. Diese Techniken ließen sich ebenso für Telefonie wie für Internet und EVU-nahe Dienste (Zählerablesung, Gerätesteuerung) verwenden, so daß der Netzbetreiber dadurch sein Dienstleistungs-Angebot für den Kunden erheblich erweitern könnte. Wesentliche Wettbewerber mit RWE/Ascom auf diesem Gebiet sind Nortel (DPL-System), Westend (Kanada), Siemens und die Berliner Bewag (DÜNE). Dem von RWE schon seit längerem verfolgten Powerline-Projekt (970817) gingen Versuche voraus, die "letzte Meile" mittels der Technik des schnurlosen Telefons (DECT-Standard) zu überbrücken (960318).

Im Prinzip ist die Nutzung von Stromleitungen für Kommunikationszwecke nichts Neues und wird mittels des sogenannten Trägerfrequenz-Verfahrens schon seit Jahrzehnten praktiziert. Das eigentliche Problem besteht darin, eine ausreichende Datenmenge zu übertragen, ohne daß die Trägerfrequenz einen beträchtlichen Störnebel um die nicht abgeschirmten Leitungen erzeugt und so mit den Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit in Konflikt kommt