März 2018

180303

ENERGIE-CHRONIK


 


Noch Mitte März betrug die "Aktuelle Netzzeitabweichung" im kontinentaleuropäischen Verbundnetz knapp sechs Minuten (Bild). Bis Monatsende verringerte sie sich dann um mehr als die Hälfte. Die Netzzeitabweichung wird vom schweizerischen Regelzonenbetreiber Swissgrid überwacht und zusammen mit der aktuellen Netzfrequenz fortlaufend auf einer Internet-Seite veröffentlicht.

Streit zwischen Serbien und Kosovo bringt kontinentaleuropäische Netzfrequenz außer Takt

Ein Streit zwischen Serbien und dem Kosovo hat dazu geführt, dass seit Mitte Januar zu wenig Regelenergie ins kontinentaleuropäische Verbundsystem eingespeist wurde. Bis Anfang März entstand so ein Defizit von 113 Gigawattstunden. Außerdem sank die Normfrequenz von 50 Hertz auf durchschnittlich 49,996 Hertz. Da das Verbundsystem erst bei einer Unterschreitung von 47,6 Hertz bzw. einer Überschreitung von 52,4 Hertz zusammenbrechen würde, war damit die Versorgungssicherheit noch nicht gefährdet. Es gingen jedoch zahllose elektrische Uhren langsamer, bei denen die Netzfrequenz als Taktgeber dient und die normalerweise sekundengenau funktionieren. Bis Anfang März blieben solche Uhren schon sechs Minuten hinter der tatsächlichen Zeit zurück.


Wie diese Grafik zeigt, mußten im Februar an allen Tagen die Sollwerte der Sekundärregler auf 50,01 Hertz verstellt werden, um ein weiteres Absenken der Netzzeit zu verhindern. Im Januar war das an 18 Tagen der Fall. Ursache war der Streit auf dem Balkan.
Quelle: Swissgrid

Ursache waren absichtliche Mindereinspeisungen im Kosovo, mit denen sich dieser Nachfolge-Staat des ehemaligen Jugoslawien dafür revanchieren wollte, dass Serbien seine Anerkennung als eigene Regelzone und Aufnahme in die ENTSO-E torpediert hat, obwohl sie vertraglich vereinbart war. Derzeit gehört der Kosovo noch immer zur serbischen Regelzone. Deshalb wäre der serbische Netzbetreiber EMS auch verpflichtet gewesen, das dort entstandene Defizit auszugleichen. Dies hat er jedoch nicht getan. Der Streit wuchs sich deshalb zu einer internationalen Affäre aus, die das Eingreifen der ENTSO-E bzw. der Europäischen Union erforderlich machte (siehe Hintergrund).

Die Frequenzabweichung dauerte bis 3. März. Ab da gingen elektrische Uhren wieder pünktlich, sofern man sie neu eingestellt hatte. Diese Uhren mussten allerdings später nochmals korrigiert werden, nachdem die Strommengen, die zur Stabilisierung der Frequenz gefehlt haben, nachträglich wieder eingespeist wurden. Andernfalls wären sie der tatsächlichen Zeit um bis zu sechs Minuten voraus gewesen.

Noch nicht ausgeräumt war Ende März der politische Streit zwischen dem Kosovo und Serbien, der zu dieser Verletzung der technischen Normen im kontinentaleuropäischen Verbundsystem geführt hat. Der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) soll ihn schlichten. Im März reiste er in beide Länder, um auf höchster Ebene mit den jeweiligen Regierungschefs zu verhandeln. Sein offizieller Auftraggeber ist die "Energiegemeinschaft", zu deren Vertragsparteien Serbien und Kosovo gehören.

 

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