Mai 1992

920512

ENERGIE-CHRONIK


Anhaltende Debatte um "Elektrosmog"

Die Diskussion um mögliche Gesundheitsgefährdungen durch nieder- und hochfrequente elektromagnetische Felder hält an. So kolportierte Bild (20.5.) unter der Überschrift "Macht das Bügeleisen krank?" angebliche Leidensgeschichten von Personen, die nachts wegen der "elektromagnetischen Strahlung" in ihrer Wohnung nicht schlafen könnten oder unter Stromleitungen Orientierung und Gedächtnis verlören. Laut "Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt" (15.5.) kann es als sicher gelten, "daß auch schwache und schwächste elektromagnetische Felder, deren energetische Effekte so gut wie unmeßbar sind, erhebliche Auswirkungen auf lebende Organismen haben können" (siehe auch 920114, 920216, 920320, 920321 u. 920408).

"Märchen oder Marter?"

Im "Rheinischen Merkur" (1.5. u. 8.5.) wurde in zwei Artikeln das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg kritisiert, das die Errichtung von Sendetürmen für das Mobilfunknetz ohne Rücksicht auf die wissenschaftliche Auseinandersetzung um mögliche Risiken zugelassen habe: "Dies ist kein Urteil, sondern eine Kapitulation." Das Gericht habe angesichts der von anderen Instanzen verhängten Stopps einen "Freifahrtschein" ausgefertigt. Zugleich wurde aber hinsichtlich des "Elektrosmogs" eingeräumt: "Es läßt sich nicht sagen, ob dieser Smog Märchen oder Marter ist."

Energetische Wirkung auszuschließen

In der Berliner Zeitung (21.5.) beantwortete der Physiker Prof. Dr. Heinz Weiß die Frage nach der Gefährlichkeit des sogenannten Elektrosmogs "ganz klar mit ëNeiní", soweit es um eine energetische Wirkung geht. Weiß verwies auf eine bereits 1984 von K. Brinkmann und H. Schäfer durchgeführte Untersuchung, bei der 21 gesunde Personen eine Woche lang sehr starken elektrischen und magnetischen Feldern ausgesetzt wurden, ohne daß gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt werden konnten. Allerdings sei nicht auszuschließen, daß schwache Magnetfelder gleichsam codierte Informationen auf Lebewesen übertragen und sie so beeinflussen könnten. Dieser Code müsse jedoch, falls es ihn überhaupt gebe, erst einmal gefunden werden. Keinesfalls genüge irgendein willkürliches Signal, wie es von einem Staubsauger oder Funkgerät abgestrahlt wird.

"Rechtzeitige Diskussion versäumt"

Die Informationstechnische Gesellschaft (ITG) im Verband Deutscher Elektrotechniker (VDE) hat Herstellern und Betreibern der Mobilfunkkommunikation vorgeworfen, eine rechtzeitige Diskussion über Folgen und Risiken von Funktelefonen versäumt zu haben. Auf ihrer Tagung zum Thema Mobiltelefon am 12.5. in Frankfurt nannte die Gesellschaft als noch offene Fragen die Ablenkung telefonierender Autofahrer im Straßenverkehr, den Datenschutz, die sozialen Folgen und die Auswirkungen des sogenannten Elektrosmogs auf den menschlichen Körper. Zugleich betonten die VDE-Vertreter, daß bei den bisherigen Untersuchungen keine Schädigungen des Organismus durch die nah am Körper abstrahlenden Funktelefon-Antennen festgestellt worden seien (dpa,12.5.).