Januar 1998

980102

ENERGIE-CHRONIK


Grüne bleiben in der Koalition und wollen nun Garzweiler II über das Wasserrecht verhindern

Die nordrhein-westfälischen Grünen sprachen sich am 17.1. auf einem Sonderparteitag in Jüchen für die Fortsetzung der Koalition mit der SPD in Düsseldorf aus. Sie beendeten damit einen heftigen innerparteilichen Streit um die Frage, ob der Bruch mit der SPD oder die Fortsetzung der Koalition der glaubwürdigere Weg sei, um die Erschließung des Braunkohlentagebaues Garzweiler II doch noch zu verhindern. Zugleich setzten sie damit ein Signal für ihre Berechenbarkeit als Partner der SPD auf Bundesebene, falls es nach den nächsten Bundestagswahlen zu einer rot-grünen Koalition kommen sollte (FAZ, 19.1.).

Anlaß für das Wiederaufflammen des innerparteilichen Streits war, daß der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) am 22.12.97 den Rahmenbetriebsplan für Garzweiler II genehmigte, den die Rheinbraun AG am 6.9.95 eingereicht hatte (950908). Im Koalitionsvertrag von 1995 hatte die SPD den Grünen lediglich zugesichert, mit der Genehmigung solange zu warten, bis der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof über die anhängigen Klagen entschieden habe (950602). Im vergangenen Jahr hatte das Gericht sowohl die Organklage der Grünen (970406) als auch die Verfassungsbeschwerde von sechs Gemeinden (970607) zurückgewiesen. Damit war die im Koalitionsvertrag verankerte Hürde aus dem Weg geräumt.

Nach der Genehmigung des Rahmenbetriebsplans durch das Bergamt Düren, das Wirtschaftsminister Clement (SPD) untersteht, fehlt jetzt nur noch die wasserrechtliche Erlaubnis für das Projekt, für deren Erteilung Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) zuständig ist. Der Sonderparteitag der Grünen gab sein klares Votum für die Fortsetzung der Koalition in der Erwartung, daß Frau Höhn die Zuständigkeit ihrer Behörde so weit wie möglich nutzen werde, um Garzweiler II doch noch zu verhindern. Sie hat diese Absicht auch schon mehrfach bekundet. Obwohl sie das rechtliche Instrumentarium nicht beliebig strapazieren kann, ist deshalb wohl zumindest mit einer Verzögerung zu rechnen.

Im einzelnen will die Umweltministerin prüfen, ob die geplanten Versickerungsmaßnahmen ausreichen, um die Feuchtgebiete in der Schwalm-Nette-Region zu erhalten. Außerdem strebt Höhn eine Verträglichkeitsprüfung nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU an. Als dritten relevanten Punkt will sie die sogenannte Kippenversauerung bzw. den Austrag von Sulfat und Schwermetallen in das Grundwasser untersuchen lassen (Handelsblatt, 21.1.).

Das Handelsblatt (19.1.) findet das Argument, die Grünen könnten durch ihren Verbleib in der Düsseldorfer Koalition Garzweiler II doch noch verhindern, wenig überzeugend: "Die Chancen von Umweltministerin Bärbel Höhn, das energiepolitisch heikle Braunkohleprojekt über das Wasserrecht zu kippen, sind sehr gering. Die Genehmigung wird kommen, sie kann nur verzögert werden. Ob die RWE-Tochter Rheinbraun dann auch tatsächlich investiert, ist eine andere Frage - die innerhalb des Konzerns durchaus kontrovers diskutiert wird. Ihre Beantwortung ist unter anderem davon abhängig, ob eine Energiesteuer mit Kohlendioxid-Komponente eingeführt wird. Joschka Fischer macht dies zur Bedingung von Rot-Grün im Bund. Aber, auch das ist eine Lehre aus Jüchen: Die SPD wird nur so weit folgen, wie es ihr ratsam erscheint; und das ist, angesichts der Kumpel im Bergbau, nicht sehr weit..."