Oktober 1996

961010

ENERGIE-CHRONIK


Berlin will jetzt sämtliche Bewag-Anteile für drei Milliarden Mark verkaufen

Der Berliner Senat will für knapp sechs Milliarden Mark Landeseigentum verkaufen, um die Finanzlöcher im Etat zu stopfen. Rund drei Milliarden Mark soll dabei der Verkauf aller Anteile am Berliner Stromversorger Bewag einbringen. Bisher war lediglich geplant, die mehrheitliche Beteiligung an der Bewag von 50,8 Prozent auf eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie zu reduzieren (siehe 960205). Die Anteile sollen im Paket verkauft werden. Inzwischen haben sich 27 Interessenten gemeldet, von denen sechs aus Deutschland, 13 aus anderen europäischen Staaten und acht aus den USA stammen. Das Bundeskartellamt, das schon den geplanten Teilverkauf mißtrauisch beobachtete, wird bei dem Geschäft ein gewichtiges Wort mitzureden haben - besonders beim Verkauf an deutsche Stromunternehmen, die bereits an der Bewag oder einer ihrer Konkurrenten beteiligt sind (Handelsblatt, 10.10.; FR, 25.10.; Tagesspiegel, 26.10.).

Obwohl sich die schwarz-rote Koalition in Berlin über den Notverkauf grundsätzlich einig ist, sorgt er weiter für politischen Zündstoff (siehe auch 951106 u. 951203). Der Berliner ÖTV-Vorsitzende Kurt Lange warf der Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) vor, sie gefährde mit dem beabsichtigten Gesamtverkauf 2000 der 3500 Arbeitsplätze. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef und Gewerkschafter Hermann Borghorst befürchtet ebenfalls, daß die Bewag infolge des Verkaufs ihre Eigenstromproduktion reduzieren oder sich gar völlig auf die Stromverteilung beschränken könnte. Auch PDS und Bündnisgrüne kritisierten das geplante Geschäft (Tagesspiegel, 11.10.; Berliner Zeitung, 11.10.).