Juli 1997

970702

ENERGIE-CHRONIK


BGH untersagt Minderheitsbeteiligungen an kommunalen Stromversorgern

Der Bundesgerichtshof (BGH) untersagte am 15.7. in zwei Fällen die geplante Minderheitsbeteiligung von Energiekonzernen an Stadtwerken: Im ersten Fall ging es um die Beteiligung der RWE Energie AG an der Stromversorgung Aggertal GmbH im Oberbergischen Kreis (siehe 950212), im zweiten um den Einstieg des Regionalversorgers HASTRA und der Stadtwerke Hannover bei den Stadtwerken Garbsen (siehe 960105). Beide Male war die geplante Beteiligung vom Bundeskartellamt untersagt, aber vom Kartellsenat des Berliner Kammergerichts für zulässig erklärt worden (siehe 960105 u. 960303). Nach Ansicht des BGH, der jetzt die Urteile des Kammergerichts wieder aufhob, würde in beiden Fällen durch die Beteiligungen die beherrschende Stellung der regionalen Stromversorger nachhaltig verstärkt, weil sie auf Entscheidungen der Stadtwerke Einfluß nehmen und dadurch ihren Absatz sichern könnten (VWD, 16.7.; Handelsblatt, 15.7. u. 17.7.; FAZ, 16.7.).

Nach Ansicht des Bundeskartellamts wird die höchstrichterliche Entscheidung Auswirkungen auf weitere geplante Beteiligungen haben, wie den Einstieg der VEBA bei den Stadtwerken Bremen (siehe 960608) und der PreussenElektra mit Sydkraft bei den Hamburgischen Electricitäts-Werken (siehe 970105). Dagegen verweist man bei den betroffenen Energieunternehmen darauf, daß es sich um zwei konkrete Einzelfallentscheidungen handele und nicht etwa um Grundsatzurteile, mit denen vertikale Zusammenschlüsse im Energiebereich generell untersagt würden. Im übrigen müsse man erst die ausführliche schriftliche Begründung des Urteils abwarten (Welt, 17.7.).

Der Präsident der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), Heinz Klinger, bezeichnete es als unrealistisch, daß ein Kommunalunternehmen über eine Minderheitsbeteiligung dominiert werden könnte. Das BGH-Urteil sei kein Beitrag zum Wettbewerb, sondern behindere eher die notwendigen Strukturveränderungen in der Branche: Die Aufteilung des deutschen Strommarktes in gut tausend Anbieter, davon 750 kommunale Unternehmen, sei angesichts des zunehmenden internationalen Wettbewerbs nicht mehr zeitgemäß (DPA, 16.7.; SZ, 17.7.).