Dezember 1998

981204

ENERGIE-CHRONIK


Schneller Ausstieg würde Wirtschaft und Umwelt stark belasten

Ein Ausstieg aus der Kernenergie bis spätestens Ende 2004, wie ihn die Grünen verlangen (980505), würde Wirtschaft und Umwelt weit stärker belasten als bei einem ungehinderten Weiterbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke bis zum Ende einer unterstellten Lebensdauer von 40 Jahren Betriebszeit. Per Saldo würden bis zu 60 000 Arbeitsplätze mehr entfallen und Mehrkosten in Höhe von 88 Milliarden Mark entstehen. Ferner würden von 2005 bis 2015 jährlich bis zu 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid mehr in die Atmosphäre entlassen. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Studie, die im Auftrag der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) vom Bremer Energie-Institut erarbeitet und am 15.12. vom Leiter des Instituts, Prof. Wolfgang Pfaffenberger, auf einer Pressekonferenz der VDEW in Bonn vorgestellt wurde.

Die Studie unterstellt u.a. einen gleichbleibenden Strombedarf, eine Erhöhung des Anteils regenerativer Energien von 5 % auf 15 % und den Ersatz von Kernenergie durch Strom aus Steinkohle und Erdgas im Verhältnis 70 zu 30. Sie berücksichtigt bei den Kohlendioxid-Emissionen die bessere Brennstoffausnutzung durch moderne fossile Kraftwerke, welche die Kernkraftwerke ersetzen müßten (Börsen-Zeitung, 16.12.; Berliner Zeitung, 16.12.).

Die Umweltorganisation Greenpeace warf der Studie vor, sie berücksichtige "die enormen Energieeinsparungs- und Effizienzpotentiale einer modernen Stromversorgung" nicht. Es handele sich um ein "reines Gefälligkeitsgutachten für die Atomindustrie". Ähnlich äußerten sich die Grünen.

37 000 Personen direkt von Kernenergie abhängig

In Deutschland waren Mitte 1998 rund 37 000 Arbeitsplätze unmittelbar mit dem Betrieb der 20 Kernkraftwerke verbunden. Wie die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) am 14.12. mitteilte, enthält diese Zahl neben rund 8000 eigenen Beschäftigten der Stromversorger vor allem ca. 22 600 Arbeitsplätze in Unternehmen, die im Auftrag der Stromversorger tätig sind. Weitere 6000 Personen seien mit der Herstellung von Brennelementen, der Entsorgung radioaktiver Abfälle und dem Export kerntechnischer Produkte beschäftigt. Schließlich seien noch etwa 1100 Gutachter, Sachverständige und Forscher dem Bereich Kernenergie zuzuordnen (VWD, 14.12.).