August 2017

170810

ENERGIE-CHRONIK


Uniper-Beschäftigten wird Lohnverzicht abverlangt

Nach monatelangen Auseinandersetzungen und Verhandlungen einigten sich die Gewerkschaften ver.di und IGBCE am 17. August mit den Arbeitgebern der "Tarifgemeinschaft Energie" auf besondere Bestimmungen für die E.ON-Tochter Uniper, die für die Mehrheit der rund 5000 Beschäftigten in Deutschland einen Lohnverzicht bedeuten. Wie groß dieser ist, läßt sich wegen der Komplexität des aus neun Einzelverträgen bestehenden Pakets schlecht beziffern, zumal keine der beiden Seiten daran interessiert ist, hier mit konkreten Zahlen aufzuwarten.


Während mit den Gewerkschaften über Lohnverzicht und Personalabbau verhandelt wurde, hat sich der Wert der Uniper-Aktie verdoppelt.

Jedenfalls wird es im laufenden Jahr eine Nullrunde geben, und ab 2018 entfällt eine sogenannte Leistungsvergütung, die bisher die Gehälter um bis zu fünf Prozent erhöhte. Stattdessen gibt es im Januar 2018 eine Einmalzahlung in Höhe von 1.000 Euro und ab 1. Januar 2019 eine Erhöhung der Vergütungen um einheitlich 50 Euro.

Diese Teil-Kompensierung wird ergänzt durch Regelungen zur sozialen Absicherung, die betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2022 ausschließen sollen: Vom Personalabbau Betroffene können wählen zwischen einer Abfindung, der Übernahme in eine Qualifizierungsgesellschaft mit bisherigem Gehalt oder – sofern sie die altersmäßigen Voraussetzungen erfüllen – der Inanspruchnahme von Vorruhestandsregelungen. Die Vereinbarung zur sozialen Absicherung gilt vorläufig bis Ende 2022.

Erstmals Sonderbonus von 400 Euro für Gewerkschaftsmitglieder

Ein bemerkenswerter Bestandteil der Vereinbarungen, den es bisher bei der "Tarifgemeinschaft Energie" und wohl auch in der ganzen Energiebranche nicht gegeben hat, ist ein jährlicher Sonderbonus von 400 Euro für Gewerkschaftsmitglieder. Er wird erstmals 2018 und mindestens bis 2024 gewährt.

Nach der Rechtsprechung sind derartige Sonderzahlungen für Gewerkschaftsmitglieder zulässig, sofern sie sich in moderatem Rahmen halten. Zum Beispiel wäre ein Bonus in Höhe des Gewerkschaftsbeitrags, der in der Regel ein Prozent des Bruttogehalts beträgt, sicher nicht zu beanstanden. Alle tarifvertraglich festgelegten Konditionen gelten zunächst sowieso nur für die Mitglieder der jeweiligen Gewerkschaft. In der Praxis ist es allerdings so, daß die Unternehmen diese Konditionen meistens freiwillig auch gegenüber nichtorganisierten Arbeitnehmern einhalten oder daß der Tarifvertrag nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes sogar amtlich für allgemeinverbindlich erklärt wird. Dadurch entfällt für viele abhängig Beschäftigte der Anreiz, der Gewerkschaft beizutreten. Außerdem profitieren so macht- und zahnlose Trittbrettfahrer wie die "christlichen Gewerkschaften".

Allerdings darf eine solche Regelung nicht die "negative Koalitionsfreiheit" beeinträchtigen und es etwa den Arbeitgebern verbieten, denselben Sonderbonus auch nichtorganisierten Beschäftigten zu gewähren. Das wird die Uniper-Führung aber sicher nicht tun, denn damit würde das Gejammer über die desolate Geschäftslage unglaubwürdig, mit dem sie derzeit Lohnverzicht und Personalabbau durchzusetzen versucht.

Uniper verläßt "Tarifgemeinschaft Energie"

Die "Tarifgemeinschaft Energie" umfaßt neben dem E.ON-Konzern dessen neuentstandene Tochter Uniper, den Übertragungsnetzbetreiber TenneT und den österreichischen Verbund-Konzern. Der deutsche Ableger des niederländischen Netzbetreibers Tennet gehört dazu, weil er vor acht Jahren das von der Nordsee bis zu den Alpen reichende E.ON-Übertragungsnetz gekauft hat (091101). Der Verbund sitzt mit am Tisch, weil er ungefähr zur selben Zeit die E.ON-Wasserkraftwerke am Inn übernahm (090612). Uniper hat aber bereits den Austritt erklärt: Ab 2018 wird eine neue "Tarifgemeinschaft Uniper" für die Unternehmen dieses Bereichs separat verhandeln. Die jetzt getroffenen Tarifvereinbarungen, die nur für Uniper gelten, waren der Auftakt dazu.

Börsenwert hat sich binnen eines Jahres verdoppelt

An der Börse hat sich die Aktie von Uniper erstaunlich gut gemacht, nachdem sie für den Mutterkonzern E.ON zunächst eher ein bescheidener Erfolg war (161003) und beim Vergleich mit dem fulminanten Start der RWE-Tochter Innogy (161002) sogar wie ein Aschenputtel aussah. Schon Ende 2016 zeigte sich, daß das konventionelle Kraftwerksgeschäft doch nicht so unergiebig ist (161111). Inzwischen hat sich Wert der Aktie seit Börsenstart verdoppelt (siehe Grafik). Damit zahlt sich aus, daß E.ON von dem ursprünglichen Plan wieder abgerückt ist, der neuen Tochter auch die Kernkraftwerke mitsamt allen Lasten aufs Auge zu drücken und so aus ihr eine Art "Bad Bank" zu machen (141203, 150403, 150901). Am 8. August berichtete Uniper über einen Konzernüberschuß von voraussichtlich 1,1 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2017 und erhöhte den Gesamtbetrag der angestrebten Dividende von 230 auf 250 Millionen Euro.

Uniper ist bei Nord Stream 2 an die Stelle von E.ON getreten

Es gibt allerdings auch Risiken. Bei einer Telefonkonferenz zum Halbjahresergebnis wandte sich der Uniper-Vorstandsvorsitzende Klaus Schäfer scharf gegen die neuen US-Sanktionen, die den geplanten Bau der Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee behindern könnten (170705). Bei diesem Projekt, das die russische Gazprom im September 2015 mit fünf westlichen Energiekonzernen vereinbart hat (150905), ist inzwischen Uniper an die Stelle von E.ON getreten. Das Unternehmen hat demzufolge auch die Risiken der Finanzbeteiligung zu tragen, auf die umgestellt wurde, nachdem ein direkter Einstieg der fünf Minderheitspartner bei der von Gazprom gegründeten Projektgesellschaft nicht möglich war (170406). Die Kapitalbeteiligung an der bereits in Betrieb befindlichen Ostsee-Pipeline Nord Stream, die zunächst auf Uniper übertragen wurde, hat sich der Mutterkonzern dagegen zurückgeholt und wird sie wohl auch behalten (160513).

 

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