März 1996

960314

ENERGIE-CHRONIK


Zehn Jahre nach Tschernobyl ist das Ausmaß der Folgen noch immer unklar

Der zehnte Jahrestag der Katastrophe im Kernkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986 warf im März seine Schatten voraus. Viele Medien ließen die damaligen Ereignisse und die bis heute andauernden Folgen nochmals Revue passieren. An über 700 deutschen Schulen sollen anläßlich des Jahrestags Unterrichtsprojekte, Spendensammlungen und andere Aktionen stattfinden. Mangels verläßlicher Unterlagen ist es noch immer nicht möglich, die tatsächlichen Folgen der Katastrophe in Zahlen zu erfassen. Beispielsweise differiert die Zahl der angegebenen Toten je nach Quelle von 100 bis 100 000. Die Süddeutsche Zeitung (5.3.) meinte: "Die Wahrheit liegt dazwischen. Die Wissenschaftler des Kiewer Strahlenzentrums für Strahlenmedizin haben allein für die Ukraine in 1800 Todesfällen einen direkten Zusammenhang hergestellt. ... Gesicherte Erkenntnis ist, daß es infolge der Strahlung mehr Krebs gibt und daß der Höhepunkt dieser Entwicklung erst noch bevorsteht, in etwa 25 Jahren."

In Deutschland hat sich die Zahl der Krebserkrankungen infolge der Reaktorkatastrophe nicht erhöht. Dies berichtete der Vorsitzende der Deutschen Strahlenschutzkommission, Prof. Christoph Reiners, zu Beginn des zweitägigen Seminars "Zehn Jahre nach Tschernobyl", das die Strahlenschutzkommission gemeinsam mit dem Bundesamt für Strahlenschutz in München durchführte (DPA, 6.3.).

Weißrußland muß jährlich rund ein Viertel seines Staatsbudgets zur Beseitigung von Schäden verwenden, die auf die Reaktorkatastrophe zurückgehen. Dies erklärte Präsident Alexander Lukaschenko am 18.3. bei der Eröffnung einer internationalen Tschernobyl-Konferenz in Minsk (Berliner Zeitung, 19.3.).