Januar 1994

940107

ENERGIE-CHRONIK


Neue Runde im Gas-Streit zwischen Ruhrgas und BASF

Der Gas-Streit zwischen Ruhrgas und BASF/Wintershall ist im Januar erneut ausgebrochen, konnte aber auf politischen Druck hin relativ schnell beigelegt werden. Die Wintershall Erdgas Handelshaus GmbH (WIEH) hatte der von Ruhrgas dominierten Verbundnetz Gas AG (VNG), die 93 Prozent des ostdeutschen Gasmarktes beliefert, Unnachgiebigkeit bei den Preisverhandlungen vorgeworfen und die Einstellung der russischen Erdgaslieferungen zum 20.1. angekündigt. Die WIEH ist ein Gemeinschaftsunternehmen der BASF und der russischen Gazprom. Sie wies die Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen allein der VNG zu, die aufgrund anderweitiger Bezugsmöglichkeiten inzwischen in der Lage sei, selbst günstige Angebote für russisches Erdgas auszuschlagen. Im Gegensatz dazu erklärte die VNG, daß kein ausreichender Ersatz vorhanden sei und deshalb ein Lieferstop die Gasversorgung der neuen Bundesländer gefährden würde. Das Bundeswirtschaftsministerium richtete ein Schreiben an das russische Außenministerium, in dem der angekündigte Lieferstop durch Gazprom als "eklatanter Vertragsverstoß" bezeichnet wurde. Die Kontrahenten einigten sich schließlich kurz vor dem angekündigten Lieferstop am 19.1. bei geheimen Verhandlungen in Moskau auf einen Kompromiß. Der neue Preis ist dem Vernehmen nach höher als derjenige, auf den sich beide Seiten nach dem ersten Gas-Streit am 18.2.1992 in Bonn geeinigt hatten (Handelsblatt, 18.1.; FAZ, 18.1.; Welt, 21.4.; SZ, 21.4.; Spiegel, 24.1.; siehe auch 920218 u. 920909).

Für die Süddeutsche Zeitung (21.1.) zeigt der neue Erdgas-Streit, daß zumindest Teile der neuen Bundesländer noch sehr einseitig vom russischen Gas abhängig sind und die Bundesregierung damit erpreßbar ist. "Der Ablauf ist immer derselbe. Sobald es kalt wird, drohen WIEH und Russen mit einem Lieferstop, falls nicht umgehend ihre Preisforderungen erfüllt werden. Sie halten das wohl für eine besonderes gelungene Spielart von Marktwirtschaft. Und wie schon zweimal zuvor, ist ihre Rechnung auch jetzt wieder aufgegangen."