Oktober 1991

911003

ENERGIE-CHRONIK


Steinkohleförderung von 50 Millionen Tonnen im Jahr 2005 vorgeschlagen

Bundeswirtschaftsminister Möllemann hat bei der Kohlerunde am 15.10. eine Reduzierung der subventionierten Gesamtförderung an Steinkohle von heute 70 Millionen Tonnen auf 50 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2005 vorgeschlagen. Bislang hatte Möllemann auf der Zahl von 45 Millionen Tonnen bestanden, während die Vertreter des Bergbaues nur 55 Millionen Tonnen zugestehen wollten. Das Gespräch wurde von seiten des Bergbaues als "konstruktiv" gewertet. Ausgeklammert blieben aber die strittigen Fragen über eine Anschlußregelung für den 1995 auslaufenden Jahrhundertvertrag. Auch die geplanten Subventionskürzungen bei der Kokskohlehilfe wurden nicht besprochen. Am 4. und 11. November sollen weitere Gespräche zwischen Wirtschaftsministerium, Bergbau, Gewerkschaft, Stromwirtschaft und betroffenen Ländern stattfinden (Handelsblatt, 16.10.; siehe auch 910909).

Die deutsche Stromwirtschaft hat angesichts des Möllemann-Vorschlags nochmals bekräftigt, daß sie nach Auslaufen des Jahrhundertvertrages Ende 1995 nur noch 30 Millionen Tonnen heimische Steinkohle jährlich in den Kraftwerken verfeuern will. Nach den Worten des VDEW-Vorsitzenden Horst Magerl besteht sie darauf, daß für sie von 1996 an uneingeschränkt und ohne jeden Abschlag der Weltmarktpreis für Kohle gelten müsse. Auch der Kohlepfennig müsse ersatzlos gestrichen werden (FR, 17.10.).

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Matthias Wissmann, verwies darauf, daß die Stromerzeuger deutsche Steinkohle künftig nur noch auf der Preisbasis der günstigeren Importkohle verstromen wollen. Bei der gegenwärtigen Preisdifferenz und bei der von Möllemann ins Auge gefaßten Fördermenge bedeute dies einen Subventionsbetrag von immer noch 8,5 Millliarden DM. Zur Finanzierung habe der Wirtschaftsminister jedoch keine Vorschläge unterbreitet und insofern "das Pferd von hinten aufgezäumt" (dpa, 25.10.).

Das Handelsblatt (16.10.) sah noch einen weiteren Aspekt der Auseinandersetzung: "Die SPD-Landesregierungen in den Kohleländern müssen sorgfältig erwägen, ob sie bei der Nutzung der Kernkraft weiterhin auf Konfrontationskurs gehen. Denn je mehr ein solcher Ausstiegsbeschluß bekräftigt werden sollte, um so größer dürfte der Widerstand der Stromwirtschaft gegen eine freiwillige Vertragslösung mit einem Kohlepfennig werden."

Kumpel blockieren Importkohle-Schiffe

Etwa 300 Bergleute der Zechen "Monopol" und "Haus Aden" blockierten am 30.10. im westfälischen Bergkamen für mehrere Stunden den Schiffsverkehr auf dem Datteln-Hamm-Kanal. An zwei Drahtseilen, die sie über den Kanal spannten, befestigten sie Spruchbänder mit der Aufschrift "Importkohle vernichtet deutsche Arbeitsplätze" und - in Anspielung auf Kohle-Lieferungen aus Süd-afrika - "Blutkohle ist kein Ersatz für deutsche Steinkohle". Mehrere Schiffe mit Importkohle mußten deshalb ihre Fahrt zu Kohlekraftwerken unterbrechen (SZ, 31.10.).

Auf dem "Steinkohlentag 1991" am 29.10. in Essen warnte Heinz Horn, Ruhrkohle-Chef und Vorstandsvorsitzender des Gesamtverbandes des Deutschen Steinkohlenbergbaus, vor den energie-, sozial- und regionalpolitischen Folgen einer beschleunigten Stillegung von Zechen. Bundeskanzler Kohl sprach sich in seinem Grußwort für eine kohlepolitische Gesamtlösung aus, die möglichst im Konsens gefunden werden sollte (Handelsblatt, 30.10.).